Arzneimittel und Therapie

Kein Schutz vor Thrombosen?

Enoxaparin kann Sterberate nicht senken

Venöse Thromboembolien sind eine häufige Komplikation bei internistischen Akutpatienten. Für diesen Fall wird eine Heparin prophylaxe empfohlen. Das niedermolekulare Heparin Enoxaparin konnte in einer Studie allerdings die Sterberate der Patienten, die zusätzlich medizinische Thrombosestrümpfe erhielten, nicht weiter senken.

Von einer Thrombose, dem Verschluss eines Blutgefäßes durch ein Blutgerinnsel, sind am häufigsten die tiefen Bein- und Beckenvenen betroffen. Risikofaktoren sind langes Sitzen, Krampfadern und eine erhöhte Blutgerinnungsneigung nach einer Operation. Etwa 0,1% der Bevölkerung erleiden jährlich eine Thrombose. Bei Personen, die bereits eine Thrombose gehabt haben, ist das Risiko für eine weitere erhöht. Risikopatienten sollten konsequent prophylaktische Maßnahmen einhalten. Empfohlen wird das Tragen von Kompressionsstrümpfen, ausreichend Bewegung oder eine Hochlagerung der Beine. Für hospitalisierte Patienten mit schweren internistischen Erkrankungen sehen die Leitlinien zur Prophylaxe von venösen Thromboembolien (VTE) vorwiegend eine medikamentöse Therapie vor. Nur als Alternative für Patienten, bei denen eine medikamentöse Therapie kontraindiziert ist, werden in den Leitlinien medizinische Thromboseprophylaxe strümpfe empfohlen.

Das niedermolekulare Heparin Enoxaparin (Clexane® , Sanofi) zählt zu den direkten Antikoagulanzien, die eine direkt inhibierende Wirkung auf die Gerinnungsfaktoren ausüben und dadurch antithrombotisch wirken. Es ist indiziert zur Thromboseprophylaxe und eignet sich sowohl zur Primärprophylaxe tiefer Venenthrombosen bei chirurgischen als auch nicht-chirurgischen Risikopatienten, zur Thromboseprophylaxe und Gerinnungshemmung bei extrakorporalem Kreislauf während der Hämodialyse, sowie zur Therapie der tiefen Venenthrombosen mit und ohne Lungenembolie.

Medikamentöse Prophylaxe senkte nicht die Mortalität

Das Ergebnis einer großen Studie legt nun die Vermutung nahe, eine hinreichende Thromboseprophylaxe könne auch ohne medikamentöse Therapie mit medizinischen Thrombosestrümpfe erreicht werden. In die von Sanofi unterstützte LIFENOX-Studie waren 8307 ältere internistische Akutpatienten eingeschlossen, die wegen schwerer internistischer Erkrankungen hospitalisiert wurden. Die Hälfte der Probanden dieser doppelblinden, placebokontrollierten und randomisierten Studie erhielt eine subkutane Enoxaparin-Therapie (40 mg täglich), die andere Hälfte ein Placebo. Alle Patienten erhielten außerdem medizinische Thromboseprophylaxestrümpfe. Primärer Endpunkt war die Sterberate in den ersten 30 Tagen. Unter der Therapie mit dem niedermolekularen Heparin Enoxaparin betrug die Sterberate 4,9%, im Placebo-Arm lag sie bei 4,8%. Schwere Blutungen traten bei 0,4% der mit Enoxaparin behandelten Patienten auf, mit Placebo waren es 0,3%. Die Unterschiede waren weder medizinisch noch statistisch relevant, eine Prophylaxe mit medizinischen Thrombose prophylaxestrümpfen wäre völlig ausreichend.

Die Autoren der Studie sprechen sich aber weiterhin für eine medikamentöse Thromboseprophylaxe aus, denn in früheren Studien konnte das Thromboserisiko reduziert werden. Zudem wirke sich eine VTE-Prophylaxe positiv auf die Folgen einer tiefen Venenthrombose aus.


Quelle

Kakkar, A.K.; et al.: Low-Molecular-Weight Heparin and Mortality in Acutely Ill Medical Patients. N Eng J Med (2011) 365: 2463 – 2472.


Dr. Hans-Peter Hanssen


Zum Weiterlesen


Pharmako-logisch!

Blutgerinnungsstörungen. Zwischen Stau und überhöhter Geschwindigkeit.

DAZ 2009, Nr. 31, S. 42 – 79.



DAZ 2012, Nr. 2, S. 41

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