Produktinformationen mahnen zu

Mehr Vorsicht bei Tramadol

Stuttgart - 20.08.2024, 07:00 Uhr

Wird Tramadol zu leichtsinnig eingenommen? (Foto: mbruxelle / AdobeStock)

Wird Tramadol zu leichtsinnig eingenommen? (Foto: mbruxelle / AdobeStock)


Wie andere Opioide bringt auch Tramadol ein gewisses Abhängigkeits- und Missbrauchspotenzial mit sich. Teils wird dieses offenbar unterschätzt. Wechselwirkungen können die Gefahren von Tramadol noch erhöhen. In den Produktinformationen soll nun neu speziell auf die Kombination mit Gabapentin und Pregabalin hingewiesen werden.

Dass Tramadol weltweit zu unkritisch eingesetzt wird, dieser Verdacht wurde in den vergangenen Jahren immer wieder medial geäußert. Mittlerweile wurde ein europäisches, die periodischen Sicherheitsberichte bewertendes Verfahren zu Tramadol durchgeführt. Auf dieser Basis kam der europäische Pharmakovigilanzsausschuss (PRAC) gemeinsam mit der Koordinierungsgruppe CMDh nun zu dem Schluss, dass die Fach- und Gebrauchsinformationen von Tramadol angepasst werden müssen, damit Tramadol sein ausgewogenes Nutzen-Risiko-Verhältnis behält.

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Dabei geht es zum einen um Risiken des Arzneimittelmissbrauchs und der Arzneimittelabhängigkeit des Opioids, auf die nun verstärkt hingewiesen wird – zum anderen geht es aber auch um Wechselwirkungen zwischen Opioiden und Gabapentinoiden (Gabapentin und Pregabalin).

Behandlungsende zu Beginn vereinbaren

Künftig soll in den Produktinformationen unter anderem darauf hingewiesen werden, dass vor Beginn der Tramadol-Behandlung mit den Patient:innen ein Behandlungsziel und damit auch ein Behandlungsende vereinbart werden soll. „Wenn ein Patient die Behandlung mit Tramadol nicht mehr benötigt, kann es ratsam sein, die Dosis schrittweise zu reduzieren, um Entzugserscheinungen zu vermeiden“, heißt es. Außerdem solle bei unzureichender Schmerzkontrolle auch die Möglichkeit einer Hyperalgesie in Erwägung gezogen werden. 

Es wird betont, dass auch in therapeutischen Dosen die wiederholte Anwendung von Tramadol zu einer Arzneimittelabhängigkeit führen könne.

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Wenn Patient:innen eines oder mehrere der folgenden Anzeichen bemerken, sollen sie sich an ihre Ärzt:innen wenden:

  • längere Anwendung als empfohlen
  • Einnahme einer höheren Dosis als empfohlen
  • Arzneimittel wird nicht für die ursprüngliche Indikation eingesetzt, sondern z.B. um ruhig zu bleiben oder besser zu schlafen
  • erfolglose Versuche, die Therapie zu beenden
  • Entzugserscheinungen

Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Überdosierungen zum Tod führen können.

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Die gleichzeitige Anwendung von Tramadol mit Gabapentin oder Pregabalin könne ebenfalls zu Atemdepression, Hypotonie, starker Sedierung, Koma oder Tod führen. Patient:innen werden in der Packungsbeilage künftig dazu angehalten, Ärzt:innen oder Apotheker:innen über eine solche Komedikation zu informieren.

In der Fachinformation von Tramal® 50 mg, Hartkapseln heißt es beispielsweise mit Stand Juni 2024:


„Die gleichzeitige Anwendung von Opioiden mit sedierenden Arzneimitteln, wie Benzodiazepinen oder ähnlichen Substanzen oder Gabapentinoiden (Gabapentin und Pregabalin), kann zu Atemdepression, Hypotonie, starker Sedierung, Koma oder Tod führen aufgrund einer additiven ZNS-depressiven Wirkung. Die Dosis von Tramal Kapseln und die Dauer der gleichzeitigen Anwendung sollten begrenzt sein.“

Fachinformation von Tramal® 50 mg, Hartkapseln; Stand Juni 2024


Wie bislang ist an weitere, bereits bekannte Wechselwirkungen und Warnhinweise in den Produktinformationen zu denken.

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Deutsche Apotheker Zeitung / dm
redaktion@daz.online


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