Irreführende Preiswerbung

DocMorris soll 50.000 Euro Ordnungsgeld zahlen

Berlin - 17.07.2024, 14:30 Uhr

Nur die Zuzahlung ist zu zahlen – ein Schnäppchen? DocMorris schert sich wenig um gerichtliche Verbote. (Screenshot docmorris.de)

Nur die Zuzahlung ist zu zahlen – ein Schnäppchen? DocMorris schert sich wenig um gerichtliche Verbote. (Screenshot docmorris.de)


Das Landgericht Stuttgart hat gegen DocMorris ein Ordnungsgeld in Höhe von 50.000 Euro verhängt. Grund: Der Versender stellt auf seiner Webseite bei Rx-Arzneimitteln den durchgestrichenen UVP/AVP der – geringeren – gesetzlichen Zuzahlung gegenüber. Eine ähnliche irreführende Werbung war ihm bereits gerichtlich verboten worden. Weil sich das Unternehmen davon unbeeindruckt zeigt, soll es nun zahlen.

Wer auf der DocMorris-Webseite nach einem verschreibungspflichtigen Arzneimittel („Kassenrezept“) sucht, sieht dort jeweils einen als UVP/AVP gekennzeichneten durchgestrichenen Preis und darunter einen Zahlbetrag, der der gesetzlichen Zuzahlung entspricht.

Im Jahr 2020 sah das ein wenig anders, aber doch sehr ähnlich aus. Damals stand vor dem Zuzahlungsbetrag noch das Wort „Preis“ und darunter nochmals „Eigenanteil“ zusammen mit demselben Betrag. Dies hatte die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) seinerzeit als irreführend beanstandet. DocMorris schien sogar einsichtig – im Dezember 2020 erließ das Landgericht Stuttgart ein Anerkenntnisurteil im Sinne der AKNR. Mit diesem wurde dem Versender nicht nur das beanstandete Verhalten untersagt, sondern auch ein Ordnungsgeld angedroht, sollte er dem Verbot zuwiderhandeln.

Nun machte die AKNR zu Jahresbeginn die oben genannte Spielart der Preiswerbung aus. Ihre Rechtsanwältin Anne Bongers-Gehlert beantragte daraufhin beim Landgericht Stuttgart, wegen Verstoßes gegen das Anerkenntnisurteil ein „angemessenes Ordnungsgeld“ festzusetzen.

Kerngleicher Verstoß

Dies ist nun geschehen. Wegen der Werbung mit den irreführenden Streichpreisen verhängte es ein Ordnungsgeld in Höhe von 50.000 Euro. Zwar sieht die Preiswerbung geringfügig anders aus als im seinerzeitigen Urteil dargestellt. Doch das Gericht hat einen gewissen Spielraum, den Vollstreckungstitel auszulegen. „Das Verbot eines Unterlassungstitels umfasst über die mit der verbotenen Form identischen Handlungen hinaus auch im Kern gleichartige Abwandlungen, in denen das Charakteristische der konkreten Verletzungsform zum Ausdruck kommt“, heißt es im Beschluss. Und einen solchen „kerngleichen“ Verstoß nimmt das Landgericht hier an: Es werde erneut suggeriert, dass der ausgewiesene Preis im Verhältnis zum UVP/AVP besonders günstig sei, obwohl er schlicht den gesetzlichen Zuzahlungsbetrag darstelle.

„Empfindliches Übel“

Die 50.000 Euro Ordnungsgeld sind für das Gericht auch angemessen. Es betont den doppelten Zweck eines Ordnungsgeldes: Es soll sowohl künftige Zuwiderhandlungen verhindern als auch die bereits erfolgte Übertretung sanktionieren. Bei der Höhe hat das Gericht „sowohl die Schwere der fortgesetzten Zuwiderhandlung berücksichtigt also auch dem Umstand Rechnung getragen, dass die Schuldnerin durch ein empfindliches Übel zur Einhaltung des Verbots angehalten wird“. DocMorris sei ein großes und finanzstarkes Unternehmen, führt das Gericht aus – und „geringfügige Beträge im vierstelligen Bereich“ reichten nicht aus, um es davon abzuhalten, gegen das gerichtliche Verbot zu verstoßen.

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Nun bleibt abzuwarten, ob DocMorris Beschwerde gegen den Beschluss einlegen wird. Die Niederländer haben in der Vergangenheit bereits viele gerichtliche Ordnungsgeldbeschlüsse zugestellt bekommen, sie aber zumeist ignoriert. Insbesondere hatte die AKNR vor dem im Oktober 2016 ergangenen Urteil des Europäischen Gerichthofs, mit dem die deutsche Rx-Preisbindung für den grenzüberschreitenden Versand für unionsrechtswidrig befunden wurde, solche Beschlüsse erwirkt. Im Nachgang zur EuGH-Entscheidung wurden diese aufgehoben.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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