Cochrane-Review

Zink könnte Erkältung um zwei Tage verkürzen

21.05.2024, 17:50 Uhr

Bei einer Erkältung könnten Zink-Präparate die Symptome um zwei Tage verkürzen. (Foto: Monstar Studio / AdobeStock)

Bei einer Erkältung könnten Zink-Präparate die Symptome um zwei Tage verkürzen. (Foto: Monstar Studio / AdobeStock)


Zink-Präparate zur Prävention oder Behandlung einer Erkältung wurden umfassend in Studien untersucht. In einem aktuellen Cochrane-Review wurden mehr als 30 Studien eingeschlossen, dabei wurden auch intranasale Applikations­formen berücksichtigt. Allerdings war die Variabilität der Interventionen hoch, so dass die beste Applikationsform und Dosierung unklar bleiben.

In die Cochrane-Analyse wurden 34 Studien (15 zur Prävention, 19 zur Behandlung) mit 8526 Teilnehmenden einbezogen. Davon wurden 22 mit Erwachsenen und zwölf mit Kindern durchgeführt. Die meisten Studien stammen aus den USA (n = 18), gefolgt von Indien, Indonesien, dem Iran und der Türkei (je zwei Studien) sowie Australien, Burkina Faso, Kolumbien, Dänemark, Finnland, Tansania, Thailand und dem Vereinigten Königreich (je eine Studie). In den 15 Präventions­studien wurde entweder eine gewöhnliche Erkältung (d. h. eine akute virale Rhinopharyngitis) (n = 8) oder eine Infektion der oberen Atemwege (n = 7) untersucht. Fast alle therapeutischen Studien (17/19) fokussierten sich auf die gewöhnliche Erkältung. Die meisten Studien (17/34) bewerteten die Wirksamkeit von Zinkacetat, -gluconat und -orotat in Form von Lutschtabletten (3 Prävention; 14 Behandlung); am häufigsten wurde die Form von Zinkgluconat-Lutschtabletten (9/17) untersucht. Zinkgluconat wurde in Dosierungen zwischen 45 und 276 mg/Tag für 4,5 bis 21 Tage angewendet. In fünf (5/17) Studien wurden Zinkacetat-Lutschtabletten und in zwei sowohl Acetat- als auch Gluconat-Lutschtabletten untersucht. In einer Studie wurde intranasales Zinkgluconat zusammen mit Zink­orotat-Lutschtabletten eingesetzt. 17 von insgesamt 34 Studien untersuchten keine Lutschtabletten, sondern Kapseln (n = 1), Pulver zum Auflösen (n = 3), Tabletten (n = 5), Sirup (n = 4) und Nasensprays/-gele (n = 4). Die meisten Studien hatten in mindestens einem Bereich ein unklares oder hohes Verzerrungsrisiko (Bias).

Nutzen in Prophylaxe wahrscheinlich gering

Was die vorbeugende Wirkung betrifft, so verringert die Anwendung von Zink-Präparaten im Vergleich zu einem Placebo möglicherweise nur geringfügig oder gar nicht das Risiko, eine Erkältung zu entwickeln (Risikoverhältnis [RR] = 0,93, 95%-Konfidenzintervall [KI] = 0,85 bis 1,01; I2 = 20%; 9 Studien, 1449 Teilnehmende; niedrige Vertrauenswürdigkeit). Die durchschnittliche Anzahl von Erkältungen, die über fünf bis 18 Monate auftreten, unterscheidet sich möglicherweise nicht oder nur geringfügig (Mittelwertdifferenz [MD] = -0,90, 95%-KI = -1,93 bis 0,12; I2 = 96%; 2 Studien, 1284 Teilnehmende; niedrige Vertrauenswürdigkeit). Das gilt auch für die Dauer der auftretenden Erkältungen in Tagen (MD = -0,63, 95%-KI = -1,29 bis 0,04; I² = 77%; 3 Studien, 740 Teilnehmende; moderate Ver­trauenswürdigkeit) und die globale Symptomstärke (standardisierte Mittelwertdifferenz [SMD] = 0,04, 95%-KI = -0,35 bis 0,43; I² = 0%; 2 Studien, 101 Teilnehmende; niedrige Vertrauenswürdigkeit).

Behandlung könnte Erkältungsdauer verkürzen

Wenn Zink zur Behandlung von Erkältungen verwendet wird, verringert sich möglicherweise die durchschnittliche Dauer der Erkältung um zwei Tage (MD = -2,37, 95%-KI = -4,21 bis -0,53; I² = 97%; 8 Studien, 972 Teilnehmende; niedrige Vertrauenswürdigkeit). Es ist allerdings ungewiss, ob sich das Risiko verringert, am Ende der Nachbeobachtungszeit noch immer erkältet zu sein (RR = 0,52, 95%-KI = 0,21 bis 1,27; I² = 65%; 5 Studien, 357 Teilnehmende; sehr niedrige Vertrauenswürdigkeit) oder ob sich die Gesamtbewertung der Erkältungsschwere verringert (standardisierte Mittelwertdifferenz = -0,03, 95%-KI = -0,56 bis 0,50; I² = 78%; 2 Studien, 261 Teilnehmende; sehr niedrige Vertrauenswürdigkeit). Außerdem scheint sich die globale Symptomschwere durch eine Zink-Supplementierung nicht zu verändern (RR = 1,02, 95%-KI = 0,85 bis 1,23; 1 Studie, 114 Kinder zwischen drei und fünf Jahren; niedrige Vertrauenswürdigkeit). Mit globaler Symptomschwere ist die Schwere der Gesamtsymptome gemeint, ge­messen entweder unter Verwendung einer umfassenden Bewertungsskala, auf der alle relevanten Symptome bewertet werden, oder durch Zusammen­zählen der Schweregrade einzelner Symptome.

Literatur

Nault D et al. Zinc for prevention and treatment of the common cold. Cochrane Data­base of Systematic Reviews 2024, Issue 5. Art. No.: CD014914, doi: 10.1002/14651858.CD014914

Keine eindeutige Beweislage – Zink-Anwendung sollte individuell abgewogen werden

Basierend auf In-vitro-Studien könnten Zink-haltige Zubereitungen die Vermehrung von Viren hemmen, bei Kontakt mit diesen in der Nase, im Mund und im Rachen. Wie es mit der Evidenz aus klinischen Studien aussieht, beantwortet nun ein gerade aktualisierter Cochrane-Review, der alle vorhandenen randomisiert kontrollierten Studien zum Einsatz von Zink bei Erwachsenen und Kindern mit Erkältungen umfasst (s. Artikel).

Ein Gastkommentar von Dr. rer. nat. Birgit Schindler, Fachapothekerin für Arzneimittelinformation, Cochrane Deutschland Stiftung

Untersucht wurden patientenrelevante Zielgrößen, allerdings ist die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz meist niedrig. Ausnahmen sind Aussagen zur Verträglichkeit von Zink zur Behandlung einer Erkältung: Das Risiko von nicht schwerwiegenden unerwünschten Wirkungen ist wahrscheinlich erhöht, wie mit moderater Vertrauenswürdigkeit der Evidenz festgestellt wurde. Dazu zählen unter anderem ein schlechter Geschmack (bei Lutschtabletten), Übelkeit, Magen-Darm-Probleme, trockener Mund und Irritationen der Mundschleimhaut. Zink-Präparate verkürzen die Erkältungsdauer möglicherweise durchschnittlich um rund zwei Tage, wenn sie zur Behandlung einer bereits existierenden Erkältung eingesetzt werden. Das klingt zunächst vielversprechend. In den meisten Studien wurde die Behandlung innerhalb von 24 Stunden nach Beginn der Symptome begonnen. Insgesamt ist die Beweislage für Zink bei einer ausgebrochenen Erkältung allerdings alles andere als eindeutig: Denn bei allen Auswertungen ist eine hohe Heterogenität in den Studienergebnissen zu erkennen, die folgende Ursachen haben könnte:

  • verschiedene Applikationsformen (Tabletten, Kapseln, Pulver zum Auflösen, Sirup, Lutschtabletten, intranasale Applikationsformen),
  • unterschiedliche Zink-Salze (Zinkacetat, Zinkgluconat, Zink­orotat und weitere) und
  • verschiedene Zink-Dosierungen.

Auch die Definition von „Erkältung“ und die gemessenen Endpunkte variierten. In einigen Studien wurde über ein festgelegtes Zeitfenster gemessen und die Teilnehmenden wurden gefragt, ob sie am Ende noch eine Erkältung hatten. In anderen Studien wurde die Zeit zwischen dem Beginn der Symptome und deren (vollständigem) Verschwinden gemessen, was ebenfalls uneinheitlich definiert wurde. Nur in wenigen Studien wurde der Status einzelner Symptome erfasst, wie Halsschmerzen, Husten oder Fieber, sodass keine verlässlichen Schlüsse über die Wirkung von Zink auf spezifische Symptome möglich sind. Eine erkältungsvorbeugende Wirkung von Zink ließ sich nicht nachweisen, bei allerdings überwiegend mangelnder Qualität der Studien­daten. Die Entscheidung, ob Erkältete beispielsweise Veränderungen im Geschmackssinn und Magen­beschwerden in Kauf nehmen möchten und ob eine mögliche Verkürzung der Erkältungsdauer um etwa zwei Tage ein wünschens­wertes Behandlungsziel darstellt, hängt von den individuellen Präferenzen der Betroffenen ab.


Dr. rer. nat. Birgit Schindler


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