Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz

Länder wollen Gesundheitskioske

Berlin - 24.06.2024, 10:45 Uhr

Will die Kassen bei den Kiosken entlasten: der Bundesrat. (Foto: IMAGO / Bernd Elmenthaler)

Will die Kassen bei den Kiosken entlasten: der Bundesrat. (Foto: IMAGO / Bernd Elmenthaler)


Sie waren zunächst als Kernelemente des Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetzes bezeichnet worden, flogen dann aber kurzerhand aus dem jüngsten Referentenentwurf heraus, der dann vom Kabinett so auch beschlossen wurde. Aus den Ländern kommt nun die Empfehlung, sie wieder in das Gesetz aufzunehmen.

Er kann „nicht ewig darauf warten, bis wir uns auf Kabinettsebene über die Kioske einigen“, sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) im vergangenen April. Zuvor waren sowohl Gesundheitskioske, -regionen als auch die Primärversorgungszentren (PVZ) – aus seinem letzten Entwurf für das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) herausgeflogen, weil der Widerstand innerhalb des Kabinetts gegen sie zu groß war.

Lauterbach machte aber keinen Hehl daraus, dass er die immer als Kernelemente des Gesetzes bezeichneten Kioske und PVZ im parlamentarischen Verfahren wieder in das Gesetz verhandeln will. Unterstützung dafür kommt nun aus den Ländern. Der Gesundheitsausschuss des Bundesrats empfiehlt, sowohl die Gesundheitskioske als auch -regionen und Primärversorgungszentren wieder in das Gesetz aufzunehmen. 

Kreise sollen sehr viel mehr zahlen

Einen erheblichen Unterschied zu Lauterbachs ursprünglichen Plänen weist der Vorschlag aus dem Länder-Gesundheitsausschuss aber auf: Die beteiligten Kreise und kreisfreien Städte sollen einen sehr viel größeren Kostenanteil übernehmen, die Kassen entlastet werden. Demnach würden die Landesverbände der Krankenkassen und Ersatzkassen nur noch 50 Prozent der Kosten tragen statt bisher 74,5. Die Kreise hingegen sollen für 44,5 statt bislang 20 Prozent aufkommen. Der PKV-Anteil bleibt bei 5,5 Prozent.

Die Abstimmung verlief in dem Ausschuss mit zehn zu sechs Stimmen, wobei die von der CDU bzw. CSU geführten Länder Bayern, Brandenburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Schleswig-Holstein dagegen stimmten. Interessanterweise stimmten die CDU-geführten Länder Sachsen-Anhalt und Berlin – deren Gesundheitsressorts jedoch in sozialdemokratischer Hand sind – für die Wiederaufnahme der Kioske in den Entwurf.

Mehr Kompetenzen für PVZ

Wenn es nach den Ländern ginge, würden die Kompetenzen der PVZ sogar noch erweitert. In dem Vorschlag heißt es, dass eine „medizinische Grundversorgung angeboten“ werden soll, die „je nach regionalem Bedarf neben hausärztlicher auch pädiatrische, gynäkologische, psychotherapeutische“ Grundversorgung beinhaltet. Im Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums (Stand 21.3.2024) war nur von hausärztlicher Versorgung die Rede. Aber auch darüber hinaus werden die Anforderungen an die PVZ von den Ländern konkreter gefasst als noch zuvor vom Bundesgesundheitsministerium. Hier war im Ausschuss auch eine größere Unterstützung vorhanden. Mit „Nein“ stimmten nur Hessen, Sachsen und Schleswig-Holstein, Bayern enthielt sich.

Bei den Gesundheitsregionen – die unter anderem „regionale Defizite der Gesundheitsförderung und Prävention sowie der sektorenübergreifenden Versorgung“ beheben sollen – ist das Meinungsbild noch weiter differenziert. Bayern, Hessen, Sachsen und das SPD-geführt Rheinland-Pfalz lehnten ab, Hamburg (SPD) und das Saarland (SPD) enthielten sich.

Länder lassen bei Investoren-MVZ nicht locker

An einem anderen Punkt lassen die Länder auch nicht locker: Es geht um die investorengeführten Medizinischen Versorgungszentren (iMVZ). Auch wenn im GVSG Bestimmungen enthalten sind, die es Kommunen erleichtern sollen, MVZ zu gründen: Die Rahmenbedingungen für Private-Equity-Unternehmen werden nicht weiter reguliert. Im Gegenteil: Die Länder weisen darauf hin, dass die Erleichterungen für die Kommunen eher den sachfremden Investoren zugutekommen würden.

Der Bundesratsgesundheitsausschuss erinnert in diesem Zusammenhang noch einmal an seine Entschließung „Schaffung eines MVZ-Regulierungsgesetzes“ und bittet im GVSG um Berücksichtigung – wie von Lauterbach eigentlich auch angekündigt. Die Länder sehen demnach neben „unerwünschten Konzentrationsprozessen“ auch „Risiken für eine flächendeckende, umfassende Versorgung“. Zudem sollen Ärztinnen und Ärzte vor „sachfremder Einflussnahme“ geschützt werden.

Homöopathie bleibt

Die Homöopathie wird von den Ländern übrigens nicht erwähnt. Lauterbach wollte sie zunächst aus den Kassenleistungen streichen, nahm dies dann aber auch zurück – wiederum mit dem Verweis, dies im parlamentarischen Verfahren noch ändern zu wollen. Der Gesundheitsausschuss des Bundesrats zumindest sieht an diesem Punkt nicht die Notwendigkeit, etwas an dem Kabinettsbeschluss zu korrigieren und die Homöopathie zu streichen.

Die Empfehlungen der Bundesrats-Ausschüsse richten sich an das Plenum der Länderkammer. Dieses wird sich am 5. Juli – bei seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause – im ersten Durchgang mit dem GVSG befassen und eine Stellungnahme beschließen. Es wird sich zeigen, ob es die Anregungen der Ausschüsse aufnimmt. 


Matthias Köhler, Redakteur DAZ.online
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Flächendeckend

von Ist eben Karl am 01.07.2024 um 10:46 Uhr

Wer glaubt wirklich, daß in Gemeinden in denen Apotheken und Arztpraxen abgewürgt wurden, es tragfähige Kioske geben wird.
Es ist ein weiteres Konstrukt von Karl, um wie bei den Notapotheken, einen Raum für Investoren zu schaffen, der niedrigschwellig die einfachen ertragsringenden Dinge abzuschöpfen und alles andere vor die Hunde gehen zu lassen, denn es wird dann keine Strukturen mehr geben, die dies noch machen können.
Von jedlichen Problemen, wie neuen Pandemien, Überschwemmung , Eisregen, etc. mal ganz zu schweigen.
Was Karl möchte, sieht man ja auch schön am Cannabisirrsinn. Sogenannte Online-Praxen verordnen für ab 1 Euro (ok. ist jetzt echt billig !) für fast jede Indikation den Joint, verweisen dann auf die praktische Bestellung bei verbunden Strukturen. War natürlich fast jedem klar, daß das so kommt, außer dem Karl und dem Bfarm.
Spielt aber dort keine Rolle mehr. Hier kommt es daher schon zu massiven Konzentrationsprozessen, bevor sich der angeblich breite Versorgungsmarkt auch nur ansatzweise gebildet hat. Keine seriöse Hausarztpraxis kann oder will mit den 1Euronenverschreibern konkurrieren. Womit sich diese Praxen finanzieren werden, mit seriöser Beratung (wäre weit unter dem Mindestlohn) wird das wohl eng.
Strukturelles Denken ist bei Karl und Bfarm offensichtlich aus der Mode gekommen.

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