Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) betonte, dass mit den beiden Gesetzen nicht nur die Versorgung, sondern auch die Forschungslandschaft verbessert werde – „und zwar in einer Art und Weise, dass man hier von einem dramatischen Durchbruch sprechen kann“. Man starte nun eine Aufholjagd und baue eine der modernsten medizinischen Digital-Infrastrukturen in Europa auf.
Digitale Medikationsprozesse - die erste Anwendung der ePA
Kernelement des Digitalgesetzes ist die elektronische Patientenakte (ePA), die ab dem Jahr 2025 für alle gesetzlich Versicherten, die dem nicht widersprechen, bereitgestellt wird (Opt-out). Für privat Versicherte können die PKV-Unternehmen ebenfalls eine widerspruchsbasierte ePA anbieten.
Die ePA werde „den Austausch und die Nutzung von Gesundheitsdaten vorantreiben und die Versorgung gezielt unterstützen – im ersten Schritt durch die Einführung eines digitalen Medikationsmanagements“, heißt es in einer Pressemitteilung des BMG. Allerdings ist festzustellen, dass das Wort „Medikationsmanagement“ im Kabinettsentwurf zum Digitalgesetz gar nicht mehr auftaucht. Es wurde an den unterschiedlichen Stellen, wo es im Referentenentwurf auftauchte, durch das Wort „Medikationsprozess“ ersetzt. Was hinter dem neuen Wording steht, bleibt unklar.
Auch wenn im Detail an den geplanten Änderungen im Sozialgesetzbuch V geschliffen wurde: Was den Medikationsplan betrifft, bleibt es dabei, dass diese als Teil der ePA etabliert wird – darin soll sich ganz automatisch die verordnete Medikation finden, Daten zu freiverkäuflichen Arzneimitteln und Nahrungsergänzungsmitteln sollen ergänzt werden können. „In enger Verknüpfung mit dem E-Rezept werden so ungewollte Wechselwirkungen von Arzneimitteln besser vermieden und Ärztinnen und Ärzte im Behandlungsprozess unterstützt“, heißt es dazu vom BMG.
E-Rezept ab 1. Januar 2024 verbindlicher Standard
Zudem soll das E-Rezept nun wirklich verbindlicher Standard in der Arzneimittelversorgung werden. Sowohl in der Pressemitteilung als auch in der Begründung des Gesetzentwurfs wird immer wieder auf den 1. Januar 2024 als Stichtag hingewiesen.
Bemerkenswerterweise sieht der Kabinettsentwurf aber nicht mehr vor, dieses Datum auch in der zentralen E-Rezept-Norm, dem § 360 SGB V, zu verankern. Derzeit ist dort zu lesen, dass Vertragsärzte und -zahnärzte ab dem 1. Januar 2022 verpflichtet sind, Verordnungen von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln elektronisch auszustellen. Bekanntermaßen ist das Datum überholt – und der Referentenentwurf zum Digitalgesetz sah noch vor, es durch 1. Januar 2024 zu ersetzen. Diese ausdrückliche Klarstellung ist jetzt nicht mehr zu finden – wohingegen andere Daten, etwa zum Start von E-Rezepten für DiGA oder Hilfsmittel, weiterhin verschoben werden sollen.
Das hat allerdings nichts weiter zu bedeuten, erklärte Lauterbach auf Nachfrage. Der Stichtag ergibt sich nun offenbar aus dem Kontext. Nicht nur aus der Begründung, sondern zum Beispiel auch daraus, dass Ärzte und Ärztinnen nach wie vor eine einprozentige Honorarkürzung erwarten soll, wenn sie gegenüber ihrer Kassen(zahn)ärtzlichen Vereinigung nicht kurz nach Inkrafttreten des Digitalgesetzes nachweisen, dass sie E-Rezepte ausstellen und übermitteln.
E-Rezepte nur über die TI – mit vier Ausnahmen
Kräftig geschrubbt hat das BMG auch am geplanten neuen Absatz 16 in § 360 SGB V, der klarstellen soll, auf welchen Wegen E-Rezepte bzw. deren Token übermittelt werden können. Schon im Referentenentwurf war hier die Klarstellung vorgesehen, dass „die Bereitstellung und der Betrieb von informationstechnischen Systemen, die die Übermittlung von elektronischen Verordnungen oder elektronischen Zugangsdaten zu elektronischen Verordnungen außerhalb der Telematikinfrastruktur ermöglichen, (…) untersagt“ ist.
Diese klare Aussage goutierte auch die ABDA – nicht hingegen die ebenfalls vorgesehene Ausnahme. Es sollten nämlich auch solche Systeme zur Verfügung gestellt werden können, mit denen die E-Rezept-Token von der Ärztin oder dem Arzt an den Versicherten zur direkten Einlösung in einer Apotheke außerhalb der TI übermittelt werden können – sofern dieser Zugangsweg dem Stand der Technik entspricht. Diese Ausnahme wollte die ABDA gestrichen sehen. Sie ist in abgewandelter Form geblieben – und hat noch ein paar Ausnahmen dazu bekommen.
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