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Richtlinie und Verordnung
So sollen Anreize für die Antibiotika-Entwicklung geschaffen werden
Dass dringend neue Antibiotika benötigt werden, um den zunehmenden Resistenzen Herr zu werden, ist ebenso bekannt wie die Tatsache, dass das Interesse der Pharmafirmen, solche Wirkstoffe zu entwickeln, überschaubar ist. Sie beschäftigen sich lieber mit lukrativeren Therapiegebieten. Ein Entwurf für eine neue EU-Verordnung sieht nun ein ganz neues Anreizsystem vor, nämlich die Einführung eines sogenannten „Exklusivitätsvouchers“.
In der EU-Richtlinie 2001/83/EG, auch Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel genannt, sind die seit 1965 verabschiedeten Richtlinien zu Humanarzneimitteln zusammengefasst. Sie enthält Grundsätze zur Herstellung, Zulassung, zum Inverkehrbringen und zur Überwachung von Humanarzneimitteln. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind verpflichtet, die Richtlinie in nationale Gesetze umzusetzen.
Diese Richtlinie soll nun durch eine neue ersetzt werden. Außerdem sollen mehrere bereits existierende Verordnungen wohl zu einer Verordnung verschmolzen werden, darunter die Verordnung über die Errichtung der Europäischen Arzneimittelagentur (VO (EG) Nr. 726/2004), die Verordnung über Arzneimittel für seltene Leiden (VO (EG) Nr. 141/2000) sowie die Verordnung über Kinderarzneimittel (VO (EG) Nr. 1901/2006). Die entsprechenden Entwürfe liegen nun vor.
Vouchersystem für prioritäre Antibiotika
Ein Punkt bezieht sich auf die Entwicklung von prioritären Antibiotika. Wirkstoffe aus dieser Gruppe werden dringend benötigt, um im Wettlauf gegen die zunehmenden Resistenzen nicht völlig unterzugehen. Mit der neuen Verordnung sollen Anreize für die Industrie geschaffen werden, neue Antibiotika zu entwickeln. Geplant ist, dem Entwurf zufolge, sogenannte „Exklusivitätsvouchers“ einzuführen. Unternehmen sollen dann für die Herstellung prioritärer Antibiotika einen Voucher erhalten, der ihnen ein zusätzliches Jahr Unterlagenschutz gewährt. Dieser Voucher soll, so heißt es in einer Zusammenfassung des Entwurfs des Bundesverbandes der pharmazeutischen Industrie (BPI), die Möglichkeit bieten, das zusätzliche Jahr Unterlagenschutz auf ein anderes beliebiges Arzneimittel zu übertragen. Das heißt ein Hersteller, der ein wichtiges Antibiotikum auf den Markt bringt, kann für ein Präparat seiner Wahl, den Unterlagenschutz für ein Jahr verlängern. Das bedeutet, dass es ein weiteres Jahr exklusiv vermarktet werden und somit auch ein höherer Preis erzielt werden kann.
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Des Weiteren geht es unter anderem um
- Kinderarzneimittel: Zum Beispiel soll das Anreizinstrument einer verlängerten Marktexklusivitätsperiode für Orphan Drugs für Kinder voraussichtlich gestrichen werden.
- Arzneimittelknappheit und Versorgungssicherheit: Zulassungsinhaber sollen künftig ein Jahr vor der letzten Lieferung mitteilen müssen, wenn sie ein Präparat einstellen wollen und wenn ein Zulassungsinhaber eine Zulassung dauerhaft entziehen möchte, soll er zunächst anbieten müssen, sie auf einen anderen Hersteller zu übertragen.
- Packungsbeilagen: Mitgliedstaaten sollen künftig entscheiden dürfen, ob die Packungsbeilage auf Papierbasis oder elektronisch oder in beiden Formaten zur Verfügung steht.
Einige Bereiche des Humanarzneimittelkodex, die nicht Teil der Revision waren (z. B. Traditionelle Pflanzliche Arzneimittel, Homöopathika), sollen dem Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie zufolge aus der alten Richtlinie übernommen werden und werden nach den Plänen der Kommission voraussichtlich keine inhaltlichen Änderungen erfahren.
1 Kommentar
Ein Jahr?
von Reiner Meyer am 08.02.2023 um 17:07 Uhr
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