Kommentar

Wie ernst meint es die Politik mit den Dienstleistungen?

Stuttgart - 04.10.2022, 17:50 Uhr

Die pharmazeutischen Dienstleistungen sind aktuell ein kleines Pflänzchen, damit sie sich entwickeln, müssen die Bedingungen stimmen. Das Spargesetz ist hier kontraproduktiv. (Foto: IMAGO / Shotshop)

Die pharmazeutischen Dienstleistungen sind aktuell ein kleines Pflänzchen, damit sie sich entwickeln, müssen die Bedingungen stimmen. Das Spargesetz ist hier kontraproduktiv. (Foto: IMAGO / Shotshop)


Die pharmazeutischen Dienstleistungen und die damit verbundene Weiterentwicklung des Apothekerberufs sind angeblich politisch gewollt. Die aktuelle Sparpolitik zulasten der Apotheken lässt aber Zweifel an der Ernsthaftigkeit dieses Vorhabens aufkommen. Denn Apotheken brauchen, um sich weiterzuentwickeln, Planungssicherheit und Luft zum Atmen. Lauterbachs Spargesetz bringt aber nichts von alledem – im Gegenteil. Ein Kommentar von DAZ-Chefredakteurin Julia Borsch.

Der Apothekerberuf soll sich weiterentwickeln vom hauptsächlichen Logistiker hin zum Gesundheitsdienstleister. Das haben in den letzten Jahren Gesundheitspolitiker:innen jeglicher Couleur immer wieder deutlich gemacht. Die honorierten pharmazeutischen Dienstleistungen sollen der erste Schritt in diese Richtung sein. Was das Apothekenhonorar betrifft, war daher die Ansage seitens der Politik meist: Mehr Geld gibt es nur für zusätzliche und neue Aufgaben, nicht aber für die Packungsabgabe. Innerhalb der Apothekerschaft stößt zumindest der Teil mit der inhaltlichen Weiterentwicklung bei vielen grundsätzlich auf Zustimmung. Gibt es doch etliche Apotheker:innen, die gerne pharmazeutischer arbeiten und ihr umfangreiches Wissen rund um die Arzneimitteltherapie in der täglichen Praxis anwenden möchten.

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Die aktuellen Sparpläne der Bundesregierung lassen aber Zweifel daran aufkommen, wie ernst es der Politik damit ist. Denn um sich weiterzuentwickeln, muss man zunächst investieren, zum Beispiel in Fort- und Weiterbildung, möglicherweise in Software und andere Infrastruktur sowie in Personal (wenn man denn welches bekommt). Wem aber horrende Kostensteigerungen drohen, für die es aller Voraussicht nach nicht nur keine Kompensation, sondern gleichzeitig sogar noch Kürzungen beim Honorar geben wird, ist eher weniger zu Investitionen bereit.

Ein schlechtes Signal für den Nachwuchs

Und auch für die Zukunftsperspektive ist der aktuelle Umgang mit den Apotheken nicht zuträglich: Sie werden über den grünen Klee gelobt für ihre Leistungen in der Pandemie, man wird nicht müde, die Wichtigkeit der Apotheken in der Fläche zu betonen. Taten, damit diese Leistungen auch perspektivisch von den Apotheken noch erbracht werden können, folgen aber keine. Stattdessen soll eine teure Parallelstruktur mit Gesundheitskiosken aufgebaut worden. Wer aber überhaupt nicht weiß, wie es weitergeht, hat vermutlich noch weniger Lust zu investieren. Und auch Richtung Nachwuchs, den die Apotheken dringend brauchen, sind das keine guten Signale.

Die pharmazeutischen Dienstleistungen sind sicher ein wichtiger und richtiger Schritt in Richtung eines zukunftsfähigen Apothekerberufs. Ein Anfang ist auf jeden Fall gemacht. Aber wenn es wirklich der erklärte Wille des Gesetzgebers ist, dass dieses zarte Pflänzchen zum Blühen kommt und vielleicht sogar irgendwann einmal ein wirtschaftliches Standbein der Apotheken wird, müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Lauterbachs Spargesetz dürfte das Gegenteil bewirken.


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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7 Kommentare

Dienstleistungen

von Conny am 04.10.2022 um 21:34 Uhr

Ich habe heute morgen wieder drei Kreuze gemacht. War dann heute abend mit einem langjährigen netten Arzt essen. Seine Frage war : warum nicht sechs Kreuze.

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: Dienstleistungen

von apotheker63 am 05.10.2022 um 8:32 Uhr

und was heisst das übersetzt ?

AW: Dienstleistungen

von Conny am 05.10.2022 um 9:51 Uhr

@Apotheker63. Übersetzt heisst es: ich habe mit meinem Apothekenverkauf gegen sehr gutes Geld alles Richtig gemacht. Ich brauche mich über das falsche Pferd PDL statt Honorarerhöhung nicht aufzuregen.

PDL passen gut ins Gesamtbild

von Dr. House am 04.10.2022 um 18:20 Uhr

Es ist die Epoche der Selbstdefinierer. Ich definiere selbst, welches Geschlecht ich habe, ich definiere wie ich angesprochen werden möchte, ich lege sogar fest, wann Angehörige einer fremden Kultur sich verletzt fühlen und sich zu empören haben. Da passt es nur zu gut ins Bild, wenn ein Berufsstand, der schon immer von allem was gut und schlecht in diesem Land lief ein paar Farbkleckse abbekam, auch von dieser Pipi-Langstrumpf Entwicklung beeinflusst wird. "Ich mach mir die Welt - widdewidde wie sie mir gefällt!" singen wir selbst nämlich gerade. Uns interessiert null, ob die "Bediensteten" überhaupt unsere neuen Dienstleistungen möchten - darauf kommt es auch nicht an, denn WIR möchten ja mehr von dem Wissen anwenden, welches wir uns so mühseelig im Studium einverleibt haben. Es geht nämlich in erster Linie um UNS und nicht um irgendwelche Patienteninteressen. Wirklich schade, dass die Ärzte nicht mitspielen. Sie tun ja fast so, als drängten wir uns Ihnen auf mit unseren neuen Ideen. Man wird doch wohl noch erwarten dürfen, dass sich ein Arzt in seiner Freizeit hinsetzt und das ganze Thema mal gründlich aus unserer Perspektive durchdenkt. So ein eingebildeter, verkrusteter Berufsstand! Aber wenn sie unsere Expertise nicht wollen, fällt uns schon was Alternatives ein, zB dass wir zukünftig keine Menschen, sondern Tiere heilkundlich behandeln. Wenn PDL so gut sind, dann muss das schon aus rein ethischer Sicht auch für Tiere verpflichtend werden!. Das Wissen haben wir 1,2,3 parat und wenn wir schon Menschen Spritzen verabreichen, wird das bei Tieren ja wohl kein großes Problem sein. Wartet nur ab, wir finden schon noch zu unserer Berufung. Auf keinen Fall wird es sich dabei um so etwas trockenes und tristes wie die Versorgung mit Arzneimitteln handeln - das ist unter unserer Würde.

» Auf diesen Kommentar antworten | 3 Antworten

AW: PDL passen gut ins Gesamtbild

von Anita Peter am 04.10.2022 um 18:27 Uhr

Leider kann man Beiträge nicht liken. Also ein dickes schriftliches like!

AW: PDL passen gut ins Gesamtbild

von Dr. Dergens am 04.10.2022 um 18:50 Uhr

Es geht darum zu tun was dem Berufsbild entspricht und die Zusammenarbeit von Arzt und Apotheke zu fördern, um dem Patienten die bestmögliche Versorgung zu ermöglichen.
Medikationschecks sind nachweislich effektiv um die Krankenhauseinlieferungen zu minimieren und den Ärzten eine Hilfestellung zu geben..
Auch die Impfungen dienen einer höheren Impfquote und damit schlussendlich dem Patienten.
Apotheken müssen nur auch von etwas leben. Ich denke die Sicherstellung unserer Existenzen ist nicht zu viel verlangt, wie fänden Sie es denn ständig Investitionen zu tätigen, den Mitarbeitern mehr zu zahlen, höhere Ausgaben zu haben (wegen strengere Anforderungen) nicht mal bei einem gleichbleibenden sondern bei sinkendem Einkommen?

AW: PDL passen gut ins Gesamtbild

von apotheker63 am 05.10.2022 um 8:29 Uhr

einfach nur Volltreffer ! Geil !

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