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Rabattverträge, Herstellerrabattinkasso etc.
Freie Apothekerschaft listet nicht-honorierte Leistungen der Apotheken auf
Die Kassen müssen sparen und diese Last muss auf alle Schultern verteilt werden. So lautet das Mantra des Bundesgesundheitsministers, um unter anderem den erhöhten Kassenabschlag für die Apotheken zu rechtfertigen. Um aufzuzeigen, an wie vielen Stellen die Apotheken die Kassen bereits entlasten und ihnen Geld einsparen, hat die Freie Apothekerschaft eine Liste von Leistungen erstellt, die in Apotheken seit Jahren unentgeltlich erbracht werden und so für massive Einsparungen bei den Kassen sorgen.
Die Erhöhung des Kassenabschlags scheint beschlossene Sache zu sein. Die Argumente der Standesvertretung, dass Apotheken nicht die Kostentreiber im System seien, ihre Vergütung seit Jahren nicht angepasst wurde und sie ebenfalls unter den Kostensteigerungen durch Inflation, neue Tarifabschlüsse und Energiekosten litten, scheinen kein Gehör zu finden. Zumindest wurde die Anhebung des Kassenabschlags von 1,77 Euro auf 2 Euro im laufenden Gesetzgebungsverfahren bislang von keiner Regierungsfraktion infrage gestellt. Apotheken müssten zusammen mit den anderen Leistungserbringern ihren Beitrag zur Stabilisierung der Kassenfinanzen leisten, heißt es immer wieder. Es sei richtig, die Lasten solidarisch auf alle Schultern zu verteilen.
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In den Augen der Freien Apothekerschaft leisten die Apotheken aber bereits einen ganz großen Beitrag, um das System zu entlasten. Und zwar, indem sie seit Jahren eine Vielzahl von nicht-honorierten Leistungen erbringen, die bei den Kassen maßgeblich für Einsparungen sorgten. Doch jetzt sollten sie durch die politische Entscheidung der Abgeordneten des Deutschen Bundestags dafür bestraft werden, heißt es auf einem Flyer der Freien Apothekerschaft. Exemplarisch werden 20 Leistungen genannt, die die Apotheken ohne Extravergütung erbringen.
- Eintreiben der gesetzlichen Zuzahlung beim Patienten
- Erfüllung der Importquote
- Erfüllung der Blutzuckerteststreifenquote
- Abgabe von aufzahlungsfreien Hilfsmitteln
- Umsetzung der Rabattverträge einschließlich der Beratung und Aufklärung dazu beim Wechsel der Vertragspartner
- Inkasso des Herstellerrabattes
- keine Erfolgsprämien für die Umsetzungsquoten
- Retaxationen auf Null als Strafe für nicht erkannte Formfehler bei voller qualitativer Versorgung der Patienten mit Arzneimitteln
- Notdienstvergütung unter dem Mindestlohn
- zunehmende Notdienste aufgrund sinkender Apothekenzahl
- Vorhalten von Rezeptur und Labor mit nicht kostendeckender Herstellung von Individualrezepturen
- keine Aufschläge bei Sprechstundenbedarf
- Umsetzung der Festbeträge
- Umsetzung Securpharm seit 2019, damit keine Fälschungen in den Umlauf gelangen bzw. zum Schutz der Patienten
- tägliche Kontrolle Fertigarzneimittel, Hilfsmittel oder Medizinprodukte auf Produktionsfehler oder Qualitätsmängel, bevor diese zum Patienten gelangen könnten
- Erfassung von Nebenwirkungen, Wechselwirkungen bei Patienten und ihrer Medikation, Dokumentationen, Meldung an zuständige Behörden
- wöchentliche Bearbeitung der behördlich gemeldeten Arzneimittelrückrufe, ggf. Kontaktaufnahme von Patienten und Klärung der Neumedikation, um Schäden am Patienten vorzubeugen
- durch die Überwachung der Medikation werden Doppelverordnungen und Verordnungskaskaden aufgedeckt – zum Wohl der Patienten und der GKV
- Mehraufwand und Bürokratie aufgrund von Lieferengpässen und/oder Nichtlieferfähigkeit von Arznei-, Hilfsmitteln oder Medizinprodukten, um die Patienten zu versorgen, zusätzliche Beratungsleistung und auch daraus resultierende individuelle Herstellung des dringend benötigten Arzneimittels
- Aufdecken von Rezeptfälschungen mittels gestohlener Versichertenkarten oder Rezepte, um Arzneimittelmissbrauch auf Kosten der GKV zu verhindern
Kassenärzte sauer über Nullrunde
Die Freie Apothekerschaft stößt damit in ein ähnliches Horn wie die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV). Der ohnehin permanent eingeräumte Dauerrabatt auf die ärztliche und psychotherapeutische Arbeit summiert sich laut KBV in den 30 Jahren seit Einführung der Budgetierung angeblich mittlerweile auf etwa 100 Milliarden Euro.
Denn auch die Kassenärzte sind nicht glücklich mit den ihnen auferlegten Lasten, wobei von Kürzungen gar nicht die Rede ist. Dass die Kassen von ihnen eine Nullrunde beim Honorar fordern und zugleich einen Inflationsausgleich vorenthalten wollen, bezeichnet die KBV als „ungeheuerlichen Affront“. Aus Protest will die Vorstandsspitze sich nun vorübergehend aus den Gremien der gemeinsamen Selbstverwaltung zurückzuziehen. Man erkenne derzeit keine „gemeinsame Basis“ für Beratungen und Verhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband, heißt es in den Briefen, aus denen die „Ärzte Zeitung“ zitiert.
Die Ärzteschaft ist offenbar erfolgreicher darin, die Politik von ihren Nöten zu überzeugen. So erklärte Bundesgesundheitsminister Lauterbach gegenüber dem „Handelsblatt“, er halte die Forderung nach einer Nullrunde bei den Honoraren für „nicht angemessen“. Auch die Praxen der niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten seien mit steigenden Energie- und Inflationskosten konfrontiert. Über „Twitter“ stellte Lauterbach klar, dass die von den Kassen verlangte Nullrunde nicht kommen werde. Niedergelassene Ärzte hätten in der Pandemie eine zentrale Aufgabe „erfüllt und tun es noch“. Und auch die Sache mit der Neupatientenregelung im Spargesetz will das BMG nochmals prüfen.
3 Kommentare
Pharm Dienstleistungen
von Dr. Schweikert-Wehner am 04.10.2022 um 19:01 Uhr
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Mut zur Lücke
von Dr. House am 04.10.2022 um 15:57 Uhr
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AW: Mut zur Lücke
von Kathrin Storch am 09.10.2022 um 8:34 Uhr
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