Welche Formfehler dürfen von der Krankenkasse nicht retaxiert werden?
§ 6 des Rahmenvertrags definiert die Fälle, in denen Retaxationen seitens der Krankenkassen nicht zulässig sind. Die Regelungen können in den ergänzenden Arzneilieferverträgen noch weitergehend präzisiert werden. Laut Rahmenvertrag verlieren Apotheken bei unbedeutenden, insbesondere formalen Fehlern nicht den Zahlungsanspruch der Krankenkassen. Fehlen Rezeptangaben, die vom Arzt aufzutragen sind, aber nur in ergänzenden Lieferverträgen gefordert werden, dürfen diese nur dann retaxiert werden, wenn eine Retaxation im Liefervertrag explizit vorgesehen ist. Das gilt z. B. für die Arztnummer (LANR), Betriebsstättennummer (BSNR) oder Krankenkassen-Institutionskennzeichen (IK). Auch eine fehlende bzw. nicht lesbare Telefonnummer im Arztstempel darf nicht beanstandet werden. Ist die ausstellende Ärztin / der ausstellende Arzt für die Apotheke und Krankenkasse eindeutig erkennbar, dürfen auch einzelne Angaben der Identifikation (z. B. Vorname, Adressbestandteile) fehlen, ohne dass diese retaxiert werden dürfen.
Weitere unbedeutende Formfehler sind z. B:
- Schreibfehler: Schreibfehler (auch Groß- und Kleinschreibung) oder unklare bzw. fehlerhafte Abkürzungen, z. B. Dosierungsanleitung „1-0-0“ anstatt „morgens eine Tablette einnehmen“.
- Unleserliche Arztunterschrift: Ist die Arztunterschrift unleserlich, aber eindeutig keine Paraphe oder anderes Kürzel, darf dies nicht beanstandet werden.
- Ein fehlendes Sonderkennzeichen oder ein fehlender handschriftlicher Vermerk (über eine Nichtverfügbarkeit eines Rabatt- bzw. Importarzneimittels oder preisgünstigen Arzneimittels, pharmazeutische Bedenken oder im Notdienst) darf auch kein Grund für eine Retaxation sein. Fehlen sowohl Sonderkennzeichen als auch Begründung auf dem Rezept, kann die Apotheke sogar im Beanstandungsverfahren einen objektivierbaren Nachweis nachreichen.
- Kreuze beim T-Rezept: Sind diese verrutscht, aber eindeutig zuordnungsfähig, oder sind die Kreuze handschriftlich gesetzt, darf die Krankenkasse dies nicht beanstanden.
- Überschreitung der Monatsfrist: Werden Verordnungen nach Ablauf der Monatsfrist beliefert, dürfen Krankenkassen das nicht beanstanden, wenn die Apotheke die Gründe für die Fristüberschreitung und die Rücksprache mit dem Arzt auf dem Rezept dokumentiert hat.
- Gebührenstatus: („Gebühr frei“) von Ärztin/Arzt falsch angekreuzt, stellt keinen berechtigten Retaxierungsgrund dar.
- Fehlen von „i.V.“ auf dem BtM-Rezept: Wurde ein Rezept in Vertretung unterschrieben; aber kann die Apotheke aus der Unterschrift nicht erkennen, dass eine andere ärztliche Person als die/der Praxisinhaber:in unterschrieben hat, ist das kein Retaxierungsgrund.
- Duplikat: Die Neuausstellung eines verlorenen Originalrezepts darf nicht retaxiert werden.
- Handschriftliches Aut-idem-Kreuz (ein ärztliches Gegenzeichnen wird bei einzelnen regionalen Lieferverträgen der Primärkassen gefordert)
- Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG: Eine nicht beigefügte Genehmigung eines Einzelimports kann von der Apotheke nachgereicht werden, wenn diese von der Krankenkasse vorgelegen hat. Die Krankenkasse kann nicht beanstanden, wenn die Apotheke einen Einzelimport ohne Angabe des Apothekeneinkaufspreises abgibt.
§ 6 Rahmenvertrag enthält Angaben darüber, welche Formfehler die GKV nicht retaxieren darf. Die Abgaberegeln des Rahmenvertrags bestehen jedoch weiterhin und sollten daher, nach Möglichkeit, beachtet werden.
1 Kommentar
Heilung
von Dr. House am 29.09.2022 um 21:24 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.