Reaktion der Kammer auf KV und Hausärzte

„Auf diese Ebene werden wir uns nicht begeben“

Stuttgart - 06.07.2022, 14:15 Uhr

Hessens Apothekerkammerpräsidentin Funke hat die Spitze der KV Hessen zu einem kurzfristigen Gespräch gemeinsam mit Vertretern des HAV eingeladen. (x / Foto: Neue Apotheke Wiesbaden)

Hessens Apothekerkammerpräsidentin Funke hat die Spitze der KV Hessen zu einem kurzfristigen Gespräch gemeinsam mit Vertretern des HAV eingeladen. (x / Foto: Neue Apotheke Wiesbaden)


Die ärztlichen Standesvertretungen lassen kein gutes Haar an den pharmazeutischen Dienstleistungen. Insbesondere der Hausärzteverband und die KV in Hessen lehnen sich weit aus dem Fenster. Eine qualitativ hochwertige pharmazeutische Beratung gebe es nur durch die Ärztin oder den Arzt, heißt es etwa. Die KV regt die Mitglieder an, „nicht nur eine verbale Antwort auf diese indiskutablen Zustände zu geben“. Wir haben mit der Präsidentin der dortigen Landesapothekerkammer, Ursula Funke, gesprochen, wie man damit umgeht.

DAZ: Ärzteorganisationen in Hessen haben sich ziemlich drastisch zu den pharmazeutischen Dienstleistungen geäußert. Die KV hat mit „Maßnahmen“ gedroht, ja gar zur Denunziation schlechter apothekerlicher Beratung aufgerufen. Fällt das noch unter das übliche standespolitische Gepolter oder wurde diesmal eine rote Linie überschritten?

Funke: Dieses Vorgehen der beiden Spitzenvertreter der KVH ist ein einmaliger Vorfall und die rote Linie ist weit überschritten. Fernab der Tatsache, dass pharmazeutische Kompetenz ausschließlich bei uns Apothekern liegt, geht es nicht um Patientenversorgung, sondern schlicht um pekuniäre Gründe und Wahlkampf bei der KVH. Wenn wir nun gegenseitig unsere Zeit damit vergeuden, Fehler des anderen zu dokumentieren, werden wir unserem Auftrag nicht gerecht und wir würden uns auf der Kindergartenstufe wiederfinden. Probleme müssen gemeinsam gelöst werden – für den Patienten. Das Niveau dieses Pamphlets ist eines Heilberufs kaum würdig, wir werden uns nicht auf diese Ebene begeben.

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Bekommt das Ganze noch eine andere Dimension dadurch, dass der verbale Schlagabtausch sich nicht nur auf Funktionärsebene abspielt, sondern auch versucht wird, den Patienten die neuen Dienstleistungen madig zu machen? Der Hausärzteverband hat ein entsprechendes Plakat fürs Wartezimmer entworfen …

Kranke Menschen, Patienten zu verunsichern, zu instrumentalisieren, einen anderen Heilberuf zu diffamieren, ist für mich ein absolutes No-Go. Heilberufe sind dazu da, kranken Menschen zu helfen, sie zu unterstützen. Am besten funktioniert das dort, wo Apotheker und Arzt gemeinsam agieren. Leider kann man das nach den beiden Veröffentlichungen zumindest bei den hierfür verantwortlichen ärztlichen Kollegen nicht erkennen.

Kammer lädt zu einem gemeinsamen Gespräch

Werden Sie seitens der Landesapothekerkammer das Gespräch mit den Ärztevertreter:innen suchen?

Gespräche müssen immer geführt werden. Ich habe die Spitze der KV Hessen zu einem kurzfristigen Gespräch gemeinsam mit Vertretern des HAV eingeladen. Wir werden ihnen gerne verdeutlichen, was pharmazeutische Kompetenz ist und was sich hinter den Dienstleistungen verbirgt, ganz sicher nicht, fünf Arzneimittel in eine Datenbank einzugeben.

Und wenn es nicht gelingt, zur Sachebene zurückzukehren?

Das Ziel muss immer sein, gemeinsam die ambulante Versorgung vor Ort zu sichern und weiterzuentwickeln, was den beiden Heilberufen nur gemeinsam gelingen kann. Leider haben manche Ärzte bis heute nicht verstanden, dass wir vor Ort Tätigen gemeinsam in einem Boot sitzen, das leider nicht so hochseetauglich ist wie die mondänen Luxusliner der von ausländischem Fremdkapital finanzierten Plattformen, die sich „attraktive und einfache“ Patienten wie Rosinen picken. Beide Heilberufe haben Nachwuchssorgen, hier ist Synergismus wahrlich gefragt. Selbstverständlich prüfen wir parallel auch juristische Schritte.

Sie betreiben selbst eine Apotheke in Wiesbaden und wissen daher: Die Äußerungen von Standesvertretern haben häufig wenig damit zu tun, was im Versorgungsalltag passiert. Haben Sie das Gefühl, dass sich die Ärzte von solchen negativen Äußerungen beeinflussen lassen oder klappt die Zusammenarbeit im Alltag eigentlich gut und man ist durchaus offen für die Kooperation mit den Apothekern?

Ich weiß von vielen Kollegen ganz aktuell aus zahlreichen Telefongesprächen diese Woche, dass die Kommunikation und Versorgung vor Ort sehr gut funktioniert und die Patienten im Mittelpunkt stehen. So erlebe ich das auch in meiner Apotheke.

Frau Funke, vielen Dank für das Gespräch. 


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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