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Die Kassenärztliche Vereinigung und der Hausärzteverband Hessen schießen gegen die Apotheken: Pharmazeutische Beratung gehöre in die Hände der Ärztinnen und Ärzte, meinen die Standesvertretungen. Dass sie versuchen, die Patientinnen und Patienten gegen die Apotheken aufzustacheln, ist mehr als irritierend – doch wichtig ist jetzt, auf der Sachebene zu bleiben und sich nicht auf eine Schlammschlacht einzulassen, die letztlich beiden Seiten schadet, meint DAZ-Redakteurin Christina Müller.
In Hessen proben die Kassenärztliche Vereinigung und der Hausärzteverband den Aufstand: Dass Apotheken für Medikationsanalysen 90 Euro bekommen sollen, ist aus ihrer Sicht ein Affront gegen die Ärzteschaft. Nachdem der Berufsstand mit seinen Protesten gegen die Einführung der pharmazeutischen Dienstleistungen gescheitert ist, versucht man in Hessen nun, den Patientinnen und Patienten das Angebot in den Apotheken madig zu machen. Doch statt auf die Provokationen der ärztlichen Standesvertreter:innen einzusteigen, sollte die Apothekerschaft cool bleiben und Haltung bewahren.
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Klar ist: Mit der Diffamierung der apothekerlichen Leistung und der Aufforderung an die Niedergelassenen, „inkompetente Beratung“ durch Apotheken zu dokumentieren, hat das Niveau der standespolitischen Arbeit der Ärzteschaft einen neuen Tiefpunkt erreicht. Leider lebt die Rhetorik mancher ärztlicher Standesvertreter:innen davon, Feindbilder aufzubauen und auf alle Berufsgruppen einzudreschen, die den Ärztinnen und Ärzten vermeintlich etwas wegnehmen – auch wenn es bei genauer Betrachtung meist um Aufgaben geht, die Mediziner:innen ohnehin nicht erbringen, so auch bei der Medikationsanalyse.
Ob Pflegekräfte, Krankenhäuser, Hebammen oder Physician Assistants – die Apotheker:innen sind beileibe nicht die Ersten, die den Zorn der ärztlichen Standesvertreter zu spüren bekommen, von dem ewigen Konflikt zwischen Haus- und Fachärzten mal ganz abgesehen. Die Reflexe seitens der verfassten Ärzteschaft sind bekannt und haben nur selten zum Erfolg geführt. Jüngstes Beispiel, das den Kolleginnen und Kollegen präsent sein dürfte, ist das Impfen in den Apotheken, das wohl schon im kommenden Herbst in ganz Deutschland möglich sein wird, allem Gezeter zum Trotz.
Versorgungsebene in den Blick nehmen
Was die pharmazeutischen Dienstleistungen betrifft, ist der Drops auf politischer Ebene eh gelutscht – sie sind da, immer mehr Apotheken bieten sie an und die Vergütung steht. Interessanter als das Gepolter der KV und des Hausärzteverbands ist die Versorgungsebene: Sicher nicht alle, doch ein mittlerweile nicht zu vernachlässigender Anteil der Niedergelassenen orientiert sich am Patientenwohl und ist bereit, auch mit anderen Berufsgruppen zu kooperieren oder zumindest friedlich zu koexistieren, um den Bedürfnissen der Versicherten auch in Zeiten des Fachkräftemangels noch gerecht werden zu können.
Manche von ihnen haben im Krankenhaus bereits Kontakt mit Stationsapothekerinnen und -apothekern gehabt und haben die pharmazeutische Unterstützung zu schätzen gelernt. Und wie es heißt, sollen auch die an der Arzneimittelinitiative Sachsen Thüringen (ARMIN) beteiligten Ärztinnen und Ärzte eine neue Perspektive auf die Leistungsfähigkeit der Apotheker:innen gewonnen haben. Die Zeichen der Zeit stehen auf Zusammenarbeit, auch wenn es einige Standesvertreter:innen nicht wahrhaben wollen.
Gemeinsame Ziele verfolgen
Es ist wichtig, dass die Niedergelassenen jetzt positive Erfahrungen sammeln, wenn es um die Medikationsanalyse geht. Denn statt den Apothekerinnen und Apothekern das Honorar zu neiden – 150 Millionen Euro sind in Ärztedimensionen ohnehin fast zu vernachlässigen –, sollte das gemeinsame Ziel sein, jetzt das Medikationsmanagement in die Fläche zu bringen, sodass beide Berufsstände und allen voran die Patientinnen und Patienten profitieren.
Die Apothekerschaft wäre gut beraten, sich nicht auf eine Schlammschlacht mit der KV und dem Hausärzteverband einzulassen. Sachliche Klarstellung ist dringend nötig, etwa darüber, was genau eine Medikationsanalyse umfasst, wie die Vergütung zustande kommt und welche Änderungen an der Medikation Apotheken vornehmen dürfen. Aber einen Rosenkrieg vom Zaun zu brechen, nützt niemandem.
Nicht in die Falle tappen
Es funktioniert auf Ärzteseite nämlich genauso wie auf Apothekerseite: Abfällige Äußerungen der Standesvertretungen kommen auch an der Basis an und sorgen für Ärger und Unverständnis. Das würde manch ein zartes Pflänzchen gefährden, das sich die Kolleginnen und Kollegen mit „ihren“ Ärztinnen und Ärzten aufgebaut haben. In diese Falle darf der Berufsstand keinesfalls tappen. Statt auf Gepolter sollte die Apothekerschaft auf Argumente und Aufklärung setzen, sowohl gegenüber den Ärztinnen und Ärzten als auch den Patientinnen und Patienten.
1 Kommentar
Ärztezoff
von Conny am 06.07.2022 um 14:44 Uhr
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