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ABDA-STATEMENT zum Spargesetz
„An den Apotheken sparen zu wollen ist dramatisch, falsch und unfair“
Neben verschiedenen Ärzteverbänden und den Kassen hat sich auch die ABDA zu den am gestrigen Dienstag von Bundesgesundheitsminister Lauterbach vorgestellten Eckpunkten eines GKV-Finanzreformgesetzes geäußert. Die Apothekerschaft sei entsetzt, dass ausgerechnet sie herangezogen werden solle, um die Finanzlöcher in der gesetzlichen Krankenversicherung zu stopfen. Sie sei durch Inflation und gestiegene Löhne ohnehin schon stark belastet, während das Fixhonorar seit Jahren eingefroren sei, so ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening. Anders als der Minister sieht sie keine „Effizienzreserven“.
Am gestrigen Dienstag hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach die Eckpunkte seiner GKV-Finanzreform vorgestellt – bereits seit Monaten warten Apotheken und das gesamte Gesundheitswesen auf das Spargesetz. Vor einiger Zeit war ein nicht abgestimmter und wieder einkassierter Entwurf durchgesickert, der erahnen ließ, wo die Reise hingehen könnte. Gestern war es dann also so weit, Lauterbach trat in Berlin vor die Presse. Was die Apotheken betrifft, blieb er allerdings vage – laut dem inoffiziellen Entwurf sollte der Kassenabschlag erhöht werden, in Kombination mit einer Mehrwertsteuersenkung für Arzneimittel. Die geringere Mehrwertsteuer ist offenbar vom Tisch. Was den Kassenabschlag betrifft, wollte Lauterbach keine Details preisgeben. Auf Nachfrage bestätigte er lediglich, dass man sich auch hier mit „Effizienzreserven“ beschäftige. Man wird also den Gesetzentwurf abwarten müssen. Honorare der Ärzte und in Kliniken bieten in Lauterbachs Augen übrigens keine Spielräume.
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Und so wartet die Apothekerschaft nun gespannt, wo der Minister dieser Effizienzreserven verortet. Denn man selbst sieht sie nicht. „Die Apotheken sind jetzt schon hoch effizient, da gibt es keine Effizienzreserven mehr“, erklärte ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening in einer Stellungnahme. Die Apotheker:innen seien entsetzt darüber, dass ausgerechnet sie herangezogen werden sollen, um die Finanzlöcher in der gesetzlichen Krankenversicherung zu stopfen.
„Einerseits auf Apotheken setzen, andererseits kürzen ist befremdlich“
Overwiening erinnerte daran, dass der Anteil der Apotheken an den Ausgaben der GKV in den vergangenen Jahren immer weiter gesunken sei. „Jetzt sind es nur noch 1,9 Prozent. Dafür stemmen 18.000 Apotheken mit 160.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die flächendeckende Arzneimittelversorgung im ganzen Land“, so die ABDA-Präsidentin. Sie verwies zudem darauf, dass die Apotheken vor Ort schon jetzt durch die hohe Inflation und die deutlich gestiegenen Tariflöhne ihrer Angestellten stark belastet sind, während sich bei der Vergütung für verschreibungspflichtige Arzneimittel seit Jahren nichts getan hat – zu Unrecht in Overwienings Augen. „An den Apotheken nun noch zusätzlich sparen zu wollen ist dramatisch, es ist falsch und es ist unfair“, findet die ABDA-Präsidentin. Schließlich hätten die Apotheken in den vergangenen zwei Jahren als Heilberuf vor Ort in besonderem Maße gezeigt, wie flexibel und resilient sie die Mammutaufgaben zur Pandemie-Bekämpfung patientennah und erfolgreich gemeistert haben. Für den kommenden Herbst und Winter müssten sie sich im Kampf gegen die nächste Pandemie-Welle wieder rüsten. Vor diesem Hintergrund findet es Overwiening befremdlich, wenn der Minister Kürzungen ankündigt und zeitgleich auf die Unterstützung der Apotheken in der Pandemie-Bekämpfung setzt.
KBV: „Irritiert und alarmiert“
Während Lauterbach bei den Apotheken-Einsparungen gar keine Details preisgab, nannte er mit Blick auf die niedergelassene Ärzteschaft einen konkreten Fall, in dem er Effizienzreserven sieht: die mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) eingeführten höheren Vergütungen für die Schaffung von Terminen für Neupatienten. Diese Regelung solle gestrichen werden. Lauterbach erklärte, sie habe dazu geführt, dass hier bereits bekannte Patienten zu neuen Patienten geworden seien – dies sei „nicht zielführend“.
Andreas Gassen, Vorstandschef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zeigte sich empört: „Es kann und darf nicht sein, dass am Ende das enorme Engagement der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte bestraft wird, Neupatienten zusätzliche Termine anzubieten, so wie es die Politik auch gewollt hatte. Das Vorhaben stellt sich für die Versicherten, die einen Termin erhalten wollen, auch als echte Leistungskürzung dar. Das Vertrauen der Ärzteschaft in die Politik wird damit ein weiteres Mal erschüttert“
Auch Kassen nicht zufrieden
Auch die Kassen, die ja eigentlich vom Gesetz profitieren sollen, sind nicht glücklich. So erklärte Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, in einer ersten Reaktion, dass der GKV „insgesamt allenfalls eine finanzielle Atempause“ verschafft werde. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, zeigte sich ebenfalls enttäuscht: „Gefordert waren Lösungen für eine dauerhaft gesicherte Finanzperspektive der gesetzlichen Krankenversicherung. Geliefert worden ist aber nur kurzfristiges Stückwerk für das kommende Jahr“.
11 Kommentare
Effizienzreserven heben
von Thomas B am 01.07.2022 um 18:21 Uhr
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Effektivität
von Reinhard Rodiger am 30.06.2022 um 1:12 Uhr
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AW: Effektivität
von Dr. House am 30.06.2022 um 15:35 Uhr
An welchem Punkt könnte die ABDA ansetzen?
von Andreas Grünebaum am 29.06.2022 um 19:14 Uhr
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Jeder bekommt das Seine ...
von Reinhard Herzog am 29.06.2022 um 14:33 Uhr
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AW: Kurzfristiges Denken der Politiker in Wahleperioden könnte helfen!
von Andreas Grünebaum am 29.06.2022 um 21:01 Uhr
Sittenwidrig
von Ed am 29.06.2022 um 10:30 Uhr
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Effizienreserven
von Roland Mückschel am 29.06.2022 um 10:13 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 3 Antworten
AW: Effizienreserven
von Dr. Radman am 29.06.2022 um 10:21 Uhr
AW: Effizienreserven
von Roland Mückschel am 29.06.2022 um 12:17 Uhr
AW: Effizienreserven
von Dr. Radman am 29.06.2022 um 13:46 Uhr
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