Interview mit dem Patientenbeauftragten der Bundesregierung

Schwartze fordert „schnellstmöglich“ eine Entscheidung bei den pharmazeutischen Dienstleistungen

Berlin - 17.05.2022, 17:50 Uhr

Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Stefan Schwartze, erläutert im DAZ-Interview, was er sich von der Einführung der pharmazeutischen Dienstleistungen erhofft. (b/Foto: Stefan Schwartze, MdB)

Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Stefan Schwartze, erläutert im DAZ-Interview, was er sich von der Einführung der pharmazeutischen Dienstleistungen erhofft. (b/Foto: Stefan Schwartze, MdB)


Angebote müssen jetzt in der Versorgung ankommen

Viele Krankenhauseinweisungen und Todesfälle im Zusammenhang mit Arzneimitteln wären vermeidbar. Würden Sie die Krankenkassen gern stärker in die Pflicht nehmen, in diesem Bereich mehr in Prävention zu investieren?

Ein unerwünschtes Arzneimittelereignis kann seine Ursache an verschieden Stellen des ambulanten oder stationären Versorgungsalltags haben. Für eine Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit sind daher nicht nur die Krankenkassen, sondern alle am Arzneimitteltherapieprozess beteiligten Akteure gefordert. Das Bundesministerium für Gesundheit hat daher bereits 2008 zusammen mit den auf Bundesebene angesiedelten Verbänden der Ärzteschaft, der Apothekerschaft und weiteren Beteiligten den Aktionsplan zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit in Deutschland ins Leben gerufen. Dieser Aktionsplan definiert Maßnahmen zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit auf verschiedenen Ebenen und wurde im vergangenen Jahr für die Zeit von 2021 bis 2024 fortgeschrieben und angepasst. Mit insgesamt 42 Maßnahmen sollen unter anderem die Risikowahrnehmung und die Risikoeinstellung aller Beteiligten, die Gesundheitskompetenz der Patientinnen und Patienten sowie sektorenübergreifende und interprofessionelle Kooperationen verbessert werden. Große Hoffnungen setze ich zudem in die Digitalisierung. Eine systematische digitale Unterstützung und Begleitung der Arzneimitteltherapie, zum Beispiel durch die elektronische Patientenakte, den elektronischen Medikationsplan oder digitale unterstützte geschlossene Medikationsprozesse in Krankenhäusern, können wesentlich dazu beitragen, potenzielle Fehlerquellen bei der Medikation sektorenübergreifend auszuschließen.

Die Krankenkassen sind bekanntermaßen nicht begeistert davon, für pharmazeutische Dienstleistungen zahlen zu müssen. Seit nunmehr fast einem Jahr zögern sie eine Einigung hinaus. Wann ist der Moment gekommen, in dem die Politik intervenieren muss?

Patientinnen und Patienten haben einen Rechtsanspruch auf pharmazeutische Dienstleistungen und ich kann aus Patientensicht eine gewisse Ungeduld hinsichtlich der schleppenden Umsetzung als berechtigt nachvollziehen. Ich erwarte daher, dass dieser Rechtsanspruch nach der Entscheidung der Schiedsstelle zeitnah in der Versorgung mit entsprechenden Angeboten ankommt. Ganz unabhängig davon, welche Positionen zum aktuellen Verfahrensstand geführt haben, fordere ich alle an diesem Prozess beteiligten Akteure jetzt mit Nachdruck auf, schnellstmöglich eine Lösung im Sinne der Patientinnen und Patienten herbeizuführen. Ich hoffe, dass sich die – ansonsten sehr berechtigte – Frage nach einer möglichen politischen Intervention dann nicht mehr stellt.

Herr Schwartze, vielen Dank für das Gespräch!



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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