Plattformen vor Gericht

AKNR klagt gegen gesund.de

Berlin - 13.05.2022, 17:55 Uhr

(Screenshot:gesund.de)

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Die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) hat sich die Bestell- und Liefer-Plattformen im Apothekenmarkt vorgeknöpft. Der jüngste Coup: eine wettbewerbsrechtliche Unterlassungsklage gegen gesund.de, das Joint Venture von Phoenix und Noventi. Zum einen sieht die AKNR in der von den Apotheken erhobenen umsatzbezogenen Transaktionsgebühr einen Verstoß gegen das Apothekengesetz. Zum anderen hält sie es für unzulässig, wenn Partner-Apotheken weitergeleitete Verordnungen von Telemedizinanbietern wie GoSpring.de ungeprüft einlösen sollen.

Die AKNR will es wissen: Sind die diversen Plattformangebote, über die Kunden Arzneimittel ordern können, rechtlich zulässig? Gegen Kurando und DocMorris hat sie nach erfolglosen Abmahnungen bereits Unterlassungsklagen eingereicht. Nun folgt gesund.de. Ähnlich wie bei DocMorris geht es der Kammer zum einen darum, gerichtlich klären zu lassen, ob die von den Apotheken erhobene umsatzbezogene Transaktionsgebühr gegen das Apothekengesetz verstößt. 

Gesund.de erhebt von den angebundenen Apotheken eine einmalige Startgebühr von 799 Euro, zudem eine monatliche Pauschale von 199 Euro. Hinzu kommen Transaktionsgebühren in Höhe von 6 Prozent zum Verkaufspreis ohne Mehrwertsteuer für nicht verschreibungspflichtige Produkte. In dieser Transaktionsgebühr sieht die AKNR, die vor Gericht von Rechtsanwalt Morton Douglas vertreten wird, einen Verstoß gegen § 8 Satz 2 Apothekengesetz (ApoG).


Beteiligungen an einer Apotheke in Form einer Stillen Gesellschaft und Vereinbarungen, bei denen die Vergütung für dem Erlaubnisinhaber gewährte Darlehen oder sonst überlassene Vermögenswerte am Umsatz oder am Gewinn der Apotheke ausgerichtet ist, insbesondere auch am Umsatz oder Gewinn ausgerichtete Mietverträge sind unzulässig.

§ 8 Satz 2 Apothekengesetz


Laut Klageschrift handelt es sich um eine Vereinbarung, bei der die Vergütung für einen  „sonst überlassenen Vermögenswert“ – nämlich die Möglichkeit, sich auf der Plattform zu präsentieren – am Umsatz ausgerichtet ist. Auch wenn der Gesetzgeber bei Schaffung der Norm noch nicht an derartige Plattformen gedacht haben kann, sieht Douglas ihren Anwendungsbereich nach ihrem Sinn und Zweck eröffnet. Wenn es für erforderlich erachtet werde, gewinnabhängige Mietverträge für Ladenlokale auszuschließen, dürfe nichts anderes gelten, wenn es um eine umsatzabhängige Beteiligung für ein virtuelles Schaufenster gehe. Grundsätzlich sei zwar anzuerkennen, dass gesund.de Leistungen erbringe, die der Apotheke auch in Rechnung gestellt werden könnten, etwa ihren technischen Support. Doch diese Leistungen sieht Douglas bereits durch die monatliche Teilnahmegebühr abgedeckt. Die Transaktionsgebühr sei demgegenüber eine reine Gewinnbeteiligung – man wolle vom wirtschaftlichen Erfolg der Apotheke profitieren. Und das sei nach § 8 ApoG unzulässig. Ein Verstoß gegen diese Norm stelle einen Wettbewerbsverstoß dar.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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