Eckpunktepapier

Hanfverband will keinen Cannabis-Verkauf in Apotheken

Berlin - 08.04.2022, 07:00 Uhr

Der Deutsche Hanfverband lehnt den Verkauf von Cannabis zu Genusszwecken in Apotheken grundsätzlich ab. (Foto: IMAGO / Steinach)

Der Deutsche Hanfverband lehnt den Verkauf von Cannabis zu Genusszwecken in Apotheken grundsätzlich ab. (Foto: IMAGO / Steinach)


Soll Cannabis zu Genusszwecken nach einer möglichen Entkriminalisierung auch in Apotheken angeboten werden dürfen? Nein, meint der Deutsche Hanfverband und widerspricht damit der drogenpolitischen Sprecherin der FDP-Fraktion im Bundestag, Kristine Lütke. Wie sich der Verband die Cannabis-Regulierung der Zukunft vorstellt, hält er jetzt in einem Eckpunktepapier fest.

Die Ampelpartner wollen Cannabis zu Genusszwecken entkriminalisieren. Noch in diesem Jahr könnte ein entsprechender Gesetzentwurf vorliegen, hofft zumindest die drogenpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion im Bundestag, Kristine Lütke. Nun hat der Deutsche Hanfverband (DHV) ein Eckpunktepapier veröffentlicht, in dem er seine Vorstellungen präsentiert, wie die Cannabis-Regulierung in Deutschland künftig aussehen könnte.

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Demnach soll der Verkauf lizenzierten Fachgeschäften vorbehalten sein – Apotheken lehnt der Verband als Verkaufsstellen grundsätzlich ab. Sie seien „nicht geeignet, Cannabis als Genussmittel zu verkaufen, ebenso wenig wie Bier und Spirituosen“, heißt es im Eckpunktepapier. „Mit Cannabis zu Apothekenpreisen, schlechter Auswahl und schlechter Beratung wird die Legalisierung scheitern. Nur wenn die Konsumenten das Angebot annehmen, lässt sich der Schwarzmarkt verdrängen“, sagt DHV-Sprecher Georg Wurth laut einer Pressemitteilung des Verbands dazu. Auch in Supermärkte sowie an Tankstellen und Kiosken sollen Konsumenten dem Papier nach kein Cannabis zu Genusszwecken erwerben können.

Damit vertritt der Hanfverband einen anderen Standpunkt als Lütke: Sie hatte sich Mitte März im Interview mit der DAZ offen dafür gezeigt, entsprechende Verkaufslizenzen auch an Apotheken zu vergeben. Die Präsidentin der Apothekerkammer Hessen, Ursula Funke, äußerte sich skeptisch zu dieser Idee: Sie warnte davor, Apotheken zu „Edel-Drugstores“ verkommen zu lassen. „Der Charakter einer Apotheke wird sich dadurch komplett ändern“, sagte sie Ende März bei der Delegiertenversammlung der AK Hessen.

Nach dem Vorschlag des Hanfverbands sollen die Fachgeschäfte optional Konsum vor Ort anbieten dürfen, ähnlich wie die niederländischen Coffeeshops. Der Verkauf soll nur an Personen ab 18 Jahren mit Ausweiskontrolle erlaubt sein, das Personal muss dem Eckpunktepapier zufolge bezüglich Sorten, Kultur, Konsumberatung und Hilfsangeboten geschult werden. Das vollständige Papier, in dem der Verband auch zum Beispiel auf den Jugend- und Verbraucherschutz, Werbung, Marktbedingungen und die Teilnahme am Straßenverkehr eingeht, finden Sie hier.


Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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12 Kommentare

Gras hat in Apotheken nix verloren, wenn der Konsum keinen Medizinischen Hintergrund hat?

von Tim am 14.04.2022 um 0:59 Uhr

Hallo zusammen,

wollte auch mal meine 50cent dazu geben...

Aus meiner Sicht sollte es in keinem Fall in Apotheken erhältlich sein, wenn man es sich nicht aus medizinischen Gründen (mit Rezept) beschafft. Der Hintergrund ist ja auch ein komplett anderer. Bei Therapien muss THC/CBD/CBN-Gehalt bestimmten, auf den Patienten und seine Symptome abgestimmten Zusammensetzung basieren. Dies zu garantieren erforder ganz andere Art des Anbaus (CO2-Steuerung, Bakterienfreiheit, etc pp). Ähnlich verhält es sich mit medizinischem Alkohol und jenem für Genusszwecke. Die Regeln zur Reinheit sind aus gutem Grund verschieden.
Stattdessen bräuchte es entsprechende Geschäfte (siehe Norwegen) zum Verkauf von zugelassenen Rauschmitteln. Bier/Wein gibts dennoch auch im Supermarkt, alles andere im sogenannten Vinmonopolet. Dort sollten dann aber nachweislich ausgebildete Fachkräfte arbeiten, welche zu diesem Zweck geschult sind und auch als 1st Level Therapievermittlung dienen können.

So könnte ich mir das vorstellen.

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Legalisierung

von Max Braun am 11.04.2022 um 20:46 Uhr

Die Cannabis Legalisierung währe auch für die Medizin eine große Entlastung und keine weitere Belastung wie oft behauptet.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Cannabisabgabe

von Hans Lechner am 09.04.2022 um 13:03 Uhr

Ein abgeschlossenes Chemie- oder Pharmaziestudium befähigt nicht automatisch zu erweiterten Kenntnissen über die vielfältigen Wirkungen der Cannabispflanze, wie man an manchen Kommentaren hier eindrücklich sehen kann. Nach wie vor ist vorallem ein persönliches Rechercheinteresse und gegebenenfalls eigene Erfahrung eine wesentlichere Vorraussetzung dieser Kenntnisse...ob mit oder ohne Studium. Ich finde die Argumente des DHV übrigens nicht "dumm" sondern stichhaltig...Cannabis zu Genußzwecken hat in der Apotheke nichts verloren. Seltsames Völkchen, diese Apotheker.

» Auf diesen Kommentar antworten | 3 Antworten

AW: Cannabisabgabe

von Felix Maertin am 09.04.2022 um 22:06 Uhr

Ein naturwissenschaftliches Studium ist eine hervorragende Voraussetzung, um überhaupt in der Lage zu sein, die Komplexität der Cannabispflanze mit all seinen Facetten begreifen zu können.
Das Selbststudium via „YouTube“ zeigt bei Querdenkern, Esoterikern, Putin-Fan-Boys oder anderen Gruppen seine fatale Wirkung.
Wenn hierzu hochwertige Materialien zum Erwerb der Lizenzen bereit stehen und diese auch nachweislich erworben wurden (dies gilt für alle lizensierten Verkäufer), dann steht doch keinem eine Apotheke im Weg. Die medizinische Wirkung ist doch auch für Genussmenschen interessant, denn diese gibt es ja explizit bei Alkohol und Tabak nicht. Da werden natürlich Äpfel mit Birnen verglichen.
Zu den Apothekenpreisen kann ich nur sagen:
Wenn Sie auf dem Schwarzmarkt schon heute eine pharmazeutisch erstklassige Ware zu 10€/g bekommen, die zusätzlich den aktuellen Verwaltungswahnsinn, Nebenkosten und MwSt-Abgabe beinhaltet (Achtung, Widerspruch!), dann warten Sie mal, wie die Preise werden, wenn hier die Regulierungen fallen.
Will sagen -> Apotheken bieten bereits medizinisches Cannabis auf Schwarzmarktniveau an, zwar nur für deutsche Blüten, aber das wird immer mehr.

In diesem Sinne! Hoffen wir auf mehr Weitsicht bei der Politik und den Verbänden.

AW: Cannabisabgabe

von Hans Lechner am 09.04.2022 um 22:29 Uhr

Ich will Ihnen gar nicht widersprechen, dass ein naturwissenschaftliches Studium eine super Vorrausetztung ist. Mein Kommentar will lediglich darauf hinweisen, dass es den Automatismus "hat ein Studium, kennt sich also auch super mit Cannabis aus" so nicht immer unbedingt gibt. Ebenso ist die pauschale Unterstellung, jeder, der nicht unbedingt aus diesem Bereich kommt, ist Querdenker und erzählt unfundiertes Spinnerzeug ebenso eine unzulässige Verallgemeinerung. Auch wenn ich ganz bei Ihnen bin, dass es davon zuviel gibt und viele Falschinformationen im Umlauf sind.

AW: Cannabisabgabe

von Hans Lechner am 09.04.2022 um 22:35 Uhr

Und wie allseits bekannt schützt auch ein abgschlossenes Medizinstudium nicht immer vor bspw. Querdenkertum. Man sieht die Sache ist kompliziert und die Menschen sind es auch.

Starke Lobby

von Thomas Löhr am 08.04.2022 um 17:50 Uhr

Der Hanfverband mit seinen knapp 10.000 Fördermitgliedern hat wahrscheinlich ein stärkeres Gewicht als unsere Standesvertretungen, unabhängig davon, dass ich die angeführten Argumente gegen eine Abgabe in Apotheken nicht ganz teile (besonders die Apothekenpreise). Ok, ich fände jetzt einen Konsum in Apotheken auch nicht so angemessen.

Wer aber eine "fachlich fundierte" Lektüre über Cannabis für´s Wochenende sucht (besonders die Rubrik Preise bzw. Steuern), dem sei dringend das verlinkte Positionspapier empfohlen:
https://hanfverband.de/sites/default/files/cannabis_regulierung_dhv.pdf

Hanf als technische Nutzpflanze (Papier, Hanfkunststoff usw.) ist meines Erachtens hoch interessant und unterbewertet! Ich fände, dass sich der Hanfverband in diesem Bereich deutlich stärker einsetzen sollte.
... und unsere Verbäne sich mehr für unsere Belange!

Ein schönes Wochenende ... und lesen Sie das o.g. Papier, liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist wirklich ein kurzweiliges Highlight!

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Cannabis

von Rösner Elisabeth am 08.04.2022 um 9:38 Uhr

Bin als Apothekerin nicht für die Abgabe von legalisieren Cannabisprodukten durch Apotheken. Die Begründung des Hanfverbandes allerdings ist eine der dümmsten, die ich in dieser Diskussion bisher vernommen habe. Da kann man nur hoffen, dass sich hervorragend geschultes Personal für den Vertrieb von Cannabis findet. Voraussetzung sollte ein mit Promotion abgeschlossenes Chemiestudium sein.
In diesem Sinne

E. Rösner

» Auf diesen Kommentar antworten | 4 Antworten

AW: Cannabis

von Mathias Mallach am 08.04.2022 um 10:06 Uhr

Exakt mein Gedanke. Danke.

AW: Cannabis

von Andreas am 08.04.2022 um 10:22 Uhr

hahahahaha... sicher, genau so wird es kommen... im besten deutschland das es jemals gegeben hat... hahahaha...
das die apotheken die dümmsten sind hat die verbandssprecherin mehr als bewiesen als sie anmerkte apotheken würden die abgabe von cannabis übernehmen... hahahaha...
in diesem sinne, weiter so...

AW: Ebenso

von Stefan Haydn am 08.04.2022 um 17:37 Uhr

Sehe ich auch so, aber schlimmer gehts ja immer. Schon "Apothekenpreise" disqualifiziert den Verband.

Ich verzichte liebend gerne auf das Geld von Süchtigen und bin nicht scharf darauf mir neue abhängige Klientel als Dauerkunden beizuzüchten. Arzneimittelabhängigkeit ist schon schlimm genug.

AW: Cannabis

von Liam Wessel am 11.04.2022 um 16:19 Uhr

Sie haben offensichtlich nicht verstanden worum es geht. Es geht darum fachlich geschulte Mitarbeiter zu haben, die nicht nur aus dem Beipackzettel vorlesen können. Hier geht es um Erfahrung und Beratung.

Für den Verkauf ist kein Studium notwendig (wurde auch nirgendwo verlangt). Es ist allerdings notwendig die Unterschiede zwischen den Sorten erklären zu können und welchen Effekt eine Sorte haben wird.

Zu dem Kollegen mit dem folgendem Kommentar:

"Ich verzichte liebend gerne auf das Geld von Süchtigen und bin nicht scharf darauf mir neue abhängige Klientel als Dauerkunden beizuzüchten."

Der Großteil der Cannabis Konsumenten hat keinen riskanten Konsum und nutzt Cannabis als Genussmittel. Viele Jahre Prohibition haben wohl bei Ihnen Eindruck hinterlassen statt sich mit den wissenschaftlichen Fakten zu beschäftigen. Wenn sich jemand fragt, warum Cannabis nicht in Apotheken verkauft werden sollte dann sind Sie das beste Beispiel dafür.

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