Mögliche Indikationen und potenzielle Nebenwirkungen

Cannabis – mehr Risiken als Chancen?

Stuttgart - 11.03.2022, 12:45 Uhr

Die GKV gibt immer mehr für Medizinalcannabis aus – wird sein Potenzial möglicherweise überschätzt? (Foto: eight8 / AdobeStock)

Die GKV gibt immer mehr für Medizinalcannabis aus – wird sein Potenzial möglicherweise überschätzt? (Foto: eight8 / AdobeStock)


Cannabinoid-basierte Arzneimittel sind nicht neu und doch waren sie lange Zeit in Deutschland weder verordnungs- noch verkehrsfähig. Das hat sich vor fünf Jahren geändert. Schwer erkrankte Menschen haben seit März 2017 einen Anspruch auf die Versorgung mit Hanfblüten, Extrakten und Fertigarzneimitteln zulasten der GKV. Ob die Cannabismedizin tatsächlich in jedem Fall und bei jeder Indikation hilft, bleibt aber umstritten, wie Sie in der aktuellen DAZ erfahren.

Bis in die 1940er-Jahre hinein beinhalteten deutsche Pharmakopöen Monographien für ethanolische Hanfextrakte und -tinkturen. Infolge des Beitritts zur UN Single-Convention über Suchtstoffe und der nachfolgenden Novelle des Betäubungsmittelrechts entfielen Cannabinoid-basierte Rezepturen mit Listung in der Anlage I des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) als nicht mehr verkehrs- und verschreibungsfähig. Ihr Revival erlebten die Cannabis-Inhaltsstoffe Mitte der 1980er-Jahre im Kontext der AIDS-Krise, als ein Fertigarzneimittel mit Tetrahydrocannabinol (THC, Dronabinol) seitens der US-amerikanischen Zulassungsbehörde Food and Drug Administration (FDA) unter dem Handelsnamen Marinol® zur symptomatischen Therapie der Anorexie beziehungsweise Kachexie zugelassen wurde. Erst im folgenden Jahrzehnt listete der deutsche Gesetzgeber Dronabinol mit Änderung des Betäubungsmittelgesetzes 1998 in Anlage III als verkehrs- und verschreibungsfähig, die Aufnahme von Rezepturen ins NRF erfolgte im Jahr 2001, beispielsweise die öligen Dronabinol-Tropfen oder Kapseln.

Doch erst seit 2017 ist die Cannabismedizin tatsächlich in der Regelversorgung angekommen. Um eine Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) zu ermöglichen, folgten im Rahmen des „Gesetzes zur Änderung betäubungs­mit­telrechtlicher und anderer Gesetze“ Novellierungen diverser Paragrafen im Betäubungsmittelgesetz, in weiteren betäubungsmittelrechtlichen Verordnungen, im Grundstoffüberwachungsgesetz sowie im Sozialrecht mit Wirkung ab 10. März 2017. 

Statistiken aus dem System der Krankenkassen machen deutlich, dass es sich um eine dynamische Marktentwicklung mit erheblichen Zuwachsraten handelt: Laut Analysen der GKV-Arzneimittel-Schnellinformation (GAMSI) betrug der Bruttoumsatz rund 27 Millionen Euro in 2017, 73,5 Millionen in 2018, 123 Millionen in 2019 sowie 165 Millionen in 2020. Für das vergangene Jahr könnten die prognostizierten Ausgaben bei mehr als 170 Millionen Euro liegen, basierend auf den GAMSI-Daten der ersten drei Quartale 2021.



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