BGH legt Urteilsgründe vor

Warum das E-Bike-Gewinnspiel von DocMorris unzulässig war

Berlin - 18.02.2022, 10:45 Uhr

Der Bundesgerichtshof hält die im Jahr 2015 durchgeführte Gewinnspiel-Aktion des niederländischen Arzneimittelversenders DocMorris für unzulässig. (c / Foto: IMAGO / Steinach)

Der Bundesgerichtshof hält die im Jahr 2015 durchgeführte Gewinnspiel-Aktion des niederländischen Arzneimittelversenders DocMorris für unzulässig. (c / Foto: IMAGO / Steinach)


Verstoß gegen das Preisrecht 

Interessant ist auch die abermals klare Aussage, dass die Werbung mit der Veranstaltung eines Gewinnspiels zur Förderung des Verkaufs von Rx-Arzneimitteln nicht nur als Ankündigung einer unzulässigen Werbegabe (§ 7 Abs. 1 Satz 1 HWG), sondern auch als Verstoß gegen das Arzneimittelpreisrecht verboten werden kann – und zwar sowohl nach dem 2015 noch geltenden „alten“ Recht (als die Preisbindung für EU-Versender noch in § 78 Abs. 1 Nr. 4 Arzneimittelgesetz geregelt war) als auch nach der seit Dezember 2020 geltenden Rechtslage (Preisbindung im SGB V). Davon war auch schon die Vorinstanz ausgegangen. 

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Zwar hatte der EuGH im Oktober 2016 befunden, dass § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG alter Fassung als Verstoß gegen die Warenverkerhsfreiheit europarechtswidrig ist, soweit damit ein absolutes Verbot eines Preiswettbewerbs für eine EU-ausländische Versandapotheke geregelt wird. Diese Beurteilung, so der BGH, „beruhte allerdings maßgeblich auf ungenügenden Feststellungen des vorlegenden Gerichts. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass in anderen Verfahren, in denen die Frage der Vereinbarkeit des deutschen Arzneimittelpreisrechts mit dem Primärrecht der Europäischen Union in Streit steht, diese Feststellungen nachgeholt werden können, sodass ein erneutes Vorabentscheidungsersuchen in Betracht kommt.“ Es müsste dafür vorgetragen werden, dass die Rx-Preisbindung geeignet ist, eine flächendeckende und gleichmäßige Arzneimittelversorgung zu sichern – was einen Verstoß gegen die Warenverkehrsfreiheit rechtfertigen könne.

Gewinnspielverbot verstößt nicht gegen Warenverkehrsfreiheit

Im hier vorliegenden Fall des Gewinnspiels gehen die Richter aber gar nicht von einem absoluten Preiswettbewerbsverbot für die Niederländer aus – § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG alter Fassung schränke hier nämlich gerade nicht die Warenverkehrsfreiheit ein. Vielmehr handele es sich mit Blick auf das Gewinnspiel um eine bloße Verkaufsmodalität, die nicht geeignet sei, den Waren von DocMorris den Zugang zum deutschen Markt stärker zu versperren oder behindern als inländischen Erzeugnissen.

Und auch nach der mit dem Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz erfolgten Verankerung der Rx-Preisbindung in § 129 SGB V sei das Gewinnspiel als wettbewerbsrechtlich unzulässig zu qualifizieren. Hier gelte ebenfalls: Da es um eine bloße Verkaufsmodalität gehe, werde nicht gegen die Warenverkehrsfreiheit verstoßen.

Wer das Urteil in voller Länge studieren möchte, findet es hier: Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18. November 2021, Az.: I ZR 214/18



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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