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Corona-Impfungen in der Apotheke
Anstellung von Ärzten nicht ohne Genehmigung der Aufsichtsbehörde
Der Impfvorgang kann innerhalb der Apotheke ausschließlich an hierfür geschultes approbiertes Personal delegiert werden. Um mögliche Zeitlücken bei der Personaleinsatzplanung zu schließen, ist es nach Aussage der ABDA nicht ausgeschlossen, einen Arzt oder eine Ärztin zur Durchführung der Impfung anzustellen. Rechtlich unproblematisch ist das nicht – eine Abstimmung mit der Aufsichtsbehörde sollte in jedem Fall stattfinden. Wir erläutern die Hintergründe.
Die Änderung des Infektionsschutzgesetzes eröffnet geschulten Apothekerinnen und Apothekern die Möglichkeit, gegen COVID-19 zu impfen. Eine Delegationsmöglichkeit auf Hilfspersonal, wie sie bei den Ärzten besteht, 1 gibt es in den Apotheken nicht. 2 Eine solch „strenge“ Auslegung ergibt sich aus der Tatsache, dass Ausnahmetatbestände eng auszulegen sind und ließe sich wohl auch inhaltlich gut damit begründen, dass bereits der Aufbau der Erlaubnisnorm für Apotheker davon ausgeht, dass diese im Regelfall zunächst geschult werden müssen. Als „Novize“ ohne übermäßige praktische Erfahrung die Durchführung der Impfung sodann auf Hilfspersonal zu übertragen, würde die Grundidee der ärztlich geleiteten Schulungen („Expertenschulung“) ebenso ad absurdum führen wie die Pflicht, die Eignung des Hilfspersonals für die zu delegierende Tätigkeit qualifiziert zu beurteilen. Zudem kann sich aufgrund der Neuheit der Leistung in der Apotheke eine „geübte Praxis“ noch nicht etabliert haben. Vielmehr wird es regelmäßig dem Standard entsprechen, dass es die hierzu geschulten Apotheker:innen sind, die die Impfungen durchführen. Insofern droht im Falle der Delegation der Durchführung der Impfung eine Standardunterschreitung (Behandlungsfehler).
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Vorbereitende und unterstützende Tätigkeiten durch nicht-approbiertes Personal hingegen dürften auch bei Corona-Schutzimpfungen zulässig sein, 3 da in dieser Hinsicht qualitativ keine erkennbaren Unterschiede zur Grippeschutzimpfung bestehen. 4 Eine Grenze der Unterstützungsmöglichkeit ist sodann wieder mit dem Teil der Anamnese erreicht, der die Prüfung der Indikation der Impfung ermöglichen soll. Auch die Aufklärung und Beratung gelten als nicht delegierbar, sie sind sogenannte höchstpersönliche Leistungen. Zudem sollte beachtet werden, dass über die Delegation von Teilleistungen Schnittstellen entstehen und Schadensereignisse wahrscheinlicher werden, für die der Apothekeninhaber einzutreten hat. Nur weil etwas rechtlich möglich ist, sollte man dies nicht unbedingt als Empfehlung sehen.
1 Vgl. Bundesärztekammer, Persönliche Leistungserbringung – Möglichkeiten und Grenzen der Delegation ärztlicher Leistungen, S. 8.
2 So auch Pfeil/Pieck, ApBetrO, 15. EL 2021, § 1a, Rn. 182j für Grippeschutzimpfungen.
3 Vgl. BAK, Leitlinie: Durchführung von Grippeschutzimpfungen in öffentlichen Apotheken, S. 4 für Grippeschutzimpfungen.
4 Z. B. Ermittlung des Impfstatus, Terminvergabe, Aushändigen von Informationsmaterial und Aufklärungsbögen, Abfragen, ob Fragen bestehen, die ggf. mit der/dem Approbierten zu klären sind, Vorbereiten der Dokumentation im Impfpass sowie Vorlage zur Unterschrift, usw.
Impfung durch „apothekenfremdes Personal“
Die amtliche Begründung zur Coronavirus-Impfverordnung weist ausdrücklich auf die Möglichkeit hin, dass auch Ärzte zwecks Durchführung von Impfungen in der Apotheke herangezogen werden können. 5 Doch auch ein solches Vorhaben ist risikobehaftet. Bedenken Sie, dass wir uns im Zusammenhang mit der Durchführung der Impfung in der Apotheke gedanklich wieder mit dem Apothekenrecht auseinandersetzen müssen. Wer in einer Apotheke was darf, ist dort genau geregelt, wobei das Personal im Kern in zwei Kategorien eingeteilt wird: pharmazeutisches und nicht-pharmazeutisches Personal. Sowohl Ärzte als auch MTA sind unzweifelhaft nicht-pharmazeutisch und dürfen damit faktisch kaum etwas in der Apotheke tun, insbesondere ist es ihnen verboten pharmazeutische Tätigkeiten durchzuführen. Namentlich problematisch wäre in diesem Zusammenhang, dass das eingesetzte medizinische Personal in den Räumlichkeiten nicht zu den eingesetzten Vakzinen als Arzneimittel informieren oder beraten dürfte (vgl. § 1a Abs. 3 Nr. 4 ApBetrO). Dieses Phänomen, dass an sich hierfür qualifiziertes Personal entsprechende Tätigkeiten zwar außerhalb der Apotheke, aber nicht innerhalb dieser Struktur durchführen darf, wäre keineswegs neu. Bekanntermaßen dürfen PKA im Einzelhandel (vgl. § 50 AMG) über Arzneimittel informieren und diese abgeben, nicht jedoch in der Apotheke.
Vorliegend würde dieses Verbot für den Arzt zu einer Kollision mit den behandlungsrechtlichen Informations- und Aufklärungspflichten des Impfenden führen. Man könnte sich damit die Frage stellen, ob der Gesetzgeber mit der Ausnahmeregelung in § 20b IfSG die Impfung gegen SARS-CoV-2 somit zu einer dem Apotheker vorbehaltenen pharmazeutischen Tätigkeit gemacht hat. Dann wäre die Durchführung als Ganzes durch einen Arzt oder einen MTA in der räumlichen Struktur der Apotheke in jedem Fall unzulässig.
Wahrscheinlicher ist allerdings, dass man Impfungen seit Einführung der Modellvorhaben zur Grippeschutzimpfung sowie der Corona-Impfungen in der Apotheke in Ermangelung eines Warencharakters im Zweifel als „apothekenübliche“ Dienstleistung im Sinne des § 1a Abs. 11 ApBetrO ansehen sollte. 6 Da sich die behandlungs- und apothekenrechtlichen Informations- und Beratungspflichten zu Arzneimitteln zwar ähneln, nicht aber zwingend identisch sind, könnte die unzulässige Ausübung einer pharmazeutischen Tätigkeit zudem entbehrlich sein. Doch auch die solitäre Zuordnung der Impfung zu den apothekenüblichen Dienstleistungen dürfte andere Berufsgruppen aus der Perspektive der Apothekenaufsicht ausschließen. Denn ein Arzt, der Dienstleistungen in einem arbeitsrechtlichen Über-Unterordnungs-Verhältnis zum Apotheker erbringt, ist zunächst einmal alles andere als „üblich“. Ganz im Gegenteil: Dies würde die seit den Konstitutionen von Melfi geschaffene Trennung der Berufsbilder samt der seither etablierten strickten (wirtschaftlichen) Kooperationsverbote aufheben. Insbesondere relevant sind hier das Apothekenrecht sowie das ärztliche Berufsrecht.
5 2-VO_CoronaImpfV-TestV-AEndV_RefE, S. 15.
6 Für pharmazeutische Dienstleistungen, die ggf. eine weite Auslegung von § 1a Abs. 11 ApBetrO erfordern, vgl. Pfeil/Pieck, ApBetrO, 15. EL, § 1a, Rn. 185b.
Rechtsgeschäfte mit Ärzten sind untersagt
Gemäß § 11 Abs. 1 ApoG ist es dem Erlaubnisinhaber der Apotheke untersagt, Rechtsgeschäfte mit anderen Personen, 7 die sich mit der Behandlung von Krankheiten befassen, vorzunehmen, welche auf die Zuführung von Patienten abzielen. Doch eben dies wäre offenkundig der Zweck der einzugehenden Zusammenarbeit. Der angestellte Arzt stelle die „Impfkapazität“ des Inhabers dar oder vergrößere diese, sodass mehr Impflinge die vergütungsauslösende Impfung in der Apotheke erhalten könnten. Auch findet denknotwendig eine Zuführung innerhalb der apothekerlichen Struktur in Richtung des Arztes statt, da der Zuführungsbegriff auch vertragliche Kooperationen erfasst. 8 Verwoben damit kommen zudem wettbewerbsrechtliche Fragen auf, da die wahrgenommene Qualität der Leistung mit Anstellung eines Arztes im Empfängerhorizont des Patienten ansteigen könnte.
Eine Ausnahme von den strengen apothekenrechtlichen Kooperationsverboten obläge der Verantwortung des Gesetzgebers (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 1 ApoG). Doch nicht einmal die SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung beinhaltet eine entsprechende Abweichung. Insofern dürften die Aufsichten jedenfalls argwöhnisch reagieren, da es nur schwer zu überwachen wäre, ob nicht auch andere Behandlungsleistungen durch den Arzt vor Ort erbracht würden – gegebenenfalls inklusive einer unzulässigen Rezeptzuweisung. Spätestens an diesem Punkt droht nicht nur ein Verstoß gegen das Apothekengesetz, sondern zudem gegen die Strafnormen §§ 299a/b StGB.
Von der ärztlichen Seite aus betrachtet, wäre eine Zusammenarbeit gemäß § 29a Abs. 2 der Musterberufsordnung für Ärzte allenfalls gestattet, sofern die Zuständigkeiten klar voneinander getrennt wären. Die Leistung der Apotheke bestünde insofern darin, eine überwiegend eigenständige ärztliche Leistung anzubieten. Dies scheint möglich, wäre allerdings nachzuweisen, und abermals wenig „apothekenüblich“, da die Überwachung und Unterweisung in Bezug auf die erforderliche Sorgfalt gemäß § 3 Abs. 1 ApBetrO dem Inhaber obliegen. Einer solchen Kontrollfunktion könnte er in Bezug auf den Arzt (fachlich) kaum gerecht werden.
Auch im Wege der teleologischen Auslegung erhält man kein abweichendes Ergebnis. Denn das Ziel, die Apotheken in die Impfkampagne einzubeziehen, ist die zahlenmäßige Vergrößerung des Impfangebotes. Ärzte – auch bereits pensionierte – konnten und sollten bereits zuvor in Impfzentren, Impfteams etc. aushelfen. Diese Ärzte nun in der Apotheke anzustellen, würde das Angebot insofern kaum positiv beeinflussen. Sofern die amtliche Begründung dennoch ausdrücklich auf diese Möglichkeit hinweist, 9 ist darauf hinzuweisen, dass eine solche Gestaltung der Versorgungsstrukturen kaum von der Verordnungsermächtigung getragen scheint und dass die Umsetzung dessen sodann lediglich zu einem Vergütungsanspruch gegenüber dem Bund führte. Nicht garantiert ist damit hingegen, dass die apothekenrechtliche Aufsicht oder die Ärztekammern das Vorhaben (dauerhaft) tolerieren. Eine amtliche Begründung wirkt äußerst schwach gegenüber den zuvor benannten Gesetzes- und Verordnungsnormen sowie deren etablierter Auslegung.
7 Insbesondere, aber nicht ausschließlich sind damit Ärzte gemeint. Vielmehr fallen aufgrund der Formulierung auch Zahn-/Tierärzte oder Heilpraktiker hierunter.
8 Vgl. Schloßer, in: Rieger/Dahm/Katzenmeier/Stellpult/Ziegler, Arztrecht, Krankenhausrecht, Medizinrecht, 85. Update 3/2021, cc) Bevorzugung bei der Abgabe oder der Verordnung…,Rn. 42.
9 2-VO_CoronaImpfV-TestV-AEndV_RefE, S. 15.
MTA dürfen nicht in Apotheken impfen
Die Einstellung der MTA scheitert im beschriebenen Gedankengang am Fehlen eines Arztes in der Apotheke. Denn während ein Arzt Impfungen an MTA delegieren darf, ist eine Delegationsmöglichkeit der Kernleistungen der Impfung für Apotheker im Gesetz eben nicht vorgesehen – egal an wen. Potenziell missverständlich ist in diesem Zusammenhang die Anmerkung des Verordnungsgebers, dass auch andere gemäß § 20b IfSG ärztlich geschulte Personen für eigenständige Impfungen in der Apotheke eingesetzt werden können. 10 Hieraus könnte man unzulässigerweise nicht nur auf die Möglichkeit der eigenverantwortlichen Impfung durch MTA, sondern auch etwa durch PTA schließen. Doch auch dieser Gedanke geht fehl. Denn wollte man lediglich auf die Schulung gemäß § 20b Abs. 2 IfSG als Qualifikationsmerkmal für „jedermann“ heraus, so hätte ein Verweis des Verordnungsgebers speziell hierauf erfolgen müssen. Ein solcher findet sich allerdings nicht. Vielmehr wird allgemein auf die Impferlaubnis gemäß § 20b IfSG verwiesen, sodass aufgrund der Verbindung zwischen Berufsqualifikation (Apotheker, Zahnärzte, Tierärzte) und der auf diese Berufsgruppen ausgerichteten Schulungen mit „weiteren Personen“ denknotwenig lediglich geschulte Vertreter dieser Berufsgruppen gemeint sein können. 11 Denn für andere Berufsgruppen definiert § 20b IfSG keine Schulungen. Zudem würde die „weite“ Auslegung der CoronaImpfV dazu führen, dass entgegen den gesetzlichen Vorgaben das Kollektiv der potenziell Impfenden erweitert würde, was über den Auslegungsgrundsatz „höherrangiges Recht schlägt niedrigrangigeres Recht“ schlicht abzulehnen wäre.
Genehmigung der Aufsichtsbehörde einholen
Aber auch im Falle der gegenständlichen Frage gilt: Im Zweifel sollten Sie versuchen, sich Ihr Vorhaben von der Aufsicht genehmigen zu lassen. Denn hinderlich ist hier im Wesentlichen das Apothekenrecht. Aber auch der Arzt sollte zwingend mit seiner Kammer die berufsrechtlichen Aspekte klären.
Alternativ können Sie überlegen, ob es nicht eine Möglichkeit wäre, dem Arzt Räumlichkeiten, z. B. außerhalb der Öffnungszeiten der Apotheke, zu vermieten. Dieser agiert dann als selbstständiger Arzt. Dieses Modell erscheint weitestgehend unproblematisch.
10 2-VO_CoronaImpfV-TestV-AEndV_RefE, S. 15.
11 Gegen die Einbindung/Einstellung von Zahn- und Tierärzten bestehen vergleichbare Bedenken, wie zuvor für den ärztlichen Berufsstand beschrieben.
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