Beratung zur Diclofenac-Abwasser-Problematik

Umweltgerechter Umgang mit Voltaren-Schmerzgel und Co.

Stuttgart - 14.01.2022, 07:00 Uhr

Vielleicht sollte der Voltaren-Hersteller GSK erwägen, sein „Voltaren Schmerzgel mit Komfort-Applikator“ als Umwelt-Applikator zu bewerben? Denn besonders das Händewaschen erscheint aus Umweltaspekten problematisch. (Foto: GSK)

Vielleicht sollte der Voltaren-Hersteller GSK erwägen, sein „Voltaren Schmerzgel mit Komfort-Applikator“ als Umwelt-Applikator zu bewerben? Denn besonders das Händewaschen erscheint aus Umweltaspekten problematisch. (Foto: GSK)


Angesichts des Klimawandels werden Menschen immer empfänglicher für Umweltthemen. Auch Arzneimittel werden zunehmend hinsichtlich ihres ökotoxischen Potenzials bewertet. Doch was heißt das für den Praxisalltag? Die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) gibt nun praktische Hinweise zum Umgang mit Diclofenac-Gel. Gibt es auch umweltfreundliche Alternativen zum Gel?

Dass Arzneimittelabfälle nichts in der Toilette zu suchen haben und dennoch beispielsweise Diclofenac im Trinkwasser ein Problem ist, dürfte Apotheker:innen bereits bekannt sein. Schon 2019 hat die Arzneimittelkommission der schwedischen Region Gävleborg vor der Anwendung von Diclofenac-Gel abgeraten – aufgrund von Umweltrisiken. Bei der Umweltbewertung von Arzneimitteln werden die Arzneimittelkommissionen in Schweden durch eine frei verfügbare Arzneimittel- und Umweltdatenbank unterstützt. 

Jetzt informiert auch die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) über die Ökotoxizität von Diclofenac – und gibt Hinweise zum verantwortungsbewussten Umgang mit entsprechenden Präparaten aus der Apotheke. 

Wie die AMK informiert, ist in Deutschland das Umweltbundesamt (UBA) mit der Bewertung und Vermeidung von Umweltrisiken durch Arzneimittel betraut. Eine Auswertung des UBA aus den Jahren 2009 bis 2011 habe zum Beispiel auffallend hohe Konzentrationen des nicht-steroidalen Antirheumatikums Diclofenac in der Umwelt gezeigt. Die Ökotoxizität von Diclofenac sei bereits in (Labor-)Studien zu Leber- und Nierenschäden bei Geiern und Regenbogenforellen nachgewiesen beziehungsweise dokumentiert worden. 

Während Diclofenac nach oraler Aufnahme zu einem großen Teil verstoffwechselt werde, gelange es nach topischer Anwendung verstärkt ins Abwasser – vor allem, wenn direkt nach der Applikation die Hände gewaschen werden. In Kläranlagen könne Diclofenac mit den derzeit gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren der Abwasserbehandlung nur teilweise eliminiert werden, heißt es.

Pharmazeutisches Personal soll umweltbewussten Umgang stärken 

Die AMK ist nun der Auffassung, dass das pharmazeutische Personal in Apotheken durch angemessene Beratung das Verständnis der Patient:innen zum verantwortungsvollen, umweltbewussten Umgang mit Diclofenac-haltigen (OTC-)Arzneimitteln zur topischen Anwendung verbessern kann. Dabei empfiehlt sie folgende Hinweise:

  • „Grundsätzlich soll nur die zur einzelnen Anwendung nötige Menge entnommen und aufgetragen werden.
  • Nach Auftragen sollten die Hände zuerst mit einem Tuch abgewischt werden, das im Restmüll entsorgt werden sollte. Erst im Anschluss sollten die Hände dann mit Wasser abgespült werden.
  • Ein Waschen der Hautpartie, auf der das Gel angewendet wurde, sollte erst nach ausreichender Einwirkzeit erfolgen.
  • Restmengen des Arzneimittels sowie das Primärpackmittel sind ausschließlich über den Restmüll und nicht über das Abwasser zu entsorgen.“

Besondere Wischtechnik sollte beachtet werden

Damit das „Wischen“ besonders effektiv ist, soll laut einer von GSK finanzierten Studie (Hersteller von Voltaren) eine besondere Wisch- und Falttechnik des Tuchs berücksichtigt werden. Manchem Apotheker, mancher Apothekerin und wohl besonders auch Kund:innen, könnte diese Technik für den Alltag als zu kompliziert erscheinen. Zudem stellt der Hersteller ein Video mit Tipps zur verantwortungsvollen Anwendung und Entsorgung zur Verfügung. 

               

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Arzneimittel allgegenwärtig

Vielleicht sollte der Voltaren-Hersteller erwägen, sein „Voltaren Schmerzgel mit Komfort-Applikator“ als Umwelt-Applikator zu bewerben. Im Beratungsalltag könnte jedenfalls seine Empfehlung als Einstieg in ein Beratungsgespräch über die Umweltproblematik dienen. Auch Schmerzpflaster benötigen bei richtiger Anwendung keine aufwändige Wischtechnik – und sind eventuell sogar effektiver als das „Schmieren“.



Deutsche Apotheker Zeitung / dm
redaktion@daz.online


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