Schwedische Ärzte warnen

„Diclofenac-Gel – kleiner Nutzen für Patienten, großer Schaden für die Umwelt“

Stuttgart - 10.01.2019, 15:25 Uhr

Schmieren statt schlucken: Diclo-Gele sind beliebt. ( r / Foto:                                 
                                        


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Schmieren statt schlucken: Diclo-Gele sind beliebt. ( r / Foto: supaleka /stock.adobe.com)


Die Arzneimittelkommission der schwedischen Region Gävleborg rät von der Anwendung von Diclofenac-Gel ab. Der Nutzen sei sehr beschränkt, vor allem aber sei es schädlich für die Umwelt, erklärt der Vorsitzende der Kommission gegenüber der Zeitung „Hela Hälsingland.“ Seit der Jahrtausendwende ist das NSAR in Schweden als Umwelttoxin eingestuft. Auch in Deutschland gehört es zu den Arzneistoffen, die aus Umweltsicht als besonders problematisch eingestuft werden.

Diclofenac-Schmerzgele gehören zu den populärsten OTC-Präparaten. Allen voran Voltaren, das erst vor kurzem seinen Titel als Marke des Jahres im OTC-Bereich verteidigte. Nicht nur in Deutschland erfreut sich das topische NSAR offenbar großer Beliebtheit, auch in Schweden ist das beispielsweise der Fall – noch. Denn die Arzneimittelkommission der schwedischen Region Gävleborg hat eine Warnung ausgesprochen. In der Zeitung „Hela Hälsingland“ erklärt der Vorsitzende Allgemeinmediziner Björn Ericsson: „Wir raten von der Anwendung ab, der Nutzen ist sehr begrenzt. Vor allen ist es aber gefährlich für die Umwelt.“  Er ist überzeugt, dass die Anwender, wenn sie wüssten, welche Umweltrisiken Diclofenac-Gele mit sich bringen, die Präparate nicht mehr kaufen würden.

Die Schlagzeile in der schwedischen Zeitung.

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Viel wird abgewaschen

Doch was genau ist das Problem? Diclofenac gehört zu den Arzneistoffen, die ein erwiesenermaßen hohes Potential haben, Umweltorganismen zu schädigen. Konkret kann das NSAR Nierenschäden bei Fischen hervorrufen. Zudem gelangen die Rückstände auch in die Nahrungskette. In das Abwasser gelangt der Wirkstoff zwar auch, aber nicht hauptsächlich über unsachgemäß entsorgte Arzneimittel,  sondern vielmehr über die Ausscheidungen der Anwender. Rund 60 Prozent des Wirkstoffs gelangen durch dadurch ins Abwasser, und trotz moderner Klärtechnik ist es bis dato nicht möglich, diese Rückstände zu entfernen. Bei topischen Formulierungen ist der Anteil, der unverändert ins Abwasser gelangt, noch größer. Laut Ericson, werden nur 4 Prozent über die Haut aufgenommen, der Rest wird abgewaschen. Folglich sei die Wirkung gering, die Umweltbelastung aber groß.

GSK-Expertin: Schwierig, Alternativen zu empfehlen

Die schwedische Zeitung hat Hersteller GlaxoSmithKline mit den Vorwürfen konfrontiert. Die Firma weist sie zurück. Das Präparat sei in Schweden und international zugelassen mit gut dokumentierter Wirkung. In einem Kommentar für die Zeitung schreibt die Ärztin Helena Bladh, die als Sachverständige für die Firma tätig ist, dass es hinsichtlich des Umwelteinflusses von Arzneimitteln heutzutage schwierig sei, Alternativen zu empfehlen. Der ökologische Fußabdruck sei nicht immer abschließend bewertet. Das mache es für den Patienten schwierig, eine informierte Entscheidung zu treffen, erklärt sie. Um Arzneimittel nachhaltig anzuwenden – für den Patienten und die Umwelt –  sollte immer die richtige Dosis zum Einsatz kommen und zwar nicht länger und häufiger als notwendig. Reste sollten immer in die Apotheke zurückgebracht werden, so die Expertin.


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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3 Kommentare

Arzneimitte-Rückgabe

von Antje am 05.09.2019 um 8:03 Uhr

Seit Jahrzehnten ärgere ich mich über dieses Problem. Der Schwerpunkt liegt allerdings in der Tatsache, dass bis heute nichts geschehen ist.

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Arzneimittelrückgabe

von Simone am 21.05.2019 um 21:00 Uhr

Ich kann Leah's Aussage nur bestätigen!
Man sagte mir mit einer Sammlung alter/abgelaufender oder auf Grund von Gesundung nicht mehr benötigter Medis: können wir entsorgen, aber auch wir können es nur in der grauen Mülltonne entsorgen. Läuft bei denen nicht anders. Ist somit auch nicht sicherer vor Kindern geschützt. Ich frage mich, wie man dann zu der Vermutung kommt, dass die Apotheken dies anders können??? Dazu hätte ich gerne mal von den Verantwortlichen eine öffentliche Erklärung.
Wieder nur mehr Schein als sein? Jede Plastikflasche ist besser organisiert.
Ab sofort fliegt es in den Hausmüll. Natürlich bringe ich wirklichen Problemmüll zu den Abfallhöfen.
Mir hilft das Diclo-Gel als Rheumatikerin und kann nicht einfach so darauf verzichten. Sicherlich muss man das nicht bei jeden blauen Fleck oder Prellung verwenden (Nutzen-Risiko-Abwägung!!!!), aber bei langfristigen Entzündungen?! Ich bleib dabei. Latschenkiefer oder Arnika hilft alleine nicht immer.

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Arzneirückgabe in Apotheken

von Leah am 17.05.2019 um 8:01 Uhr

Fehlanzeige. Jede Apotheke, der ich meine Arzneireste geben wollte, sagte, ich soll diese über den Hausmüll entsorgen.

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