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Praktische Tipps zur COVID-19-Impfung in den Apotheken
Kemmritz: „Das Impfmanagement wird wichtiger sein als alles andere“
Was müssen Apotheken beachten, die gegen COVID-19 impfen wollen? Darüber sprachen am gestrigen Mittwochabend die Präsidentin der Apothekerkammer Berlin, Kerstin Kemmritz, und der Managementberater Thomas Ertner bei einer Informationsveranstaltung der Kammer. Im Fokus standen dabei vor allem organisatorische Prozesse in den Apotheken.
Dass Apotheken schnell, effizient und ohne viele Verwürfe gegen COVID-19 impfen, wird nur mit einem ausgefeilten Impfmanagement möglich sein. In diesem Punkt sind sich die Präsidentin der Apothekerkammer (AK) Berlin, Kerstin Kemmritz, und der Managementberater Thomas Ertner einig. Bei einer Informationsveranstaltung der Kammer gaben sie Tipps, worauf impfwillige Betriebe bei der Organisation achten sollten.
Zwar ist die entsprechende Änderung des Infektionsschutzgesetzes bereits seit dem 12. Dezember wirksam – eine ebenfalls erforderliche Anpassung der Coronavirus-Impfverordnung (ImpfV) steht allerdings noch aus. Darin wird das Bundesministerium für Gesundheit die Details regeln und auch eine Vergütung für die Apotheken festlegen. In die Planung können die Inhaber:innen aber dennoch schon einsteigen – denn die Beteiligung an der Impfkampagne will gewissenhaft organisiert sein, um Stress, Stau im Patientenstrom und unnötige Verwürfe zu vermeiden. „Das Impfmanagement wird wichtiger sein als alles andere“, sagte Kemmritz.
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Grundsätzlich gilt: Apotheker:innen, die impfen wollen, müssen vorab an einer Schulung teilnehmen. Wer bereits einen Kurs zur Grippeimpfung besucht hat, kann sofort loslegen, darf aber dem Gesetz zufolge nur Erwachsene impfen. Künftig soll es auch Schulungen speziell für die COVID-19-Impfung geben. Nach der Teilnahme ist es den Approbierten gestattet, auch Kinder und Jugendliche ab einem Alter von zwölf Jahren zu immunisieren, auch wenn das Curriculum im Vergleich zur Schulung für die Grippeimpfung deutlich abgespeckt sein wird. Einen Entwurf hat die Bundesapothekerkammer (BAK) der Bundesärztekammer (BÄK) bereits vorgelegt, berichtete Ertner. Nun ist die BÄK am Zug und muss grünes Licht geben.
Zusammensetzen wird sich die Schulung nach Vorgaben der BAK aus drei Teilen, von denen jeder etwa 1,5 Stunden beanspruchen wird: Die Theorie können sich Apotheker:innen online aneignen, hierfür wird die BAK ein Schulungsvideo bereitstellen. Die Praxis erlernen sie ärztlich begleitet, Teil drei konzentriert sich auf Notfallmaßnahmen bei Impfreaktionen. In Berlin, verriet Kemmritz, sei angedacht, Praxis und Erste Hilfe in den Impfzentren zu lehren. So könnten zwei Gruppen gleichzeitig geschult werden, die nach den erforderlichen 1,5 Stunden die Stationen tauschen. Abschließend geklärt sei das aber noch nicht.
Infrastruktur und Patientenstrom
Darüber hinaus benötigen die Apotheken geeignete Räumlichkeiten mit entsprechender Ausstattung. Konkretes wird mit dem Curriculum festgelegt. Sind diese Voraussetzungen erfüllt und ist die Änderung der ImpfV in Kraft getreten, können die Betriebe losimpfen und brauchen keine spezielle Genehmigung von der Kammer oder einer anderen Stelle mehr, betonte Ertner. Vorab sollten sich interessierte Inhaber:innen aber über folgende Punkte Gedanken machen:
Die Infrastruktur
Auch wenn die Detailregelungen noch ausstehen, geht Kemmritz davon aus, dass viele Anforderungen an Räumlichkeiten und Ausstattung analog sein werden zu jenen, die aus den Modellprojekten zur Grippeimpfung in den Apotheken bekannt sind. Dann bräuchten Apotheken einen separaten Raum für Aufklärungsgespräch und Impfung, der vom HV aus begehbar sein muss. In den Modellvorhaben darf dieser Bereich nicht einsehbar sein, ob das auch bei der COVID-19-Impfung nötig sein wird, bleibe allerdings abzuwarten. Denn auch in den Impfzentren sei diese Anforderung oftmals nicht erfüllt.
Im Impfraum selbst wird wohl eine Sitzgelegenheit sowie Platz für eine Liege für Notfälle nötig sein, vermutet die Kammerpräsidentin. Zudem muss es einen Bereich geben, in dem sich die Geimpften noch für 15 Minuten aufhalten können, um die Nachbeobachtungszeit zu gewährleisten.
Der Patientenstrom
Ertner rät davon ab, für alle Teilstationen – Aufklärung, Impfung und Nachbeobachtung – nur einen Raum einzuplanen. Dadurch entstünden unnötige Staus im Patientenstrom, warnte er. Für das Aufklärungsgespräch veranschlagt er im Durchschnitt 10 Minuten, die Impfung selbst werde inklusive Dokumentation etwa 3 Minuten in Anspruch nehmen, die Nachbeobachtungszeit schlage mit 15 Minuten zu Buche. Er gab zu bedenken, ob es eventuell sinnvoll wäre, die Impfungen nicht im laufenden Betrieb, sondern nach Ladenschluss anzubieten. Dann sei es zum Beispiel möglich, im HV separate Bereiche für die Teilstationen zu schaffen, wobei die Sitzgelegenheiten für die Nachbeobachtungszeit wohl am meisten Raum benötigten.
Um die Effizienz zu erhöhen, sei zu überlegen, ob nicht gleich mehrere Mitarbeitende für die Aufklärungsgespräche eingeteilt werden könnten. Sonst entstünden mit Blick auf die benötigte Zeit zwangsweise Leerlaufzeiten beim impfenden Personal. Sei nur eine Person für die Aufklärung zuständig und gehe man von den oben genannten 10 Minuten je Gespräch aus, könnten folglich nur sechs Menschen pro Stunde geimpft werden, während der oder die Impfende theoretisch bis zu 20 Impflinge bedienen könnte.
Aufziehen der Spritzen, Impfstoff und Zeitplan
Das Aufziehen der Spritzen
Ein wichtiger Unterschied zur Grippeimpfung ist, dass bei der Impfung gegen COVID-19 die Spritzen vor Ort selbst aufgezogen werden müssen. Bekanntermaßen ist das nicht ganz trivial: Die mRNA in Comirnaty (Biontech/Pfizer) und Spikevax (Moderna) ist erschütterungsempfindlich. Zudem sind angebrochene Vials nur wenige Stunden haltbar. Was in eine Spritze aufgezogen wurde, muss sofort (innerhalb einer Stunde) verimpft werden. Schulungsvideos stellen unter anderem die Apothekerkammer Westfalen-Lippe und die Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung bereit.
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Anders als Teilschritte, bei denen die Impflinge anwesend sein müssen, kann das Aufziehen laut Ertner zum Beispiel auch im Labor erfolgen. Allerdings ist das aus seiner Sicht ein weiterer Grund, das Impfen in die Mittagspause oder die Zeit nach Ladenschluss zu legen. Denn dann dürfte in vielen Apotheken das Herstellen von Rezepturen nicht möglich sein. „Wir müssen uns davon verabschieden, dass wir alle Leistungen immer sofort im laufenden Betrieb erbringen können“, kommentierte Kemmritz.
Der Impfstoff
Im Zusammenhang mit dem Aufziehen müssen sich impfwillige Apotheken eine weitere Frage stellen: Welchen Impfstoff können und wollen sie verimpfen? Die kurzen Haltbarkeiten nach Anbruch machen spontane Entscheidungen praktisch unmöglich, die Zahl der zu impfenden Menschen muss vorab feststehen – und auch, dass sie für den jeweils angebotenen Impfstoff die geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten sind. So wird etwa vom Einsatz von Spikevax bei Personen unter 30 Jahren abgeraten. Sie zeitgleich mit Impflingen einzuladen, die das Präparat von Moderna bekommen sollen, könnte zu praktischen Problemen führen.
Hat eine Apotheke allerdings genug Kapazitäten, mehrere Impfstoffe parallel zu verimpfen, bietet es sich an, die verschiedenen Vakzinen in den zum Teil unterschiedlichen Dosierungen (Grundimmunisierung und Auffrischimpfung bei Moderna, Kinder- und Erwachsenendosis bei Biontech) farblich zu kennzeichnen, um Verwechslungen auszuschließen.
Der Zeitplan
Ist ein Vial erstmal angebrochen, muss es noch am selben Tag vollständig verimpft werden. Das könnte insbesondere in der letzten Impf-Stunde kritisch werden, unterstrich Ertner. Fällt zwischendrin ein Impfling aus, kann die Spritze einfach dem nächsten appliziert werden. Am Ende jedoch steht womöglich niemand mehr bereit – ist dann ein Vial Spikevax angebrochen, das gut 20 Auffrischdosen enthält, führt das wohl unweigerlich zu Verwürfen, die in der Summe der Tage und Apotheken viel ausmachten. Erfahrungsgemäß erscheine immer ein gewisser Anteil der angemeldeten Impflinge nicht – dann empfiehlt es sich, einen Plan B zu haben und etwa mit Nachrückerlisten zu arbeiten. Auch sei zu überlegen, immer ein paar Impfwillige mehr einzuladen, als man tatsächlich bedienen könne (Überbuchung).
Material, Impfdokumentation und Software
Das Material
Dass man beim Impfen Handschuhe, Tupfer und Pflaster benötigt, ist selbstverständlich. Auch auf die Idee, eine Abfallbox für benutzte Spritzen bereitzustellen, dürften die meisten Apotheker:innen noch selbst kommen. Doch auch an Nierenschalen oder Edelstahltabletts für den Transport der aufgezogenen Spritzen sollte man denken und sie vorab beschaffen, ebenso wie Desinfektionsmittel für Haut, Hände und Flächen. Erfolgt die Impfdokumentation elektronisch, empfiehlt sich jeweils ein Tablet im Impfraum sowie im Bereich für das Aufklärungsgespräch, die an einen WLAN-fähigen Drucker angebunden sein muss. Denn die Unterschrift des Impflings für die Einwilligung sollte händisch erfolgen – es braucht also auch desinfizierbare Kugelschreiber in ausreichender Menge. Bei papiergebundener Dokumentation gilt das ohnehin, dann sollten auch zum Beispiel Klemmbretter für die Impfwilligen besorgt werden.
Wer auf Nummer sicher gehen möchte, sollte darüber nachdenken, ein Stirnthermometer für den Betrieb anzuschaffen – denn ab einer Körpertemperatur von 38,5 °C des Kunden oder der Kundin raten Ertner und Kemmritz davon ab, ihn oder sie in der Apotheke zu impfen. Nicht zu vergessen ist auch eine Uhr im Bereich für die Nachbeobachtung, falls jemand weder Armbanduhr noch Mobiltelefon parat haben sollte. Denn nach 15 Minuten dürfen die Geimpften gehen, eine erneute Ansprache, ob alles in Ordnung ist, sei nicht gefordert, so Kemmritz. Übrigens: Wer sich weigert zu bleiben, den könne man nicht dazu zwingen. Wichtig sei jedoch das Angebot, betonte die Präsidentin.
Die Impfdokumentation
Folgende Dokumente sind bei der COVID-19-Impfung in der Apotheke wichtig: Aufklärungsmerkblatt (hier geht es zum Download auf der RKI-Seite), Einverständniserklärung des Impflings (Vordruck hier abrufbar), die Dokumentation der Impfung selbst, Impfbescheinigung für Geimpfte (Einleger drucken oder Eintrag ins Impfbuch) und digitales Impfzertifikat. Zudem sind die durchgeführten Impfungen täglich an das RKI zu melden.
Die Impfdokumentation, so Ertner, soll künftig vollständig über das Verbändeportal laufen können. Derzeit arbeite man daran, auch die Meldung an das RKI technisch möglich zu machen.
Die Software
Software-Unterstützung könne dabei helfen, die Organisation zu erleichtern und Papier zu sparen, sagte Ertner. Es sollte Kundinnen und Kunden möglich sein, einfach im Internet einen Termin zu buchen, diesen zu verschieben oder abzusagen und idealerweise den Anamnesebogen vorab online auszufüllen. Für die Apotheke wäre es wünschenswert, bestimmte Zeitfenster und Termindichten festlegen zu können, eine Absagefunktion zur Verfügung zu haben, die Impfdokumentation sowie die Meldung an das RKI elektronisch vornehmen zu können und idealerweise aus dem System heraus auch die Abrechnungsunterlagen erstellen zu lassen. Nachrückerlisten oder Überbuchung können zudem dabei helfen, mögliche Terminausfälle zu kompensieren.
Vieles davon soll künftig über das Verbändeportal gehen, informierten Ertner und Kemmritz, abgesehen von der Terminbuchung. Dafür sei der DAV im Gespräch mit einem externen Anbieter, den man gegebenenfalls an das Portal anbinden werde.
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