Tixagevimab/Cilgavimab bei unzureichendem Impfschutz

USA lassen präventives Antikörper-Duo zu

Stuttgart - 13.12.2021, 10:45 Uhr

In den USA dürfen Tixagevimab/Cilgavimab zur Prävention von COVID-19 angewendet werden, allerdings nur bei bestimmten Personen. (s / Foto: Christoph Burgstedt / AdobeStock) 

In den USA dürfen Tixagevimab/Cilgavimab zur Prävention von COVID-19 angewendet werden, allerdings nur bei bestimmten Personen. (s / Foto: Christoph Burgstedt / AdobeStock) 


Die langwirksamen Antikörper Tixagevimab/Cilgavimab schützen bis zu sechs Monate vor COVID-19. Wer sich nicht impfen lassen kann oder unzureichend auf COVID-19-Impfungen reagiert, kann Evusheld nun in den USA zur Präexpositionsprophylaxe einsetzen. Die FDA hat Evusheld die Zulassung erteilt, die EMA prüft noch.

Nicht jede:r COVID-19-Geimpfte baut einen ausreichenden Immunschutz gegen SARS-CoV-2 auf. Immungeschwächte Menschen, sei es durch Erkrankung oder Therapie, schützt eine COVID-19-Impfung unter Umständen nur unzureichend – zum Beispiel Menschen mit Leukämie oder anderen Krebsarten, die mit einer Chemotherapie behandelt werden, Dialysepatient:innen und orantransplantierte Menschen oder Patient:innen unter immunsuppressiven Arzneimitteln wie bei Multiple Sklerose und Rheumatoide Arthritis. Auch können in der Vergangenheit auf eine COVID-19-Impfung aufgetretene schwere Nebenwirkungen eine weitere Impfung unmöglich machen. Wie können sich diese Menschen dennoch vor COVID-19 schützen – abgesehen von Hygiene- und Abstandsmaßnahmen?

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Die FDA hat in den Vereinigten Staaten am 8. Dezember nun mit den langwirksamen Spikeprotein-Antikörpern (long acting antibodies) Tixagevima/Cilgavimab in Evusheld® (AstraZeneca) eine Präventivtherapie gegen COVID-19 notfallzugelassen. Die Antikörper dürfen fortan zur Präexpositionsprophylaxe bei Erwachsenen und Jugendlichen ab zwölf Jahren und einem Mindestgewicht von 40 Kilogramm eingesetzt werden. Mit Evusheld® kommt in den USA die erste Präexpositionsprophylaxe auf den Markt. Anders in der EU: Hier prüft die EMA Tixagevimab und Cilgavimab zwar derzeit noch, allerdings darf seit kurzem das Antikörperduo Casirivimab/Imdevimab (Ronapreve®) neben der Behandlung von COVID-19 auch zur Prävention (Post- und Präexpositionsprophylaxe) angewendet werden.

Wer bekommt Tixagevimab/Cilgavimab?

Voraussetzung für eine Behandlung mit Evusheld® ist jedoch, dass derzeit weder eine SARS-CoV-2-Infektion vorliegt noch Kontakt zu einer infizierten Person bestand. Zusätzlich muss eine

  • mäßig bis starke Immunschwäche vorliegen – durch Erkrankung, Arzneimittel oder Therapie –, sodass die Patienten auf eine Impfung möglicherweise keine ausreichende Immunität aufbauen oder
  • eine frühere COVID-19-Impfung hat zu schweren Nebenwirkungen geführt, weswegen eine weitere Impfung nicht empfohlen wird.

Eine Prophylaxe für Menschen, die sich schlicht nicht impfen lassen wollen, schließt die Zulassung damit aus. Und auch Patrizia Cavazzoni, Direktorin des Center for Drug Evaluation and Research der FDA erklärt: „Impfstoffe haben sich als der beste verfügbare Schutz gegen COVID-19 erwiesen“. Laut der FDA ist eine präexpositionelle Prävention mit Evusheld® damit kein Ersatz für eine Impfung bei Personen, für die eine COVID-19-Impfung empfohlen wird.

Was ist das Besondere an Tixagevimab/Cilgavimab?

Tixagevimab und Cilgavimab sind beides humane monoklonale Antikörper, die an das Spikeprotein von SARS-CoV-2 binden, jedoch an unterschiedlichen, sich nicht überschneidenden Stellen. Sie verhindern dadurch, dass SARS-CoV-2 menschliche Zellen infiziert. Die Antikörper stammen aus B-Zellen von rekonvaleszentem Patient:innen nach überstandener SARS-CoV-2-Infektion und wurden mithilfe einer von AstraZeneca entwickelten Technologie modifiziert und hinsichtlich ihrer Halbwertszeit und ihrer Bindung an den Fc-Rezeptor optimiert. Die Folge: Die Antikörper wirken länger und könnten nach einmaliger Verabreichung zwölf Monate vor COVID-19 schützen (bislang ist ein Schutz für bis zu sechs Monate belegt, PROVENT-Studie). Zudem soll die reduzierte Bindung an den Fc-Rezeptor das Risiko einer antikörperabhängigen Verstärkung der Erkrankung verringern – in diesem Fall würden die Antikörper COVID-19 nicht bessern, sondern verschlimmern.

So werden die Antikörper verabreicht

Tixagevimab/Cilgavimab werden ausschließlich in Kombination verabreicht, die zu Schützenden erhalten je 150 mg Tixagevimab und 150 mg Cilgavimab in zwei getrennten und direkt aufeinanderfolgenden intramuskulären Injektionen. Die intramuskuläre Verabreichung ermöglicht eine Prophylaxe auch im ambulanten Setting.

Wie gut schützen Tixagevimab und Cilgavimab vor COVID-19?

AstraZeneca untersucht das Antikörper-Duo in mehreren klinischen Studien. Die nun erteilte Notfallzulassung stützt sich vor allem auf Daten der noch laufenden PROVENT-Studie (Phase 3, randomisiert, doppelblind, placebokontrolliert) an älteren Erwachsenen ab 60 Jahren oder mit Grunderkrankung oder einem erhöhten Risiko für eine SARS-CoV-2-Infektion – die nicht gegen COVID-19 geimpft waren und auch noch keinen positiven SARS-CoV-2-Nachweis in der Vergangenheit hatten –, in der sich Tixagevimab/Cilgavimab in der Präexpositionsprophylaxe beweisen müssen. Ziel der Studie war der Vergleich der COVID-19-Fälle bis zum Tag 183 in der Evusheld®- (3.441) und in der Placebogruppe (1.731). Laut der primären Analyse war das Risiko, an COVID-19 zu erkranken bei den Evusheld®-Patient:innen um 77 Prozent geringer als nach Placebo, der Unterschied war statistisch signifikant. Das kleinere Erkrankungsrisiko blieb bei Evusheld®-Empfängern über sechs Monate erhalten, AstraZeneca beziffert die mediane Wirksamkeit im Vergleich zu Placebo mit 83 Prozent in der Sechsmonatsanalyse. Die Sicherheit und Wirksamkeit von Evusheld® zur präexpositionellen Prävention von COVID-19 wird weiterhin untersucht. Daneben untersucht AstraZeneca Evusheld® noch in der Phase-3-Postexpositionsstudie STORM CHASER und zur Behandlung von ambulanten COVID-19-Patienten in TACKLE.

Tixagevimab/Cilgavimab und Omikron

Auch informiert AstraZeneca darüber, dass derzeit Studien laufen, die Aufschluss über die Auswirkungen der neuen Omikron-Variante (B.1.1.529) auf die Wirksamkeit von Tixagevimab und Cilgavimab geben sollen. Von den Omikron-Bindungsstellen, die relevant für die Wirkung von Tixagevimab und Cilgavimab seien und bisher in präklinischen Assays getestet wurden, wurde keine mit einer verringerten Neutralisation durch Evusheld® in Verbindung gebracht, erklärt AstraZeneca. In-vitro-Ergebnisse zeigten, dass Evusheld® andere kürzlich aufgetauchte SARS-CoV-2-Virusvarianten, einschließlich der Delta- und Mu-Varianten, neutralisiere.

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Erste Daten zur Wirksamkeit gegen Omikron gibt es bereits auch von anderen Antikörperpräparaten. So soll laut einer Analyse von Professor Sandra Ciesek aus Frankfurt am Main das Antikörper-Duo Casirivimab/Imdevimab wirkungslos sein, während GSK bei Sotrovimab davon ausgeht, dass die Wirksamkeit erhalten bleibt. Bei Regdanvimab wird ebenfalls bezweifelt, ob der Spikeprotein-Antikörper Omikron weiterhin neutralisiert.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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