Bundestag gibt grünes Licht

Neue Strafvorschriften für Fälscher von Impf- und Testnachweisen

Berlin - 18.11.2021, 14:15 Uhr

Wer Blankett-Impfpässe mit unrichtigen Eintragungen bestückt, kann sich künftig strafbar machen. (IMAGO / FutureImage)

Wer Blankett-Impfpässe mit unrichtigen Eintragungen bestückt, kann sich künftig strafbar machen. (IMAGO / FutureImage)


Der Bundestag hat das von SPD, Grünen und FDP vorgelegte Gesetzespaket anlässlich der auslaufenden epidemischen Lage verabschiedet. Zuvor hatte der Hauptausschuss noch einige Änderungen beschlossen. Diese betreffen unter anderem die Neuregelungen zur Strafbarkeit im Zusammenhang mit gefälschten Impf- und Testnachweisen. Jetzt wollen auch die möglichen Ampelkoalitionäre besonders schwere Fälle ahnden – mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren.

Eine Impfpflicht gegen COVID-19 gibt es weiterhin nicht, aber die Zeiten für Ungeimpfte werden schwerer: In immer mehr Bereichen des öffentlichen Lebens gilt 2G-Pflicht – wer dabei sein will, muss also nachweisen, geimpft oder genesen zu sein. Wer sich partout nicht impfen lassen will und auch noch nicht erkrankt war, wird damit ausgeschlossen.

Das lässt das Geschäft mit falschen Nachweisen aufblühen. Doch wer zum Beispiel selbst sein Impfbuch manipuliert, um in der Apotheke ein digitales Zertifikat zu erhalten, wird von den bislang geltenden Strafvorschriften nicht erfasst. Zwar gibt es spezielle Regelungen im Strafgesetzbuch (StGB), die das Fälschen und unrichtige Ausstellen von Gesundheitszeugnissen sowie deren Gebrauch unter Strafe stellt – aber nur, wenn es im Zusammenhang mit einer Täuschung von Behörden oder Versicherungsunternehmen geht (§§ 277 – 279 StGB).

Diese aus dem Jahr 1871 stammenden Straftatbestände sperren überdies als „lex specialis“ die Anwendung der allgemeinen Normen zur Urkundenfälschung. Dass die Delikte rund um Gesundheitszeugnisse „privilegiert“ sind – sie sehen geringere Strafen vor als die Urkundenfälschung (§ 267 StGB) und lassen auch den Versuch ungeahndet – halten nicht nur Juristen heute für nicht mehr nachvollziehbar.   

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Im Bundestag sind diese Strafbarkeitslücken angekommen – sowohl die Union als auch die künftigen Ampelkoalitionäre haben Lösungsvorschläge vorgelegt, um sie zu schließen. Beide sehen Änderungen in den §§ 277 ff. StGB vor. Danach soll künftig das unbefugte Ausstellen (durch jemanden, der nicht Arzt oder approbierte Medizinalperson ist) beziehungsweise unrichtige Ausstellen (durch einen Arzt/ eine Medizinalperson) von Gesundheitszeugnissen sowie der Gebrauch eines solchen allgemein „zur Täuschung im Rechtsverkehr“ strafbar sein. Wer als Arzt oder approbierte Medizinalperson – das kann auch ein Apotheker sein – unrichtige Gesundheitszeugnisse (schriftlich oder digital) ausstellt, wird mit bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe bedroht, andere Personen mit bis zu einem Jahr.

Durch diese Änderung wird künftig beispielsweise auch der Fall erfasst, dass ein solches unrichtiges „Gesundheitszeugnis“ in der Apotheke zur Digitalisierung vorgelegt wird. Der Gesetzentwurf der Union – den der Bundestag heute abgelehnt hat – sollte zudem besonders schwere Fälle erfassen, die mit bis zu zehn Jahren Haft bedroht sind, sowie eine Versuchsstrafbarkeit normieren.

SPD, Grüne und FDP schaffen nun hingegen noch einen neuen Tatbestand, der bereits die Vorbereitung von Fälschungen – die Eintragung unrichtiger Impfdokumentationen in Blankett-Impfpässe – bestraft. Zudem wird die missbräuchliche Verwendung fremder Gesundheitszeugnisse strafbar; hier soll bereits der Versuch strafbar sein – bei den anderen Straftatbeständen ist das hingegen nicht vorgesehen.

Banden- und gewerbsmäßigen Fälschern drohen bis zu fünf Jahren Haft

Am Gesetzentwurf „zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze anlässlich der Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ von SPD, Grünen und FDP wurde aber vor dem heutigen Bundestagsbeschluss nochmals nachgefeilt. Zum einen soll in den neuen §§ 277 und 279 StGB (unbefugtes Ausstellen von Gesundheitszeugnissen und Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse) klargestellt werden, dass sie nur zur Anwendung kommen, wenn nicht andere Normen aus dem Bereich der Urkundendelikte – insbesondere § 267 StGB mit seiner höheren Strafandrohung und Versuchsstrafbarkeit – greifen. Eine solche „Subsidiaritätsklausel“ hatten in der Anhörung mehrere Juristen eingefordert. 

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Zudem haben sich jetzt auch SPD, Grüne und FDP darauf verständigt, dass es beim unzulässigen Ausstellen von Gesundheitszeugnissen besonders schwere Fälle geben soll, die mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe bestraft werden können. Ein besonders schwerer Fall liegt demnach in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande – die sich zur fortgesetzten Begehung von unbefugtem oder unrichtigen Ausstellen von Gesundheitszeugnissen verbunden hat – Impfnachweise oder Testzertifikate betreffend übertragbare Krankheiten unbefugt oder unrichtig ausstellt.

Überdies wird die Strafvorschrift im Infektionsschutzgesetz neu gefasst – und zugleich neue Pflichten für die Test- und Genesenendokumentation in § 22 IfSG eingeführt, an die die Strafnormen teilweise anknüpfen. Wer (als befugte Person) wissentlich und zur Täuschung im Rechtsverkehr gegen die Vorgaben verstößt, macht sich strafbar (bis zwei Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe). Wer als nicht berechtigte Person entgegen der Vorgaben eine Testung dokumentiert, kann mit bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe bestraft werden. Das Gleiche gilt, wenn eine entsprechende Dokumentation mit dem Zweck der Täuschung im Rechtsverkehr wissentlich gebraucht wird.

Was nicht vorgesehen ist, ist eine „Offenbarungsbefugnis“ für Apotheker, die einen Fälschungsverdacht haben. Eine solche war in der öffentlichen Anhörung vorgeschlagen worden, um Apotheken davor zu schützen, dass sie sich eventuell wegen der Verletzung von Privatgeheimnissen strafbar machen (§ 203 StGB). Klar ist nur, dass Apotheken, denen ein Impfbuch suspekt erscheint, kein digitales Zertifikat erstellen dürfen – ob sie dieses auch einbehalten dürfen oder gar Anzeige erstatten dürfen, ist umstritten. 

Bevor die neuen Regelungen wirksam werden können, sind noch die Länder gefragt. Der Bundesrat muss dem Gesetzespaket von SPD, Grünen und FDP, das wegen seiner anderen Bestimmungen erhebliche Auswirkungen auf die Länder hat, zustimmen. Dazu kommt er am morgigen Freitag zu einer Sondersitzung zusammen.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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