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Finanzexperte zu DocMorris-Plänen
„Der Versandhandel wird die Marktstruktur zerstören“
„EU-Versender werden ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung auf längere Sicht in Gefahr bringen“
Eine angekündigte Rechtsverordnung aus dem Bundesgesundheitsministerium soll in den kommenden Wochen klarstellen, ob es für E-Rezept-Tokens eine „Teilen“-Funktion geben wird oder nicht. Dem Vernehmen nach hat der Minister allerdings kein großes Interesse an einer weiteren Regulierung. Ist diese „Teilen“-Funktion eher nützlich oder gefährlich für die deutschen Vor-Ort-Apotheken?
Das Ministerium muss klarstellen, wie der Datenschutz und die Informationssicherheit der deutschen Patienten organisiert und gewährleistet wird. Diese Rechtsverordnung muss auch sicherstellen, dass die Tür zum Makeln, das bereits gesetzlich verboten ist, nicht doch noch geöffnet werden kann.
Es scheint mir auch, dass der Gesetzgeber nicht versteht, dass der Versandhandel die Marktstruktur, welche durch das Apothekengesetz im Interesse der öffentlichen Gesundheitsversorgung definiert wird, zerstören wird."
Wie bewerten Sie die Aktivitäten des Gesetzgebers darüber hinaus?
Ich habe den Eindruck, dass der deutsche Gesetzgeber all diese Fragen viel zu wenig beachtet. Es scheint mir auch, dass der Gesetzgeber nicht versteht, dass der Versandhandel die Marktstruktur, welche durch das Apothekengesetz im Interesse der öffentlichen Gesundheitsversorgung definiert wird, zerstören wird. Die EU-Versender verfügen über unheimlich große Skaleneffekte, die Vor-Ort Apotheken nie haben werden.
Sie beobachten die europäischen Apothekenmärkte und welche Chancen und Potenziale für Konzerne wie die Zur-Rose-Gruppe existieren, sich in den jeweiligen Gesundheitssystemen zu etablieren. Wie sieht Ihre Einschätzung für den deutschen Markt aus?
Die Zur Rose Group versucht sich als eine europäische E-Healthcare-Plattform zu präsentieren und zu etablieren. Dabei ist es momentan schwer zu erkennen, welche Leistungen konkret angeboten und wie diese abgerechnet werden können.
Im Koalitionsvertrag der amtierenden Bundesregierung ist das Rx-Versandverbot vorgesehen. Das Vorhaben wurde fallengelassen. Stattdessen soll nun das Rx-Boni-Verbot im Sozialrecht für gleichlange Spieße zwischen EU-Versendern und Apotheken sorgen. Ein gleichwertiger Ersatz?
Nochmal: Der Gesetzgeber in Deutschland scheint nicht zu verstehen oder verstehen zu wollen, dass die EU-Versender den Wettbewerb innerhalb des deutschen Apothekenmarktes verzerren und die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung auf längerer Sicht in Gefahr bringen werden. Gerade während der Pandemie haben wir gesehen, welche wichtige Funktion die Apotheken für die Volksgesundheit und Gesundheitsvorsorge ausüben. Darüber hinaus wurden während der Pandemie täglich bis zu 450.000 Botendienste durchgeführt, rund 20 Millionen Botendienste wurden im letzten Jahr vergütet. Doch gleichzeitig und im Gegensatz zu beispielsweise Frankreich, ist die Politik in Deutschland bereit, diesen Markt für EU-Versandhändler zu öffnen, die mit großen Visionen und Umsatzzielen Investorenkapital an sich reißen wollen. Diese Anbieter verfügen über Skaleneffekte, die eine einzelne Apotheke niemals haben könnte. Das zeigt sich im Warenkorb der Patienten: Mit 20 bis 30 Prozent Rabatt auf OTC- Arzneimittel können die EU-Versender indirekt im selben Warenkorb Anreize für rezeptpflichtige Arzneimittel schaffen. Zusätzlich nutzen die EU-Versender ihre Lagerautomatisierung und Werbung aus. Das alles lässt sich nicht mit einem Rx-Boni-Verbot lösen. Solange der Gesetzgeber der Meinung ist, dass die bestehende Marktstruktur in Deutschland gesundheitspolitisch im öffentlichen Interesse ist und die Patienten vor Ort frei und ohne Benachteiligungen die Apotheke wählen können, dann sollte das Ministerium die Einführung des E-Rezepts solange verschieben, bis die Grundlagen für eine nicht verzerrte Marktstruktur geschaffen sind. Das heißt, erst nachdem die elektronische Gesundheitskarte verpflichtend zwecks Identifikation von allen Versicherten bezogen ist und die meisten Versicherten in Deutschland die Gematik E-Rezept-App heruntergeladen haben. Bis dann sind auch die Ärzte und Apotheken technisch vorbereitet, an diesem neuen System, ohne benachteiligt zu sein, teilzunehmen.
3 Kommentare
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von Anita Peter am 23.06.2021 um 12:13 Uhr
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Gefährdung der Arzneimittelversorgung!
von Thomas Eper am 23.06.2021 um 10:34 Uhr
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eh klar
von Karl Friedrich Müller am 23.06.2021 um 10:19 Uhr
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