Wahlprogramm

Union setzt auf Digitalisierung und Versorgung vor Ort

Berlin - 22.06.2021, 15:00 Uhr

CDU und CSU haben ihr gemeinsames Programm für die Bundestagswahl 2021 beschlossen. (Foto: IMAGO / Political-Moments) 

CDU und CSU haben ihr gemeinsames Programm für die Bundestagswahl 2021 beschlossen. (Foto: IMAGO / Political-Moments) 


Jetzt steigen auch CDU und CSU in den Wahlkampf ein: Am gestrigen Montag stellte die Union ihr Programm für die Bundestagswahl 2021 vor. Darin bekennt sie sich zur wohnortnahen Versorgung auch in Zeiten der Digitalisierung und beschäftigt sich eingehend mit den Rahmenbedingungen für die Pharmaindustrie in Deutschland und Europa.

Am gestrigen Montag haben CDU und CSU ihr Wahlprogramm für die Bundestagswahl 2021 vorgestellt. In puncto Gesundheit hat die Union insbesondere die Pflege im Blick, ihr Augenmerk liegt zudem auf dem Pharmastandort Deutschland und der Digitalisierung des Gesundheitswesens. Die Apotheken tauchen im Wahlprogramm nur am Rande auf, allerdings enthält es einige auch für die Offizinen wichtige Formulierungen.

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So wollen die Schwesterparteien einerseits das „Potenzial der Digitalisierung“ nutzen, andererseits aber auch die wohnortnahen Versorgungsstrukturen erhalten. „Wir sorgen dafür, dass alle Bürgerinnen und Bürger einen digitalen, wohnortnahen und möglichst barrierefreien Weg, zum Beispiel zur Haus-, Fach-, Zahnarzt- und Notfallversorgung, zu Apotheken, Hebammen, Physiotherapeuten, Gesundheitshandwerken und Sanitätshäusern haben“, heißt es im Programm. Zudem soll die Zusammenarbeit und Vernetzung der einzelnen Akteure ausgebaut werden.

Des Weiteren will die Union Bürokratie abbauen, nennt dabei aber nicht explizit die Apotheken. „Wir werden Bürokratie reduzieren, damit Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegepersonal mehr Zeit für Patientinnen und Patienten haben und Gesundheits- und Pflegeberufe attraktiver werden“, schreibt sie. Auch die Ausbildung in den Gesundheitsberufen liegt ihr am Herzen: „Wer die Versorgung von morgen sichern will, muss heute genügend ausbilden. In den Gesundheitsberufen und in der Pflege werden wir die Aus- und Weiterbildung stärken und die Reform der Berufsgesetze vollenden. Die auf den Weg gebrachte Abschaffung des Schulgeldes in den Gesundheitsberufen und die Einführung einer allgemeinen Ausbildungsvergütung wollen wir zügig umsetzen.“

„Digitale Gesundheit 2030“

Was die Digitalisierung betrifft, betonen CDU und CSU zunächst ihre Erfolge aus der aktuellen Legislaturperiode. „Mit dem Fahrplan für die Einführung einer elektronischen Patientenakte haben wir die jahrelange Stagnation der Digitalisierung im Gesundheitswesen überwunden“, ist im Programm zu lesen. „Wir werden an die E-Health-Strategie den Prozess ‚Digitale Gesundheit 2025‘ anschließen und diesen zu einer ressortübergreifenden E-Health-Roadmap ‚Digitale Gesundheit 2030‘ weiterentwickeln, die konkrete Handlungsempfehlungen für die digitalisierte Gesundheitsversorgung der Zukunft bis zum Jahr 2030 vorgibt.“ Die Patientinnen und Patienten der Zukunft sollen unter Wahrung des Datenschutzes ihre gesamte Krankengeschichte an einem Ort speichern und Ärzte sowie andere Leistungserbringer darauf zugreifen lassen können.

Darüber hinaus bekennt sich die Union klar zur Selbstverwaltung, der freien Arzt- und Therapiewahl sowie dem „Zusammenspiel von gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen“. Eine Bürgerversicherung sowie Schritte dahin lehnt sie weiterhin ab. Die Kompetenzen der Heil- und Hilfsmittelerbringer wollen die Parteien stärker nutzen als bisher.

Arzneimittelproduktion und -forschung im Fokus

„Deutschland galt einst als ‚Apotheke der Welt‘“, erinnern CDU und CSU. „An diese Erfolgsgeschichte wollen wir mit modernen Clustern anknüpfen.“ Geplant ist laut Wahlprogramm eine „Souveränitätsoffensive“ bei der Medikamentenproduktion. „Wir wollen einen freien Handel ohne einseitige Abhängigkeiten – insbesondere bei der Produktion von Arzneimitteln und medizinischer Ausstattung.“ Ziel der Union ist es, Deutschlands und Europas Unabhängigkeit zu stärken und die Wertschöpfungsketten souveränitätskritischer medizinischer Produkte in die EU zurückzuholen. „Dafür wollen wir mit unseren Pharmaunternehmen dafür sorgen, dass kritische Schutzkleidung, medizinische Geräte sowie alle wichtigen Medikamente in mindestens einer Variante in Europa produziert werden.“

Zu diesem Zweck scheuen sich die Parteien auch nicht, am Vergaberecht zu schrauben und die Hersteller in die Pflicht zu nehmen. „Wir werden prüfen, ob das deutsche Vergaberecht dahingehend geändert werden kann, dass Arzneimittelhersteller verpflichtet werden können, bei der Herstellung insbesondere von versorgungsrelevanten Arzneimitteln in der EU hergestellte Wirkstoffe zu verwenden.“ Und auch auf europäischer Ebene will die Union aktiv werden. „ Wir werden prüfen, welche Maßnahmen in Betracht kommen, damit in Krisenfällen versorgungsrelevante Arzneimittel in ausreichender Menge in der EU zur Verfügung stehen, zum Beispiel durch eine entsprechende Änderung des europäischen Vergaberechts.“

Bestimmte Arzneimittelgruppen sollen nach dem Willen von CDU/CSU künftig besondere Aufmerksamkeit erhalten. „Wir fördern neue Antiinfektiva und Impfstoffe durch geeignete Anreize von Forschung bis Erstattung“, heißt es. „Die schnelle Verfügbarkeit neuer Therapieoptionen und Arzneimittel für schwerkranke Patienten in Deutschland soll erhalten und durch die richtigen Anreize im Vergütungssystem gestärkt werden.“ Für versorgungskritische Wirkstoffe plant die Union zum Beispiel eine staatliche Lagerhaltung beziehungsweise Notfallkapazitäten, um eine Produktion „auf Abruf“ zu ermöglichen.

Lehren aus der Pandemie

Zudem sind Erleichterungen bei der Bewilligung klinischer Studien vorgesehen. „In der Pandemie hat sich gezeigt, wie zügig die Prüfung und Genehmigung klinischer Studien seitens der Zulassungsbehörden für Arzneimittel und Impfstoffe in Deutschland ohne Abstriche an der Qualität gelingen kann, wenn die Ressourcen gebündelt werden“, stellen CDU und CSU fest. „Diese zügige Bearbeitung entsprechender Anträge wollen wir auch für die Zeit nach der Pandemie erhalten und werden daher das Paul-Ehrlich-Institut und das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte finanziell und personell verstärken.“ Und vor dem Hintergrund aktueller Debatten um das Thema Patentschutz für COVID-19-Impfstoffe dürfte ein Satz in der Pharmaindustrie besonders gut ankommen: „Investoren und Forscher können sich darauf verlassen, dass in Deutschland auch weiterhin der Patentschutz gilt.“

Überdies stellt sich die Union klar hinter die Weltgesundheitsorganisation, deren Rolle im Zuge der Coronakrise vielfach kritisiert wurde. Unter Ex-Präsident Donald Trump hatten die USA gar geplant, ihr den Geldhahn zuzudrehen. CDU und CSU halten dagegen: „Die Pandemie zeigt, wie wichtig die internationale Zusammenarbeit bei Fragen der Gesundheit und der Gesundheitssicherheit ist. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) leistet einen wichtigen Beitrag zur weltweiten Bekämpfung der Pandemie.“ Gleichzeitig habe sich gezeigt, dass die WHO ihr zentrales Mandat in der globalen Gesundheit aufgrund mangelnder Ressourcen aktuell nur unzureichend erfüllen kann. „Daher wollen wir sie nachhaltig stärken, finanziell, technisch und politisch.“ Deutschland sei im Verlauf der Coronavirus-Pandemie bereits zum größten staatlichen Geldgeber der WHO avanciert und trete vernehmbar für eine schlagkräftige WHO ein, zu der auch alle Mitgliedstaaten ihren Beitrag leisten. „Verschiedene Reformprozesse sind bereits angestoßen. Deutschland wird die Initiative zu einem internationalen Pandemievertrag zur Stärkung der globalen Gesundheitssicherheit weiter aktiv unterstützen.“



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Bettnachbar

von Christiane Patzelt am 22.06.2021 um 19:24 Uhr

Wer stets mit Doc Morris schlafen geht, ist unwählbar. Auch ein Apothekerherz hat seinen Stolz.

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