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COVID-19-Impfung
Die drei Teile des AstraZeneca-Puzzles – Neu: das Spleiß-Problem
Der COVID-19-Impfstoff von AstraZeneca Vaxzevria hat in den letzten Tagen erneut und mehrfach mediale Aufmerksamkeit erregt. Manche Medienberichte suggerieren dabei, dass man in Deutschland die Lösung für das Rätsel rund um die (seltenen und schweren) Nebenwirkungen von Vaxzevria nun endgültig gelüftet habe. Das ist nicht so. Interessant sind die Spuren, welche die Wissenschaft verfolgt, dennoch. Sie könnten unser Verständnis für Impfstoffe auch jenseits von COVID-19 verbessern. DAZ.online hat sich um eine Einordnung bemüht.
Das Rätsel um die verstärkten bis hin zu sehr seltenen schweren Nebenwirkungen rund um den COVID-19-Impfstoff von AstraZeneca wird in der Wissenschaft intensiv erforscht. Während bislang vor allem eine Arbeitsgruppe aus Greifswald Erkenntnisse zum besseren Verständnis und zur Therapie der sehr seltenen Nebenwirkungen lieferte, haben nun auch Wissenschaftler:innen aus Ulm und Frankfurt Puzzleteile beigesteuert. Sie gehen davon aus, dass sich ihre drei Puzzleteile am Ende zu einer gemeinsamen Hypothese zusammenfügen lassen, welche die bei AstraZeneca (und auch Janssen) beobachteten Nebenwirkungen zumindest zum Teil erklärt.
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Bereits im April berichtete DAZ.online, dass mittlerweile auch die EMA davon ausgeht, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen der Verabreichung der vektorbasierten COVID-19-Impfstoffe von AstraZeneca (Vaxzevria) / Janssen und seltenen schwerwiegenden Thrombosen in Verbindung mit Thrombopenie besteht. Damals hatte Professor Andreas Greinacher von der Universitätsmedizin Greifswald vorab seine neuesten Erkenntnisse publiziert. Es hieß, alles deute darauf hin, dass es die Adenovirus-Vektor-basierten Impfstoffe sind, bei denen das Risiko für VITT (Vaccine-induced Immune Thrombotic Thrombocytopenia) besteht – ausgelöst durch Adenovirus- und/oder andere PF4-DNA-Interaktionen (Plättchenfaktor 4).
Schon im März hatte man in Greifswald bei den seltenen schweren Nebenwirkungen unter AstraZeneca eine Analogie zu heparininduzierten Thrombozytopenien vermutet, die schließlich den Namen VITT erhielt.
Puzzleteil 2: Die Verunreinigungen
Aus dem pharmazeutischen Blickwinkel war im April ein weiteres Ergebnis aus Greifswald besonders interessant: „Das Ausmaß der akuten Entzündungsreaktion, die durch die Impfstoffkomponenten induziert wird, scheint ein wichtiger – und potenziell behebbarer – Faktor zu sein, der durch die Reduzierung von Verunreinigungen und das Weglassen von EDTA verringert werden könnte“, hieß es. Zu den Einschränkungen der Studie zähle aber, dass die detaillierten Spezifikationen des ChAdOx1 nCov-19-Impfstoffs nicht öffentlich verfügbar seien und die potenziellen Auswirkungen von vorgefundenen etwa 35-40 µg humanen Zellkulturproteinen (als Verunreinigung aus der Produktionszelllinie T-REx HEK-293) pro Impfdosis von den zuständigen Zulassungsbehörden noch bewertet werden müssten.
Diese also schon in Greifswald erkannten Proteinverunreinigungen haben nun aktuell durch eine Pressemitteilung einer Arbeitsgruppe aus Ulm medial eine größere Aufmerksamkeit erfahren. In der ebenfalls zunächst nur auf einem Preprint-Server erschienen Arbeit und der zugehörigen Mitteilung heißt es, dass in den Untersuchungen der Proteingehalt pro Impfdosis deutlich über den theoretisch zu erwartenden 12,5 µg liege. In einer genauer untersuchten Charge habe er sogar 32 µg betragen.
Wie Prof. Greinacher aus Greifswald gegenüber dem Science Media Center anlässlich der neuesten Ergebnisse aus Ulm erläuterte, hatte ihm Professor Kochanek aus der Arbeitsgruppe in Ulm den entscheidenden Hinweis gegeben, Untersuchungen auf Verunreinigungen durchzuführen. „Die Ulmer Arbeitsgruppe hat jetzt unabhängig von unserem Labor sehr ähnliche Ergebnisse gefunden, was aus wissenschaftlicher Sicht erst einmal sehr gut ist.“ Gegenüber der Stuttgarter Zeitung erklärte die Erstautorin der Arbeit aus Ulm Lea Krutzke, dass sie selbst mit AstraZeneca erstgeimpft sei. Sie mache sich deshalb nun keine Sorgen, könne aber eine grundsätzliche Einschätzung zur Sicherheit des Impfstoffs nicht vornehmen.
Reichen bisherige Qualitätskontrollen nicht aus?
Prof. Dr. Leif-Erik Sander, Leiter der Forschungsgruppe Infektionsimmunologie und Impfstoffforschung, Charité – Universitätsmedizin Berlin, sagte gegenüber dem Science Media Center auf die Frage, ob und wie man die Qualität von Impfstoffen verbessern könne: „Natürlich können Produktions- und Aufreinigungsprozesse verbessert werden. Aber je weiter man ein Produkt aufreinigt, desto mehr Verlust werden Sie auch haben, und am Ende entsteht weniger Produkt. Die Frage bleibt bestehen, ob es überhaupt nötig ist, das Produkt weiter aufzureinigen und ob diese ‚Verunreinigungen‘ überhaupt von Relevanz sind.“ Krutzke sagte gegenüber der „Stuttgarter Zeitung“ dazu wiederum: „Die Qualitätskriterien lassen eigentlich nicht zu, dass so viele Proteine im Impfstoff sind, die da nicht reingehören“, Studienleiter Stefan Kochanek aus Ulm meint zudem, das Maß der Verunreinigung weise darauf hin, dass die bislang bei der Qualitätskontrolle eingesetzten Verfahren offenbar nicht ausreichen.
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