- DAZ.online
- News
- Wirtschaft
- Großhändler verdienen, ...
Impfstoffhonorar und Abrechnungsgebühren
Großhändler verdienen, Apotheken zahlen
Seit vergangenem Mittwoch ist bekannt, wie die Apotheken die Belieferung der Arztpraxen mit COVID-19-Impfstoffen abrechnen können. Von ihrer knapp bemessenen Vergütung müssen sie auch die Gebühren der Rechenzentren begleichen. Das sorgt bei vielen Apothekerinnen und Apothekern für Unverständnis und Ärger, denn immerhin verdient der pharmazeutische Großhandel aktuell den größeren Honoraranteil – und muss für die Abrechnung nichts zahlen.
Seit Wochen bestellen die Apotheken für die Arztpraxen COVID-19-Impfstoffe und verteilen diese anschließend an die niedergelassenen Ärzte. Die Vergütung der Apotheken für die Leistung bezieht sich dabei auf ein Vial und ist mit 6,58 Euro netto äußerst knapp bemessen. Der pharmazeutische Großhandel hingegen erhält laut Coronavirus-Impfverordnung für jede abgegebene kühlpflichtige Durchstechflasche 9,65 Euro netto plus 1,65 Euro netto für Impfbesteck und -zubehör – das entspricht einem Gesamtbetrag von 11,30 Euro. Je ultra- oder tiefkühlpflichtiger Durchstechflasche ist für die Großhändler sogar eine Vergütung von 11,55 Euro netto plus 1,65 Euro netto vorgesehen, also insgesamt 13,20 Euro. Die Abrechnung sollen die Apotheken übernehmen und ihrem Großhändler dann seinen Anteil an der Vergütung weiterleiten.
Mehr zum Thema
Rezepte können bedruckt werden
So erfolgt die Abrechnung der COVID-19-Impfstoffe
Facebook Live-Talk
Overwiening will mehr Geld für die Impfstoff-Verteilung
Bisher war vorgesehen, dass die Vergütungen der Großhändler am 10. Mai 2021 an das Apothekenhonorar angeglichen werden. Dann soll es für die Grossisten je Vial, egal welche Kühlung, 6,55 Euro netto plus 1,65 Euro, also insgesamt 8,20 Euro geben. Doch dem Vernehmen nach soll das höhere Großhandelshonorar erstmal bestehen bleiben. Als neuer Stichtag ist nach Informationen von DAZ.online nun der 30. Mai im Gespräch.
Aussicht auf mehr Honorar für Apotheken bleibt
Unter Umständen könnten auch die Apotheken eine Erhöhung ihrer Vergütung erfahren: Im Facebook Live-Talk kündigte ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening Anfang der Woche an, dass man an einer Anpassung des Apothekenhonorars für die Impfstoffverteilung arbeite. In der Coronavirus-Impfverordnung ist der 17. Mai als Stichtag festgehalten – bis dahin muss die Standesvertretung dem Bundesministerium für Gesundheit eine Aufstellung vorlegen, die den tatsächlichen Aufwand für die Offizinen darstellt. Dazu befrage die ABDA derzeit Apotheken in der Hoffnung, dann mit schlagkräftigen Argumenten für eine Erhöhung der Vergütung aufwarten zu können.
Apotheken zahlen Abrechnungsgebühren allein
Doch unabhängig davon, wie sich die Vergütungen der Apotheken und Großhändler im Mai entwickeln werden: Die Abrechnung über die Apothekenrechenzentren verursacht Kosten. Und einige Wettbewerber – wie das ARZ Haan – haben ihre Kunden bereits darüber informiert, dass für die Bearbeitung der Verordnungen eine Bearbeitungsgebühr fällig wird. Das stellt für die Apothekerinnen und Apothekern ein Ärgernis dar. Einige äußern zwar Verständnis, dass die Impfstoffverteilung an die Praxen mal wieder eine Hauruck-Aktion aus dem Ministerium war, die von den Ärzten und Apothekern sowie dem pharmazeutischen Großhandel und den Abrechnern mit hohem Aufwand und unter Zeitdruck ausgearbeitet werden musste. Doch dass für die Abrechnungsgebühren bisher einzig die Apotheken in die Pflicht genommen werden sollen, sorgt für rege Diskussionen in Foren und Kommentarspalten.
Phagro: Verständnis, aber kein Angebot
Der Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels Phagro zeigt für die Situation der Apotheken Verständnis. „Auch der Phagro ist der Auffassung, dass diese Kosten bei einer entsprechenden Anpassung der Apothekenvergütung gemäß § 12 Coronavirus-Impfverordnung vom Verordnungsgeber berücksichtigt werden müssen“, erklärt Phagro-Geschäftsführer Thomas Porstner auf Anfrage von DAZ.online. Doch wie mit den Extra-Abrechnungsgebühren zukünftig umgegangen werden könnte, lässt er offen. „Fragen der Apothekenvergütung liegen im alleinigen Zuständigkeitsbereich der Apothekerschaft und somit von DAV und ABDA“, so Porstner weiter.
Der Ball liegt also bei ABDA-Präsidentin Overwiening. Im zukünftigen Apothekenhonorar für die Corona-Impfstoffbelieferung der Praxen sollten sich die Bearbeitungsgebühren der Abrechner unbedingt niederschlagen.
Offene Fragen zur Umsatzsteuer
Mindestens ebenso drängend dürfte eine weitere Frage sein, die sich aus der gemeinsamen Abrechnung der Apotheken- und Großhandelsvergütung für die Impfstoffe ergibt: Wie ist die Umsatzsteuer zu verbuchen? Dass der Großhandelsanteil an der Vergütung so groß ist, macht dies zusätzlich brisant. Denn mögliche Folgen einer falschen umsatzsteuerlichen Behandlung würden die Apotheken damit besonders stark treffen. Offenbar ist für die gemeinsame Abrechnung nicht eindeutig geregelt, ob der Großhandel sein Honorar der Apotheke oder dem Bundesamt für soziale Sicherung (BAS) in Rechnung stellen soll.
Im ersten Fall müsste die Apotheke dem BAS das gesamte Honorar von Großhandel und Apotheke einschließlich Umsatzsteuer berechnen. Die Apotheke würde wiederum dem Großhandel das Honorar einschließlich Umsatzsteuer bezahlen und könnte diese beim Vorsteuerabzug geltend machen. Dies wäre der übliche Ablauf wie beim Bezug von Waren oder Dienstleistungen, also eine alltägliche Vorgehensweise.
Durchlaufender Posten oder Leistungsentgelt?
Wenn der Großhandel allerdings selbst eine Rechnung an das BAS stellen würde, wäre der vereinnahmte Honoraranteil des Großhandels in der Apotheke ein durchlaufender Posten und kein Leistungsentgelt. Denn Beträge, die für Rechnung eines Dritten vereinnahmt werden, unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Die Apotheke dürfte dann nur für ihren Honoraranteil Umsatzsteuer in Rechnung stellen und müsste das Großhandelshonorar als durchlaufenden Posten gesondert verbuchen. Dafür müssten die Apotheken einen neuen Buchungsweg anlegen. Vermutlich würde diese Abweichung vom üblichen Vorgehen auch bei den Großhändlern und Rechenzentren viele Fragen aufwerfen.
Verknüpfung bringt vermeidbare Probleme
Noch viel mehr Schwierigkeiten drohen, falls die getroffene Entscheidung nachträglich korrigiert werden müsste. Im schlimmsten Fall für die Apotheken müssten diese möglicherweise eine unzulässigerweise erhaltene Umsatzsteuer oder eine erstattete Vorsteuer zurückzahlen. Fraglich erscheint auch, wer wem gegenüber mit schuldbefreiender Wirkung zahlt. Alle diese Fragen ergeben sich letztlich aus der vermeintlichen Vereinfachung durch eine gemeinsame Zahlung für den ganzen Vorgang. Doch stattdessen wäre es offenbar viel einfacher, wenn alle Beteiligten ihre Leistungen direkt mit dem Kostenträger abrechnen würden. Dann würden sich die Fragen nach den Beziehungen zwischen den Leistungserbringern erübrigen. Dann würde auch jeder die Gebühren seiner eigenen Abrechnung tragen.
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.