SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung

Auch Apotheken müssen ihren Mitarbeitern Testangebote machen

Berlin - 13.04.2021, 15:45 Uhr

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil verpflichtet die Betriebe, ihren Mitarbeitern Coronatests anzubieten. „So können wir Infektionsketten verhindern, Gesundheit schützen und letztlich Betriebsschließungen vermeiden.“ (Foto: IMAGO / Bildgehege) 

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil verpflichtet die Betriebe, ihren Mitarbeitern Coronatests anzubieten. „So können wir Infektionsketten verhindern, Gesundheit schützen und letztlich Betriebsschließungen vermeiden.“ (Foto: IMAGO / Bildgehege) 


Auf Freiwilligkeit zu setzen, reicht der Bundesregierung nicht mehr: Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will die Betriebe nun verpflichten, ihren Arbeitnehmer:innen, die nicht im Homeoffice sind, Coronatests anzubieten – das betrifft auch die Apotheken. Zudem hat Heil angekündigt, die Regelungen der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung bis zum 30. Juni 2021 zu verlängern.

Die Pflicht für Unternehmen, ihren Mitarbeiter:innen regelmäßige Tests auf eine SARS-CoV-2-Infektion anzubieten, kommt. Bislang hatte die Regierung auf Freiwilligkeit gesetzt, nur in vereinzelten Landesverordnungen sind die Testangebote schon jetzt Pflicht, zum Beispiel in Berlin und Sachsen. Künftig gilt die Angebotspflicht bundesweit. Wie das Bundesarbeitsministerium mitteilt, müssen Arbeitgeber:innen all jenen, die nicht im Homeoffice sind, mindestens einmal pro Woche einen Test anbieten. Diese Tests können PCR-Tests oder Antigen-Schnelltests zur professionellen oder zur Selbstanwendung sein. Besonders gefährdeten Mitarbeiter:innen, die häufige Kundenkontakte haben oder körpernahe Dienstleistungen ausführen, ist zwei Mal die Woche ein Testangebot zu machen. Diese Regelung gilt auch für Apotheken.

Klargestellt wird zudem: Die Kosten tragen die Arbeitgeber. Allerdings können Firmen und auch selbstständige Freiberufler die Kosten für Schnelltests im Rahmen der Überbrückungshilfe III geltend machen, wenn sie die Voraussetzungen dafür erfüllen. Nach einem Fragen und Antworten-Katalog des Bundeswirtschaftsministeriums sind neben Desinfektionsmitteln und Schutzmasken auch Schnelltests und die Schulung von Beschäftigten zu Hygienemaßnahmen förderfähig. Die Bundesregierung rechnet mit Kosten pro Beschäftigtem von 130 Euro bis Ende Juni 2021.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) erklärte nach der heutigen Kabinettssitzung: „So können wir Infektionsketten verhindern, Gesundheit schützen und letztlich Betriebsschließungen vermeiden. Diese neue Pflicht ist nötig geworden, damit wirklich alle Beschäftigten im Betrieb ein Testangebot erhalten.“ Unternehmen können laut Heil auch mit Dienstleistern arbeiten – etwa mit der Apotheke um die Ecke.

Für die Arbeitnehmer:innen besteht allerdings keine Pflicht, die Testangebote anzunehmen. Das stellte Regierungssprecher Steffen Seibert klar. „Gleichwohl appelliert die Bundesregierung an die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, verantwortungsvoll zu handeln und die Angebote zum Testen, die man ihnen macht, auch anzunehmen“, sagte er am heutigen Dienstag.

Neuregelungen sollen Mitte nächster Woche in Kraft treten

Darüber hinaus verlängert der Bundesarbeitsminister die geltenden Regeln der SARS-CoV-2-Arbeitsschutz-Verordnung bis zum 30. Juni 2021. „Es gilt weiter: Wer im Homeoffice arbeiten kann, muss das von seinem Arbeitgeber ermöglicht bekommen. So reduzieren wir das Ansteckungsrisiko unterwegs und durch Kolleginnen und Kollegen. Für Tätigkeiten vor Ort gelten weiter Abstand, Lüften, Maskentragen“, so Heil.

Konkret verlängert werden folgende Corona-Arbeitsschutzregelungen:

  • Arbeitgeber sind verpflichtet, Homeoffice anzubieten, wenn die Tätigkeit dies zulässt.
  • Arbeitgeber sind im Rahmen der Beurteilung der Gefährdungen verpflichtet, betriebliche Hygienepläne zu erstellen, umzusetzen sowie zugänglich zu machen.
  • Einhaltung des Mindestabstands von 1,5 m zu anderen Personen. Dies gilt auch in Kantinen und Pausenräumen.
  • Tragen von medizinischem Mund-Nasen-Schutz oder Atemschutzmasken, wo dies nicht möglich ist.
  • Arbeitgeber müssen diese Masken zur Verfügung stellen.
  • Arbeitgeber müssen eine ausreichende Handhygiene am Arbeitsplatz sicherstellen.
  • Regelmäßiges Lüften muss gewährleistet sein.
  • Müssen Räume von mehreren Personen gleichzeitig genutzt werden, müssen pro Person 10 m² zur Verfügung stehen.
  • In Betrieben ab zehn Beschäftigten müssen diese in möglichst kleine, feste Arbeitsgruppen eingeteilt werden. Kontakte zwischen den Gruppen sind zu vermeiden.

Die zuständigen Arbeitsschutzbehörden können die Einhaltung aller Anforderungen der Verordnung im Einzelfall durch behördliche Anordnungen durchsetzen und Verstöße gegen ihre Anordnung mit einem Bußgeld von bis zu einer Höhe von 30.000 Euro ahnden.

Die Änderungen erfolgen per Verordnung und treten nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger voraussichtlich Mitte kommender Woche in Kraft.

Mittelstand will klagen

Kritik an den verpflichtenden Testangeboten kommt vom Arbeitgeberverband BDA. Präsident Rainer Dulger sprach von einer weiteren „Misstrauenserklärung gegenüber den Unternehmen und ihren Beschäftigten in diesem Land“. Die Testpflicht führe nur zu einer weiteren Bürokratielast.

Markus Jerger, Bundesgeschäftsführer des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW), kündigte an, gegen die vom Kabinett beschlossene Pflicht zum Angebot von Corona-Tests zu klagen. „Dagegen muss und wird der Mittelstand sich wehren. Wir bereiten als Verband gerade die dafür erforderlichen rechtlichen Schritte vor“, sagteer  den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Die Testpflicht für Unternehmen ist ein Lehrstück für Politik-Versagen.“ 



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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2 Kommentare

Zwangsangebotstests

von Scarabäus am 18.04.2021 um 13:36 Uhr

Die deutsche Politik handelt wieder obsolet läuft der Realität nach-wie-vor hinterher:
1) Gibt‘s nicht genug Tests für alle und jedes Unternehmen.
2) Wachsen die Zweifel an der Zuverlässigkeit jener Schnelltest (Siehe O-Ton Prof. Drosten oder England, wo man schon wieder zurückrudert!)*.

Der Sinn steht somit in Frage, aber ich frage mich: „Sind vielleicht auch hier Lobbygelder der Testhersteller in Politikertaschen
)* https://www.theguardian.com/world/2021/apr/15/rapid-covid-testing-in-england-may-be-scaled-back-over-false-positives

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Zwangsangebotstests Lobby

von ratatoske am 19.04.2021 um 15:22 Uhr

Gegenfrage, geht dort noch was ohne diese Gelder und Incentives ? Die Österreicher testen schon seit Monaten und stehen eher schlechter da. Aber die haben auch das schöne Sprichwort, " Auf dem A.... der anderen ist gut durchs Feuer reiten " .
Ein nationale Aufgabe, aber natürlich von den Betrieben voll zu zahlen ! Herr Heil ! es gibt nicht nur die gepamperten Dax Konzerne und Großkonzerne die im Ausland legal kaum mehr Steuern zahlen, aber das ist wohl zu viel verlangt. Aber wer von der Bastelstube elektronische Kassenlösungen mit Nasa Aufwand für 2000 - 4000 Euro plus Folgekosten verlangt, zeigt, daß ihm kleine und mittlere Betriebe völlig egal sind, taugen ihm höchstens zum steuerlichen Abzocken, bis sie sich nicht mehr rühren, Betaterverträge gibts eh nur anderswo.

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