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„Whitepaper“ von Scanacs
Der „Fall AvP“ als Anlass für die Direktabrechnung
Die Apothekenrechenzentren arbeiten seit Jahrzehnten mit demselben Geschäftsmodell. Doch dies könnte sich in den nächsten Jahren ändern. Denn erstens wird das E-Rezept neue technische Rahmenbedingungen schaffen, und zweitens hat die AvP-Insolvenz das Vertrauen in das Konzept erschüttert. Eine Alternative könnte die Direktabrechnung mit der Unterstützung durch einen technischen Dienstleister sein. Dieser Weg wird derzeit besonders von der Firma Scanacs propagiert.
Vor dem Hintergrund der AvP-Insolvenz bringt Scanacs sein geplantes Angebot für eine neu konzipierte Rezeptabrechnung ins Gespräch. Das Unternehmen wendet sich derzeit mit einem „Whitepaper“ unter dem Titel „Der Fall AvP und seine Folgen“ an die Apotheken. Dieses liegt DAZ.online als Vorabveröffentlichung vor. Scanacs bezeichnet sich als „innovatives Start-up“ mit dem Ziel, „eine einfache wie effiziente Kommunikation zwischen Apotheke und Krankenkasse zu ermöglichen“. Das Unternehmen wurde 2016 von Frank Böhme gegründet, der nun einer der beiden Geschäftsführer ist. Böhme war zuvor bei einer Krankenkasse, einem großen Pharmaunternehmen und anschließend bei einem Unternehmen zur Rezeptprüfung tätig.
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Derzeit bietet Scanacs eine elektronische Verknüpfung von Apotheken mit Krankenkassen auf einer gemeinsamen Plattform. So können Apotheken den Zuzahlungsstatus der Versicherten elektronisch prüfen. Außerdem können sie über die „Verordnungsprüfung“ die bei der jeweiligen Krankenkasse verwendeten Erstattungshinweise in Echtzeit abfragen. Damit könne sich die Apotheke vor Retaxationen schützen und Zeit sparen, wirbt Scanacs. Nach Angaben des Unternehmens hätten Krankenkassen mit insgesamt mehr als 27 Millionen Versicherten die Plattform aktiviert, und 3.000 Apotheken seien dort registriert.
Von AvP zu einer neuen Option
Das „Whitepaper“ von Scanacs trägt die Entwicklung im „Fall AvP“ übersichtlich zusammen, bietet gut informierten Beobachtern aber keine inhaltlichen Neuigkeiten. Es enthält ein Interview mit dem FDP-Bundestagsabgeordneten Wieland Schinnenburg, eine Darstellung aus der Perspektive der betroffenen Apothekerin Sylvia Trautmann und einen Beitrag einer Krankenkassenmitarbeiterin über die Konsequenzen für die Abrechnungstätigkeit.
Scanacs betont, bei der bisherigen Rezeptabrechnung könne die Apotheke wegen möglicher Retaxationen erst nach zwölf Monaten sicher sein, das Geld behalten zu können. Bei dieser Darstellung gerät in den Hintergrund, dass die Krankenkassen gemäß § 130 Abs. 3 SGB V innerhalb von zehn Tagen nach Rechnungseingang zahlen müssen, um den Apothekenabschlag abziehen zu dürfen. Neben den „Unsicherheiten aufgrund langer Prüfprozesse“ führt Scanacs als weitere Nachteile des bisherigen Abrechnungsverfahrens beispielsweise „intransparente Preis- und Vertragsmodelle“, „lange Vertragsbindung“, „Unsicherheit hinsichtlich weiterer Insolvenzen“ und „ggf. unklare Haftungsrisiken“ an, ohne dabei auf Unterschiede zwischen den Anbietern einzugehen. Um die Risiken zu verringern, könnten Apotheken die Abrechnung auf mehrere Dienstleister verteilen, heißt es dazu weiter.
Argumente für die Direktabrechnung
Doch das „Whitepaper“ zielt auf die Direktabrechnung mit Hilfe von Scanacs. Diese baut auf der bereits angebotenen Rezeptprüfung auf. Dabei werden die Rezeptdaten an die Service-Plattform übertragen. Dort wird das Rezept geprüft und ein Abrechnungskennzeichen vergeben. Anschließend kann die Krankenkasse direkt an die Apotheke zahlen. Scanacs betont, dass die Abrechnung durch die Apotheken schon heute im SGB V vorgesehen sei. Gemäß § 300 Abs. 2 SGB V „können“ sie ein Rechenzentrum in Anspruch nehmen, aber dies ist nicht vorgeschrieben.
Als Vorteile der Echtzeit-Prüfung nennt Scanacs die „zeitliche Entlastung durch eine klare Konfiguration von Prüfungen“ und den „Wegfall unterschiedlicher Vertragsinterpretationen zwischen Apotheken und Krankenkassen“. Dies reduziere den Aufwand für Prüfungen und bei Retaxationen und schaffe Planungssicherheit. Auch für die Krankenkassen werden Vorteile durch die „Verbesserung der Prozessqualität in der Rezeptprüfung“ und geringeren Aufwand propagiert. Nach Einschätzung von Scanacs bringt das Verfahren zusätzliche Sicherheit. Die Apotheke behalte die Hoheit über ihre Abrechnung und die Rechnung werde innerhalb kurzer Zeit direkt von der Krankenkasse bezahlt. Auch die Zahlungen des Nacht- und Notdienstfonds und die Herstellerrabatte könnten über die Plattform abgerechnet werden.
Angebot offenbar im Aufbau
Dem angeführten Geschwindigkeitsvorteil ist jedoch entgegenzuhalten, dass die technische Möglichkeit zur Echtzeit-Prüfung nichts an den vertraglichen Einspruchsfristen und weiteren Prüfmöglichkeiten der Krankenkassen ändern würde. Dazu ist im „Whitepaper“ nichts zu finden. Dort steht auch nicht, wann das propagierte Konzept angeboten werden kann. Auf Anfrage von DAZ.online hieß es, das Unternehmen arbeite mit Apotheken und Krankenkassen an der Direktabrechnung und sei zuversichtlich, „dass die Einführung der Direktabrechnung in Kürze für weitere Apotheken zugänglich gemacht werden kann“. Solange noch Papierrezepte abgerechnet werden, müssten diese von den Apotheken an die einzelnen Krankenkassen geschickt werden. Auf die verbreitete Vorfinanzierung der Abrechnungsbeträge durch Rechenzentren geht Scanacs in seinem „Whitepaper“ nicht ein. Allerdings können dafür – wie in anderen Wirtschaftsbereichen – Banken in Anspruch genommen werden.
Weitere Anbieter zu erwarten
Falls sich die beschriebenen Vorteile des vorgestellten Geschäftsmodells realisieren lassen, dürften vermutlich bald weitere Dienstleister dafür entstehen. Dabei wird zu fragen sein, ob die Rezeptprüfung, die bei Scanacs im Mittelpunkt steht, überhaupt entscheidend ist. Denn das E-Rezept wird die Übermittlung der Rezepte völlig verändern. Zur wichtigsten Herausforderung für noch einfachere Konzepte der Direktabrechnung dürfte dann das Inkasso der Herstellerrabatte werden.
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