Superfoods-Beratungswissen – Teil 9

Aloe vera – das „Wüstenwunder“

Stuttgart - 17.03.2021, 10:45 Uhr

Aloe-vera-Gel wirkt kühlend und befeuchtend auf der Haut. Die ursprünglich aus Süd- und Ostafrika stammende Pflanze wird aber auch als Saft oder Nahrungsergänzungsmittel angeboten. (Foto: Subbotina Anna / stock.adobe.com)

Aloe-vera-Gel wirkt kühlend und befeuchtend auf der Haut. Die ursprünglich aus Süd- und Ostafrika stammende Pflanze wird aber auch als Saft oder Nahrungsergänzungsmittel angeboten. (Foto: Subbotina Anna / stock.adobe.com)


Acemannan – ein viel beworbenes Mucopolysaccharid

Im Inneren der Aloe-vera-Blätter befindet sich das Wasserspeichergewebe der Pflanze. Es handelt sich um ein gelartiges Mark, das sich herausschälen lässt. Dieses Gel schmeckt zwar unangenehm bitter, doch seine Einnahme ist ungefährlich und verträglich. Es besteht zu 99 Prozent aus Wasser. Mucopolysaccharide, auch als Glykosaminoglykane bezeichnet, sorgen für die Gel-Konsistenz. Weiterhin sind verschiedene Zucker, Aminosäuren, Fette, Mineralien, Enzyme und Vitamine enthalten. Als bedeutsam für die Wirkung von Aloe vera soll das Acemannan (auch als Aloverose bezeichnet) sein, ein Mucopolysaccharid, dessen Gehalt bei vielen Vermarktern als Qualitätsmerkmal gilt. In Zertifikaten, die die Qualität von Aloe-vera-Produkten belegen sollen, wird auf diesen „sagenhaften“ Inhaltsstoff abgehoben. Acemannan soll präbiotische Eigenschaften aufweisen, deshalb wird Aloe vera auch in Lebensmitteln, zum Beispiel in Joghurt, verwendet. 

Wissenschaftlich belegt ist das ebenso wenig, wie der Nutzen einer innerlichen Anwendung generell. Aus dermatologischer Sicht schlüssig sind einzig und allein externe, kühlende und befeuchtende Effekte von Aloe-vera-Gel auf der Haut oder auf Schleimhäuten. Kritiker weisen darauf hin, dass der Acemannan-Gehalt ohnehin äußerst gering sei und pro Liter im Milligramm-Bereich liege. Auch würden Hersteller selbst auf Nachfrage keinerlei Angaben dazu machen. 

Blätter als Frischgemüse?

Im Internet kursieren Rezepte, bei denen Aloe-Blätter als Gemüse zubereitet werden. Die „saftstrotzenden“ Blätter werden als „Vitalgemüse“ bezeichnet und es gibt sogar ein Aloe-vera-Gourmet-Kochbuch. Die Verbraucherzentrale warnt dringend davor, ganze Aloe-Blätter als Gemüse zu verwenden, zu pürieren oder in Smoothies einzuarbeiten. Zwangsläufig würden so hohe Mengen an Anthrachinonen verzehrt. Die geringste Nebenwirkung sei dabei noch der Durchfall, der akut ausgelöst wird. Eine aktuelle Neubewertung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) kommt zu dem Schluss: Anthrachinone wie Aloin und Aloe Emodin, die beide in Aloe-vera-Blättern enthalten sind, können Krebs auslösen und das Erbgut schädigen. Schwangere dürfen auf keinen Fall Aloe-Blätter oder Zubereitungen mit Anthrachinonen zu sich nehmen. 

Wer unbedingt frische Aloe-vera-Blätter im Haushalt selbst verwenden möchte, sollte die Blattrinde sorgfältig abschälen und das Gel aus dem Blattinneren gründlich mit Wasser abspülen. 

Säfte unter der Lupe

Aloe-vera-Säfte und Nahrungsergänzungsmittel mit Aloe vera dürfen keine Anthrachinone enthalten. Bei Kontrolluntersuchungen entsprechender handelsüblicher Produkte durch das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) Stuttgart im Jahr 2018 entsprachen alle Proben den Vorschriften. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen weist darauf hin, dass die meisten in Deutschland verkauften Aloe-vera-Zubereitungen aus intensiver Landwirtschaft stammen und durch hohe Düngung einen noch größeren Wassergehalt als ohnehin schon üblich haben. Dadurch würde sich die Konzentration möglicherweiser wertgebender Inhaltsstoffe weiter verringern. Außerdem würden, außer im kontrollierten Bio-Anbau, Insektizide und Herbizide eingesetzt. 

Beim Kauf von Aloe-vera-Säften sollte man die Zutatenliste und Bezeichnung des Produktes studieren. Frucht- und Gemüsesäfte dürfen zwar keine Konservierungsstoffe enthalten, wenn der Aloe-vera-Saft jedoch durch kleine Honigbeigaben aromatisiert oder durch Mischen mit anderen Säften geschmacklich verbessert wird, erfolgt die Einstufung als „alkoholfreies Erfrischungsgetränk“. Diese Getränke dürfen Konservierungsstoffe (Natrium-Benzoat, Kaliumsorbat) enthalten; manchen ist auch das Verdickungsmittel Xanthan, Vitamin C und/oder Vitamin E zugesetzt. 



Reinhild Berger, Apothekerin
redaktion@daz.online


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