Ein Update zu den Corona-Entwicklungen

Rolling Reviews zu Novavax, REGN-COV2 und mehr

Stuttgart - 04.02.2021, 16:45 Uhr

Der russische Corona-Impfstoff Sputnik V könnte nach Angaben von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) künftig auch in Deutschland produziert werden. (x / Foto: Matthias Friel / stock.adobe.com)

Der russische Corona-Impfstoff Sputnik V könnte nach Angaben von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) künftig auch in Deutschland produziert werden. (x / Foto: Matthias Friel / stock.adobe.com)


Die Corona-Entwicklungen sind ständig in Bewegung. Gestern hat die EMA das Rolling-Review-Verfahren für einen weiteren Impfstoff gegen COVID-19 aufgenommen, zwei Tage zuvor begann sie mit dem Rolling Review einer Antikörper-Kombination zur Behandlung von COVID-19. Könnte der russische Impfstoff Sputnik V bald folgen? Und lassen sich verschiedene Impfstoffe in Zukunft vielleicht sogar kombiniert einsetzen?

Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) hat ein Prüfverfahren für einen weiteren Corona-Impfstoff eingeleitet: NVX-CoV2373. Auf der Grundlage erster Ergebnisse aus Laborversuchen und frühen klinischen Studien mit Erwachsenen des US-Herstellers Novavax habe man das sogenannte Rolling-Review-Verfahren eingeleitet, teilte die EMA am vergangenen Mittwoch in Amsterdam mit. Nach dem Verfahren werden Daten und Ergebnisse von Studien bereits bewertet, noch bevor ein formeller Antrag auf Zulassung eingegangen ist. Damit wird das Zulassungsverfahren insgesamt deutlich verkürzt.

„Der Impfstoffkandidat NVX-CoV2373 ist ein Präfusionsprotein, das unter Verwendung der rekombinanten Nanopartikel-Technologie von Novavax zur Erzeugung von Antigen aus dem Coronavirus-Spike-Protein (S-Protein) hergestellt wird. Um die Immunantwort zu verstärken und hohe Konzentrationen neutralisierender Antikörper zu stimulieren, wird der Impfstoffkandidat mit dem patentierten Matrix-M™-Adjuvans auf Saponin-Basis von Novavax kombiniert. NVX-CoV2373 war nach vorklinischen Tests als führender SARS-CoV-2-Kandidat ermittelt worden. Diese hatten eine starke Immunogenität und einen hohen Gehalt an neutralisierenden Antikörpern gezeigt.“ 

Quelle DAZ.online 29. Mai 2020

Neben dem neuen Impfstoff wird auch die Entwicklung einer Akut-Therapie gegen COVID-19 seit vergangenem Montag von der EMA beobachtet: Sie hat mit dem Rolling Review einer Antikörperkombination begonnen, die medial bereits zuvor viel Aufmerksamkeit erfahren hatte. Das Arzneimittel, das gemeinsam vom US-Hersteller Regeneron und vom Schweizer Unternehmen Hoffman-La Roche entwickelt wurde, REGN-COV2, soll im vergangenen Jahr zur Behandlung der COVID-19-Infektion des damaligen US-Präsidenten Donald Trump eingesetzt worden sein. Zudem hatte erst kürzlich DAZ.online darüber berichtet, dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sowohl die monoklonalen Antikörper der US-Hersteller Regeneron (Casirivimab/Imdevimab bzw. REGN-COV2) als auch den von Eli Lilly (Bamlanivimab) für Deutschland eingekauft hat. Beide sind noch nicht in der EU zugelassen. 

„Die zwei rekombinanten humanen monoklonalen IgG1-Antikörper Casirivimab und Imdevimab (REGN10933 und REGN10987) von Regeneron wurden speziell zur Abwehr von SARS-CoV-2 entwickelt. Sie binden nicht-kompetitiv an die kritische Rezeptorbindungsdomäne des Spike-Proteins des Virus und sollen auch mutierte Viren abblocken können.“

Quelle DAZ.online 26.01.2021

Der EMA zufolge deuten vorläufige Ergebnisse einer Studie darauf hin, dass die Antikörper-Kombination REGN-COV2 die Menge an Coronaviren in der Nase und im Rachen bei nicht hospitalisierten Patienten reduzieren kann. Es sei aber noch zu früh, um Schlussfolgerungen über das Verhältnis von Nutzen und Risiken zu ziehen. Bislang fließen nur präklinische Daten in das Rolling Review ein. Klinische Daten werden folgen. 

In den USA gibt es bereits seit November für REGN-COV2 eine Notfallzulassung der Arzneimittelbehörde FDA. Die von Gesundheitsminister Spahn Ende Januar gekauften 200.000 Dosen von zwei Antikörper-Medikamenten für rund 400 Millionen Euro sollen zunächst in Unikliniken bei Risikopatienten in der Frühphase zum Einsatz kommen.

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Nach der Prüfung aller Daten (im Rahmen des Rolling Review) und nachdem ein formeller Zulassungsantrag gestellt wurde, geben die Experten der EMA so bald wie möglich eine Empfehlung ab. Bei einer positiven Bewertung wird die EU-Kommission sehr wahrscheinlich das Mittel zulassen, das gilt dann nur noch als Formsache. Bisher wurden drei Impfstoffe gegen COVID-19 in der EU nach Empfehlung der EMA zugelassen (von Biontech/Pfizer, Moderna und Oxford/AstraZeneca).

AstraZeneca-Impfstoff wohl auch wirksam gegen Virus-Übertragung

Der Impfstoff des britischen Pharmakonzerns AstraZeneca und der Universität Oxford soll ersten neuen Erkenntnissen zufolge auch gegen die Übertragung des Coronavirus wirken. PCR-Tests bei einer zufälligen Stichprobe aus entsprechend Geimpften in Großbritannien hätten gezeigt, dass der Impfstoff die Übertragung um rund 67 Prozent verringere, sagte AstraZeneca-Forschungschef Mene Pangalos am Mittwoch in einer Pressekonferenz. Zuvor war nur die Wirkung gegen eine COVID-19-Erkrankung festgestellt worden.

Die genannte Zahl bezieht sich auf jene, die eine erste Impfdosis hinter sich haben. Unter Getesteten, die auch die zweite Dosis erhalten haben, konnte hingegen lediglich eine Verringerung der Übertragung um knapp 50 Prozent festgestellt werden. „Selbst 50 Prozent sind eine signifikante Verringerung“, sagte Pangalos. Laut Andrew Pollard von der Universität Oxford kann die Differenz an der unterschiedlichen Zusammensetzung der relativ kleinen Stichproben liegen. „Dazu müssen wir noch weitere Analysen anstellen“, räumte Pollard ein.

AstraZeneca belegte mit neuen Untersuchungen zum Schutz vor einer COVID-19-Erkrankung außerdem, dass rund zwölf Wochen Abstand zwischen der ersten und zweiten Impfdosis bei dem eigenen Impfstoff wohl positive Auswirkungen auf dessen Wirksamkeit haben. Zwischen dem 22. und dem 90. Tag nach der ersten Impfdosis soll die Schutzwirkung des Vakzins demnach nicht nachlassen. Die Wirksamkeit gegen eine Erkrankung an COVID-19 wird in dieser Zeit von AstraZeneca mit 76 Prozent angegeben. Die EU-Arzneimittelbehörde EMA hatte die Wirksamkeit des Vakzins mit rund 60 Prozent angegeben. Grund für diese Differenz ist, dass unterschiedlich viele Daten aus den klinischen Studienphasen in die Berechnung einfließen, so die dpa.

Britische Forscher testen Kombination von Corona-Impfstoffen

Britische Forscher wollen nun außerdem in einer klinischen Studie die Impfstoff-Wirksamkeit bei der Kombination zweier unterschiedlicher Wirkstoffe testen. Wie das „National Institute for Health Research“ mitteilte, sollen dabei die beiden bislang in Großbritannien zugelassenen Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Oxford/AstraZeneca in unterschiedlicher Abfolge als erste und zweite Dosis verwendet werden. Weitere Präparate könnten später hinzukommen, hieß es in der Mitteilung. An der Studie, die am Donnerstag gestartet wurde, sollen mehr als 800 Freiwillige in England im Alter von 50 Jahren und darüber teilnehmen.

Gleichzeitig wollen die Forscher herausfinden, wie sich unterschiedliche Intervalle von vier bis zu zwölf Wochen zwischen der Gabe der beiden Dosen auswirken. Derzeit werden beide Impfstoffe in Großbritannien im Abstand von bis zu zwölf Wochen verabreicht. In dem Land erhielten bereits mehr als zehn Millionen Menschen eine erste Impfdosis, zweimal geimpft wurden bislang nur etwa 500.000 Menschen.

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Angesichts potenzieller Engpässe in der Impfstofflieferung sei es definitiv von Vorteil, Daten zu haben, die eine flexiblere Impfstoffvergabe erlaubten, sagte der stellvertretende medizinische Chefberater der britischen Regierung, Jonathan Van-Tam. Er fügte hinzu: „Es ist auch möglich, dass durch die Kombination von Impfstoffen die Immunreaktion erhöht werden könnte und ein länger anhaltendes und höheres Niveau an Antikörpern hervorgerufen werden könnte“, so Van-Tam. Das müsse nun getestet werden.

Eine ähnliche Studie hatten russische Forscher bereits Ende vergangenen Jahres angekündigt. Dabei soll eine Kombination aus dem russischen Impfstoff „Sputnik V“ und der Vakzine des britischen Pharmakonzerns AstraZeneca zum Einsatz kommen.

Neue Studie zu russischem Corona-Impfstoff zeigt hohe Wirksamkeit

Nach Kritik an fehlenden belastbaren Studien haben russische Forscher kürzlich weitere Details zu dem Corona-Impfstoff Sputnik V veröffentlicht. Das berichtete die dpa am vergangenen Dienstag. Demnach hat die Vakzine eine Wirksamkeit von 91,6 Prozent. Die Ergebnisse wurden am Dienstag im Fachblatt „The Lancet“ publiziert. Russland strebt offenbar auch eine Zulassung in der EU an. In mehr als 15 Ländern wird der Impfstoff mittlerweile im Kampf gegen das Coronavirus eingesetzt.

„Sputnik V (Gam-COVID-Vac bzw. Gam-COVID-Vac Lyo) ist ein viraler Vektorimpfstoff, der auf dem humanen Adenovirus, einem Erkältungsvirus, basiert und mit dem Spike-Protein von SARS-CoV-2 fusioniert ist, um eine Immunantwort zu stimulieren. Das Konzept ist in der Impfstoff-Forschung nicht neu. Bislang wurden aber erst zwei Impfregimes mit dem Wirkprinzip gegen Ebola zugelassen. Auch andere Forschungsverbünde entwickeln Vektorimpfstoffe gegen SARS-CoV-2. 

In dem Zweikomponenten-Impfstoff Sputnik V kommen als Vektoren zwei verschiedene Adenoviren zum Einsatz. Am ersten Tag wird die Adenovirus-Typ-26(Ad26)-basierte Komponente als sogenannter „Primer“ verabreicht und am 21. Tag die Komponente mit dem Adenovirus Typ 5 (Ad5) als Booster, um die Immunantwort zu verstärken.“ 

Quelle DAZ 34/2020

Die Wissenschaftler sprachen von „Zwischenanalysen“ der wichtigen Testphase III unter rund 20.000 Freiwilligen. Die Ergebnisse decken sich mit früheren Angaben. Damit hätte Sputnik V nahezu die gleiche Wirksamkeit wie die Impfstoffe von Moderna und Biontech/Pfizer und eine höhere als der von AstraZeneca. Den russischen Forschern zufolge wurde Sputnik V auch mit mehr als 2.000 Menschen über 60 Jahren getestet. In dieser Gruppe sei das Vakzin „ähnlich wirksam und gut verträglich gewesen“, hieß es. Sie sei aber noch nicht abgeschlossen.

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„Russia first“

Insgesamt sollte der Corona-Impfstoff mit 40.000 Freiwilligen getestet werden. Die Freigabe in Russland erfolgte vor gut einem halben Jahr. Damals gab es international Kritik, weil die Erlaubnis für eine breite Anwendung in der Bevölkerung vorlag, obwohl bis dahin wichtige Tests noch nicht begonnen hatten. 

Spahn: Gespräche über Sputnik-Produktion in Deutschland

Der russische Corona-Impfstoff Sputnik V könnte nach Angaben Spahns künftig auch in Deutschland produziert werden. Das berichtete die dpa am vergangenen Mittwoch. Bei Gesprächen mit der russischen Seite habe es die Bitte gegeben, zu schauen, ob es in Deutschland oder Europa Produktionskapazitäten geben könne, sagte Spahn am Mittwoch bei einer Online-Konferenz von „Tagesspiegel“, „Zeit“, „Handelsblatt“ und „Wirtschaftswoche“. „Wir können ja auch Unterstützung geben für die Produktion eines Impfstoffs, der in Europa noch gar nicht oder gar nicht zugelassen ist.“ Da sei man vermittelnd tätig.

Zuvor hatte bereits Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) berichtet, dass der Bund mit dem Impfstoffhersteller IDT Biologika in Dessau-Roßlau über mögliche Produktionskapazitäten für Corona-Impfstoffe verhandele. Dass es bei diesen Verhandlungen explizit um eine Produktion der russischen Vakzine Sputnik V geht, sagte Haseloff jedoch nicht. Zuvor hatte der Sender MDR Aktuell allerdings unter Berufung auf das Bundesgesundheitsministerium berichtet, dass die Sputnik-Entwickler Kontakt zu IDT aufgenommen hätten. Nach Angaben aus Moskau war bei der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA ein Antrag auf ein Zulassungsverfahren im Januar eingereicht worden.



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1 Kommentar

Wissenschaftliche Seriosität wahren

von Peter Szillat am 05.02.2021 um 13:51 Uhr

In einer Zeitschrift dieses Formats finde ich es schade, dass die Ernsthaftigkeit der Darstellung dadurch geschmälert wird, dass die sachliche Beschreibung eines Antikörper-Therapeutikums mit willkürlich herausgepickten Episoden eines einzelnen Patienten "ausgeschmückt" werden. Solche Anleihen bei der Boulevardpeesse finde ich ganz und gar unnötig.
Schade.

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