AstraZeneca-Impfstoff: STIKO und EMA uneins

Welche Daten gibt es bei Älteren?

Stuttgart - 01.02.2021, 13:45 Uhr

AstraZeneca berichtete Ende 2020 über positive Zwischenergebnisse zur Antikörperbildung nach Impfung mit AZD1222 – gerade auch bei älteren Menschen. (Foto: Khunatorn / stock.adobe.com)

AstraZeneca berichtete Ende 2020 über positive Zwischenergebnisse zur Antikörperbildung nach Impfung mit AZD1222 – gerade auch bei älteren Menschen. (Foto: Khunatorn / stock.adobe.com)


WHO fordert Impfwirksamkeit von mindestens 50 Prozent

Zum Vergleich: Die beiden zugelassenen mRNA-Impfstoffe BNT162b2 (Comirnaty®) von Biontech/Pfizer und mRNA-1273 von Moderna erreichten in Studien Impfwirksamkeiten von 95 Prozent und 94,5 Prozent. Somit liegt bisherigen Erkenntnissen zufolge die Impfwirksamkeit des COVID-19-Impfstoffs AstraZeneca deutlich unter der der mRNA-Vakzinen. Ob in Nicht-Pandemiezeiten diese Spanne toleriert werde würde, darüber kann man nur spekulieren. Allerdings geben beispielsweise die Richtlinien der US-amerikanischen FDA (Food and Drug Administration) an, dass die FDA einen Impfstoff gegen das Pandemievirus lizenziert, der eine Wirksamkeit von mindestens 50 Prozent aufweist, auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) fordert eine Mindestwirksamkeit von 50 Prozent.

Warum könnte die geringere Dosis besser wirken?

Um zu verstehen, warum das Impfschema – erste Impfung: halbe Dosis; zweite Impfung: volle Dosis – besser wirkte als zweimal die volle Dosis, muss man sich den Aufbau der Vakzine anschauen. AZD1222 ist ein Vektorimpfstoff: In ein abgeschwächtes Schimpansen-Adenovirus (verursacht Erkrankungen der Atemwege) – das Menschen nicht krankmachend infiziert – wurde das Gen für das Spikeprotein von SARS-CoV-2 eingebaut. Das Schimpansen-Adenovirus dient sozusagen nur als Transportmittel oder Fähre (Vektor), um das Gen mit dem Bauplan für das Spikeprotein in den Körper zu schleusen. Das eigentliche Antigen – Spikeprotein stellt der Mensch selbst her, woraufhin das menschliche Immunsystem Antikörper bildet und eine T-Zell-Antwort stimuliert. Nun ist es aber so, dass nicht nur das SARS-CoV-2-Spikeprotein für den Menschen fremd ist – auch das Schimpansen-Adenovirus provoziert eine Immunantwort, sodass bei Impfung der zweiten Dosis mögliche Antikörper gegen den Vektor den Impfstoff abfangen. Das könnte eine verminderte Immunität erklären.

Auch der in Russland eingesetzte COVID-19-Impfstoff Sputnik ist ein vektorbasierter Impfstoff, allerdings wurde hier das Problem mit der Vektor-Immunität so gelöst, dass bei der ersten und zweiten Dosis unterschiedliche Vektoren eingesetzt werden.

AZD122 sicher und gut verträglich

Für die Sicherheitsanalyse wurden alle randomisierten Proband:innen aller vier Studien berücksichtigt. Laut den Wissenschaftlern in „The Lancet“ hatte der Impfstoff ein gutes Sicherheitsprofil und schwerwiegende unerwünschte Ereignisse waren in allen Studienarmen ausgeglichen. Zu den häufigsten unerwünschten Wirkungen zählten Schmerzen und Empfindlichkeit an der Injektionsstelle, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Muskelschmerzen, allgemeines Unwohlsein, Schüttelfrost, Fieber, Gelenkschmerzen und Übelkeit.

Den Wissenschaftler:innen zufolge hatten ältere Erwachsene in Anzahl und Schwere weniger Nebenwirkungen, auch traten unerwünschte Ereignisse nach niedrigerer Dosis und nach der zweiten Dosis seltener auf. Drei Fälle von Transverser Myelitis, einer Entzündung, die das Rückenmark trifft und von Vireninfektionen ausgelöst werden kann, wurden zunächst als vermutete unerwartete schwerwiegende Nebenwirkung gemeldet. Zwei davon traten in der ChAdOx1 nCoV-19-Gruppe auf, was jeweils eine Studienpause zur sorgfältigen Überprüfung auslöste. Doch habe eine unabhängige klinische Überprüfung dieser Fälle ergeben, dass ein Fall in der Versuchsgruppe und einer in der Kontrollgruppe wahrscheinlich nicht mit den Studieninterventionen im Zusammenhang stehen, im dritten Fall ein Zusammenhang jedoch möglich sei.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

schlampige Studie?

von Kiwi am 02.02.2021 um 8:34 Uhr

Insgesamt stellt sich hier doch die Frage, warum für die Zulassungsunterlagen die Ergebnisse der beiden völlig unterschiedlich gelaufenen Studien einfach gemittelt wurde. Hätte nicht nach den Erkenntnissen von 90% Wirksamkeit mit der irrtümlich halbierten ersten Dosis das Impfschema angepasst werden können: erste Dosis nur halb, Booster ganz? So sollte nun auch klar kommuniziert werden, dass der Impfstoff bei Beibehalten der ursprünglichen Dosierung eher zu einer Wirksamkeit von 60% tendiert; und das hört sich noch mal schlechter an als 70%! Sollte ich bei einer möglichen Impfung an den AstraZeneca-Impfstoff geraten, muss ich mir überlegen, ob man nicht auf eigene Verantwortung die erste Dosis zur Hälfte verwirft. Sinn könnte es machen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Geschlechterneutralität in der Impfstofforschung

von Corona Virus am 02.02.2021 um 8:26 Uhr

Kann es sein, daß die Astra-Dosen nur bei Männern weniger gut wirken, weil es die Dosis heißt aber der Impfstoff ? Wie soll sich das (!!!!) Virusprotein da entscheiden? Und vielleicht wurde die halbe Dosis in der Stdudie durch das "Geteiltzeichen" verursacht?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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