Pharmagroßhandel

Sanacorp übernimmt Fiebig

Dillingen/Stuttgart - 07.01.2021, 15:30 Uhr

Sanacorp übernimmt Fiebig – vorbehaltlich der Zustimmung der EU-Kommission. (c / Foto: Sanacorp)

Sanacorp übernimmt Fiebig – vorbehaltlich der Zustimmung der EU-Kommission. (c / Foto: Sanacorp)


Die nächste Übernahme in der Großhandelsbranche steht bevor: Sanacorp übernimmt Fiebig – vorbehaltlich der Zustimmung der EU-Kommission. Das gab das Planegger Unternehmen am heutigen Donnerstag bekannt. Zuletzt sorgte Anfang November 2020 die Fusion von Gehe Pharma Handel (McKesson) und Alliance Healthcare Deutschland (AHD) für Furore in der Branche.

Der Großhandelsmarkt ist in Bewegung: Im Dezember 2019 wurde bekannt, dass die beiden internationalen Pharmahandelskonzerne McKesson Europe und Walgreens Boots Alliance (WBA) einen neuen Riesen auf dem deutschen Pharmagroßhandelsmarkt schaffen wollen – durch ein Joint Venture ihrer beiden deutschen Töchter Gehe Pharma Handel (McKesson) und Alliance Healthcare Deutschland (AHD).

Im November 2020 melden die beiden Unternehmen den Vollzug der Transaktion. An dem neuen Gemeinschaftsunternehmen hält WBA 70 Prozent und McKesson 30 Prozent. Laut Branchenexperten wird es ungefähr 30 Prozent Marktanteil im deutschen Pharmagroßhandel haben.

Großhandelsunternehmen bündeln ihre Leistungskraft

Durch die Übernahme des bisher inhabergeführten Pharmahändlers Leopold Fiebig, Rheinstetten, durch den Pharmagroßhändler Sanacorp, Planegg, setzt sich der Übernahmetrend fort. Für die Kunden soll sich nichts ändern. „Ihre bestehenden und bewährten Liefervereinbarungen und -beziehungen mit unserem 
Hause werden von uns uneingeschränkt weitergeführt", heißt es in einem Schreiben von Fiebig an seine Kunden.

„Mit diesem Schritt bündeln zwei innovative Großhandelsunternehmen ihre Leistungskraft, um fortan im Schulterschluss und neuer Stärke die Interessen der inhabergeführten Individualapotheken nachhaltig zu sichern“, erklärt Dr. Herbert Lang, Vorsitzender des Vorstandes der Sanacorp, in einer ersten Stellungnahme. „Auch die Idee der genossenschaftlichen Selbstbestimmung und Mitsprache erhält dadurch eine neue Dynamik und weiteren Zuwachs.“  

„Wie schon die Wertevorstellungen beider Unternehmen, so ergänzen sich auch Liefergebiete und Kundenstruktur in hervorragender Weise“, sagte Lang. „Die Schnittmengen in Bezug auf die aktuell belieferten Apotheken sind relativ gering, daher fügt sich hier nun zusammen, was ausgezeichnet zueinander passt. So werden die belieferten Apotheken auch künftig individuell und kompetent betreut und profitieren auch gegenüber ihren Kunden von einer noch höheren Lieferfähigkeit.“

Familienphilosophie dauerhaft sichern

Fiebig-Gesellschafter Andreas Rheinländer, Enkel der langjährigen Eigentümerin Gerda Nückel, sagt zu dem Firmenverbund: „Unser Familienunternehmen hat sich, genau wie die Sanacorp, stets der Partnerschaft mit den selbstständigen Apotheken verpflichtet. Die immer komplexeren Herausforderungen innerhalb unserer Branche erfordern auch zunehmend größere Lösungsansätze auf einem durchgängig hohen Niveau. Daher ist die Integration in eine leistungsfähige und überregionale Einheit zukunftsorientiert und erfolgversprechend.“ 

„Die passgenauen Übereinstimmungen in unseren Überzeugungen, sowie die langfristigen Vorteile und Chancen dieses starken Verbundes für unsere Kunden und Mitarbeiter, haben uns dazu bewogen, unser Unternehmen in die apothekereigene Sanacorp zu integrieren“, so Rheinländer. „Mit diesem Schritt werden wir unsere traditionsreiche Firmenphilosophie auf die Zukunft ausrichten und dadurch auf Dauer sichern.“

Alternative zu anonymen Großkonzernen

Das 1898 gegründete Unternehmen Leopold Fiebig gehört nach eigenen Angaben mittlerweile mit seinem hoch technisierten Logistikzentrum zu den modernsten Pharmagroßhändlern in Europa und ist vor allem im Südwesten Deutschlands als Partner der Apotheken tätig. Im Jahre 2017 expandierte Fiebig und übernahm sämtliche Unternehmensanteile des Pharmahändlers Ebert und Jakobi Holdermann, Ludwigshafen. Daraus ging die Fiebig-Gruppe hervor, deren heutige Geschäftsführer Dr. Udo Zimmermann und Andreas Rheinländer sind.

Fiebig ist ein Unternehmen, das sich der Tradition und Regionalität verpflichtet fühlt, wie es auf deren Internetseite zu lesen ist. Zu dieser Philosophie zähle, erklärt das Unternehmen, dass man vom Kunden gelernt habe, und dass Gesundheit und persönliche Verantwortung unmittelbar zusammengehöre. Deshalb unterstütze man das Modell der privat geführten Apotheke. Und biete als privater Pharmagroßhandel bewusst eine Alternative zu internationalen, anonymen Großkonzernen, heißt in der Unternehmensphilosophie.

Von der kleinen Apothekergenossenschaft zum Pharmagroßhändler

Demgegenüber steht der bundesweit agierende Pharmagroßhändler Sanacorp mit Sitz in Planegg bei München. Das 1924 in Esslingen als erste Apothekergenossenschaft EGWA gegründete Unternehmen hat sich zum internationalen Pharmagroßhandelsunternehmen entwickelt. Im operativen Geschäft erzielte Sanacorp mit ihren Gesellschaften laut seinen Angaben 2019 einen Jahresumsatz von 4,9 Milliarden Euro und ist eines der größten apothekerbestimmten Pharma-Großhandelsunternehmen in Deutschland. Derzeit sind im Unternehmen rund 3.000 Mitarbeiter:innen in 17 Niederlassungen beschäftigt.

Die Fusion hat auch für die beiden großen Digitalinitiativen Folgen: Fiebig war Mitglied von Pharma Privat, einer Kooperation inhabergeführter privater Pharmagroßhandlungen, die wiederum am von Burda und Noweda ins Leben gerufenen Zukunftspakt Apotheke beteiligt ist. Pharma Privat hatte heute das Ausscheiden von Fiebig bekanntgegeben. 

Sanacorp hingegen ist Mitinitiator der Initiative ProAvO, die sich für eine Stärkung der Vor-Ort-Apotheken einsetzt und nach eigener Aussage „das neue deutsche Gesundheitsportal“ bauen will – gewissermaßen das „Konkurrenzbündnis“ zum Zukunftspakt Apotheke. Zu ProAvO gehört neben der Sanacorp mit Gehe ein weiterer Großhändler, zudem der Automatenhersteller BD Rowa, der Wort & Bild Verlag sowie der Apothekendienstleister Noventi.



Robert Hoffmann, Redakteur DAZ.online
redaktion@daz.online


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