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Bakterien erholen sich schneller als Pilze
Antibiotika stören Mikrobiom nachhaltig
Dass Antibiotika die Bakterien des Darm-Mikrobioms durcheinanderwirbeln, leuchtet ein. Doch auch das Mykobiom, die Pilze unseres Mikrobioms, beeinflusst eine Antibiose: Aus friedlichem Miteinander entwickelt sich Konkurrenz. Außerdem scheint einer Studie des Leibniz-Instituts zufolge der störende Effekt einer Antibiose auf Pilze sogar langfristiger zu sein als auf Bakterien: Die Bakterienflora erholte sich innerhalb von
30 Tagen, Pilzspezies zeigten selbst nach 90 Tagen noch Veränderungen. Zudem fanden die Wissenschaftler, dass bestimmte Stoffwechselprodukte der Bakterien, kurzkettige Fettsäuren wie Propionsäure, sich positiv auf krankmachende Eigenschaften von Hefepilzen auszuwirken scheinen.
Das menschliche Darm-Mikrobiom ist ein komplexes System aus Bakterien, Pilzen, Archaeen (einzellige Organismen ohne Zellkern, zeigen deutliche genetische Unterschiede zu Bakterien, weswegen sie von diesen abgegrenzt werden) und Phagen. Meist konzentriert sich die Forschung direkt auf die bakteriellen Bestandteile des Mikrobioms und wie diese unsere Gesundheit und bestimmte Erkrankungen beeinflussen können. Bekannt ist, dass Antibiotika die Zusammensetzung der natürlichen bakteriellen Darmflora schädigen oder zumindest verändern, was sich akut als Durchfall äußern, doch auch so weit gehen kann, dass bestimmte Arzneimittel in der Tumortherapie (Checkpoint-Inhibitoren) nicht mehr optimal wirken – das Mikrobiom entscheidet mit, ob ein Tumorpatient auf eine Therapie mit Checkpoint-Inhibitoren anspricht oder nicht.
Lassen Antibiotika das Mykobiom kalt?
Doch wie wirkt sich eine Antibiose eigentlich auf die Pilze unseres Mikrobioms aus? Bakterien können eine übermäßige Besiedlung des Darms mit Pilzen verhindern. Eine antibiotische Therapie wäre somit im Umkehrschluss ein wichtiger Risikofaktor für Pilzinfektionen. Wie sich Antibiotika auf das Zusammenspiel von Bakterien und Pilzen im Mikrobiom auswirken und wie eine Antibiose auch die Zusammensetzung der einzelnen Pilzarten stört, war beim Menschen bis vor kurzem nicht untersucht. Diese Aufgabe stellten sich die Forscher um Bastian Seelbinder unter der Leitung von Professor Gianni Panagiotou der Abteilung Systembiologie und Bioinformatik vom Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut. Sie untersuchten dafür über drei Monate Stuhlproben von 14 gesunden Probanden, 12 von ihnen hatten zuvor eine sechstägige Antibiose erhalten. Die Teilnehmer hatten entweder Doxycyclin, Azithromycin, Amoxicillin plus Clavulansäure, Ciprofloxacin oder Cefuroxim bekommen.
Überleben steigt
Kein Antibiotikum vor Checkpoint-Inhibitor-Therapie!
Stuhlproben wurden 15 Tage vor Antibiose, an Tag vier und sechs der Gabe und wieder an den Tagen 15, 30 und 90 nach Behandlung entnommen. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Wissenschaftler unter „Antibiotics create a shift from mutualism to competition in human gut communities with a longer-lasting impact on fungi than bacteria“ im Fachblatt „Microbiome“.
Was machen die Pilze?
Die Wissenschaftler fassten die Auswirkungen der Antibiose an drei Zeitpunkten zusammen: während, kurz nach und lang nach der Behandlung. Um eine Pilzart in ihrer Auswertung zu berücksichtigen, definierten die Forscher, dass diese in
15 Prozent der entnommenen Stuhlproben zu finden sein musste. Diesen „Prävalenzfilter“ passierten 14 Pilzarten vor und spät nach der Behandlung, jedoch bis zu 44 Pilzarten während und in der frühen Nachbehandlungszeit. „Das deutet darauf hin, dass Antibiotika vorübergehend eine Nische für weniger häufige Pilzarten schufen“, erklären die Wissenschaftler.
1 Kommentar
Sehr grundlegend
von Thomas Kerlag am 14.11.2020 um 20:23 Uhr
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