Drittes Bevölkerungsschutzgesetz

Neue Regelungen für die Pandemie

Berlin - 09.11.2020, 17:30 Uhr

Am vergangenen Freitag debattierte der Deutsche Bundestag über Einschränkungen in der Corona-Pandemie. (m / Foto: imago images / Christian Spicker)

Am vergangenen Freitag debattierte der Deutsche Bundestag über Einschränkungen in der Corona-Pandemie. (m / Foto: imago images / Christian Spicker)


Im Eiltempo wird derzeit der Gesetzentwurf für das dritte Bevölkerungsschutzgesetz durch das parlamentarische Verfahren getrieben. Am vergangenen Freitag befassten sich sowohl der Bundesrat als auch der Bundestag mit den jüngsten Plänen der Großen Koalition, die gesetzlichen Grundlagen für die Bekämpfung der Pandemie weiterzuentwickeln. Noch diese Woche wird die öffentliche Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestags stattfinden. Welche Neuerungen bringt das Gesetz?

Der Bundestag hat am 6. November den Entwurf von CDU/CSU und SPD für ein drittes Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach einstündiger Aussprache zur weiteren Beratung an den federführenden Gesundheitsausschuss überwiesen. Zugleich berieten die Fraktionen von AfD, Grünen und Linken über Anträge und übergaben diese an den Ausschuss.

Mit dem neuen Gesetz sollen die Regelungen der beiden im März und im Mai 2020 beschlossenen Bevölkerungsschutzgesetze fortentwickelt werden. Es geht vor allem um Änderungen im Infektionsschutzgesetz (IfSG), speziell um weitere oder geänderte temporäre Ermächtigungsgrundlagen für die Regierung während einer „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“. Zunächst angedachte, jedoch sogleich stark kritisierte Verstetigungen von Verordnungsermächtigungen in der Krise waren bereits aus dem Kabinettsentwurf verschwunden.

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Der im Bundestag beratene Gesetzentwurf der Fraktionen sieht nun nochmals anders aus als der des Kabinetts, zu dem der Bundesrat seine Stellungnahme verabschiedete. Während der Bundesrat noch fordert, die Rechtsgrundlage für Corona-Schutzmaßnahmen der Länder – die Generalklausel des § 32 IfSG/§ 28 IfSG – durch einen Maßnahmenkatalog zu konkretisieren, sieht der Entwurf der Fraktionen bereits eine Regelung in diese Richtung vor. Ein neuer § 28a IfSG soll „Besondere Schutzmaßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus SARS-CoV-2“ regeln. Hier werden die inzwischen bekannten Maßnahmen wie Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen, Abstandsgebot, Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung, Betriebs- und Gewerbeuntersagungen, Untersagung oder Auflagen für Veranstaltungen etc. konkret genannt – und zwar als Maßnahmen die „insbesondere“ ergriffen werden können, ein abschließender Katalog ist es also nicht. Auch die Schwellenwerte von 50 und 35 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner (7-Tage-Inzidenz) sind in dem Paragrafen aufgenommen – sie markieren, ab wann „schwerwiegende“, „stark einschränkende“ oder nur „einfache“ Schutzmaßnahmen zu ergreifen sind.

Unterstützung für erwerbstätige Eltern, Impfungen für Nichtversicherte, erweiterte Laborkapazitäten

Der Gesetzentwurf sieht überdies neue Regeln zu Verdienstausfällen vor. Zudem wird die mit dem ersten Bevölkerungsschutzgesetz im März 2020 geschaffene Entschädigungsregelung für Eltern fortgeführt, wenn diese infolge fehlender Betreuungsmöglichkeiten für ihre Kinder einen Verdienstausfall erleiden. Geregelt wird auch – und zwar im Sozialgesetzbuch V –, dass nicht nur Versicherte, sondern auch Nichtversicherte einen Anspruch auf Testungen und Schutzimpfungen haben können, wenn eine Rechtsverordnung des Bundesgesundheitsministeriums dies vorsieht. Damit weitere wissenschaftliche Erkenntnisse über die Verbreitung des Virus und den Verlauf der Pandemie gewonnen werden können, sind zudem neuartige Surveillance-Instrumente beim Robert Koch-Institut vorgesehen.

Nicht zuletzt wird der derzeit (in § 24 IfSG) vorgesehene Arztvorbehalt modifiziert, um patientennahe Schnelltests auf das Coronavirus SARS-CoV-2 einsetzen zu können und bei Bedarf auch Kapazitäten der veterinärmedizinischen Labore abrufen zu können. Und auch eine Änderung in der Medizinprodukte-Abgabeverordnung ist geplant. Dort ist derzeit bestimmt, dass In-vitro-Diagnostika ausschließlich an bestimmte Adressaten abgegeben werden dürfen – etwa Ärzte, Apotheken und Gesundheitsbehörden. Die Regelung soll nun um „Pflegeeinrichtungen“ ergänzt werden. Das gibt Apotheken jedenfalls im Hinblick auf die Abgabe von Tests an Alten- und Pflegeheime Rechtssicherheit. Eine Abgabe und Durchführung solcher Schnelltests an den Verbraucher zum direkten oder indirekten Nachweis des Coronavirus wäre mit den jetzt vorgesehenen Änderungen allerdings nach wie vor nicht möglich.

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Während der Debatte wurden die neuen Krisenmaßnahmen von Bund und Ländern scharf attackiert. Redner der Opposition kritisierten mangelnde parlamentarische Mitsprache bei den Alltagsbeschränkungen im November. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verteidigte diese „bittere Medizin“, die Härten und Verzicht für Hunderttausende Bürger bedeute. Wie im Frühjahr gelte es aber wieder, die Infektionskurve abzuflachen und das Gesundheitssystem zu schützen. Spahn sagte: „Die Lage ist ernst.“ Wenn Intensivstationen überfüllt seien, sei es zu spät. Er betonte zudem, beim nun geplanten Gesetz blieben Mitsprache- und Entscheidungsrechte von Bundestag und Bundesrat gewahrt. Das Parlament könnte die „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ als Basis von Krisenmaßnahmen selbst aufheben.

Nächste Station für den Gesetzentwurf ist am kommenden Mittwoch die öffentliche Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestags. Die ABDA ist übrigens nicht zur öffentlichen Anhörung geladen. Die zweite bzw. dritte Lesung im Bundestag ist für den 18. November 2020 geplant. Am selben Tag soll der zweite Durchgang im Bundesrat stattfinden – im Rahmen einer Sondersitzung. Das Gesetz bedarf der Zustimmung des Bundesrates.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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7 Kommentare

Testzahlen

von Thorsten W. am 17.11.2020 um 20:06 Uhr

Dieser §28a kann in dieser Form niemals rechtens sein. Die Einschränkungen werden nach den Bedingungen 35 / 50 endschieden. Erstens sind diese Werte sind rein willkürlich von der Politik festgelegt. Zweitens sind diese NICHT an bestimmte Kriterien der PCR-Tests gebunden, also Zahl der Test, Testgruppen, CT-Werte und Anzahl von Genen. Somit kann diese Regelung niemals rechtlichen Halt haben, schon alleine durch die einfache Manipulierbarkeit.

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Corona

von Udo Saß am 13.11.2020 um 20:32 Uhr

Diese für mich unsäglichen Coronaleugner Aussagen nerven einfach nur noch.
Wenn Angst und Einsamkeit (die nicht zugegeben oder wahrgenommen werden) Menschen dazu bringt andere anzustecken oder sogar zu Tode zubringen, dann ist ein Punkt erreicht, diese mit Druck zum Wohle der Gemeinschaft mit Sanktionen dazu gebracht werden müssen, ihr Verhalten zu verändern.

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: Corona

von Jens Leumer am 14.11.2020 um 12:02 Uhr

Danke für Menschen wie SIE, die es durch fahrlässiges Verhalten ermöglichen, Notstandsgesetze durchzuboxen. Ich kenne nur seeehr wenige Corona-Leugner, aber viele Corona-Skeptiker und viele ältere Menschen, die Bevölkerungsschutzgesetze noch aus einer anderen dunklen Zeit her kennen. Wer Sanktionen fordert ist schnell auch bereit andere Menschen zu denunzieren. Antirassismus und Antidiskriminierung gelten wohl in Coronazeiten nicht mehr. Bald darf wieder geschossen werden, wenn es nach Ihrem Rechtsverständnis geht!

AW: Corona

von Michael Burkowski am 14.11.2020 um 23:43 Uhr

Stellen Sie die Wahrscheinlichkeit einer Infektion und die Wahrscheinlichkeit daran ernsthaft zu erkranken mit denen gegenüber an irgendeiner Krebserkrankung zu sterben.
Dann werden womöglich auch Sie leichte Zweifel zulassen das eine gesonderte Gesetzgebung für eine noch nicht abschließend erforschte Erkrankung erwirkt werden soll.

Mitsprache- und Entscheidungsrechte?????

von Alexander D am 12.11.2020 um 12:30 Uhr

"Das Parlament könnte die „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ als Basis von Krisenmaßnahmen selbst aufheben."
DAS ist das "Mitsprache- und Entscheidungsrecht"???
Mir wird echt anders wenn ich das lese.
Wenn ich nur zähle wie oft ich "wird ermächtigt" oder ermächtigen lese wird mir schlecht.

Zusammen mit der Überlegung, Quarantäneverweigerer in geschlossenen Krankenhäusern zwangseinweisen zu lassen (also poitiv getestete, die an der Richtigkeit des Testes zu Recht zweifeln, siehe Labore Bayern, siehe Fußballer die erst positiv dann negativ getestet werden, siehe Angaben bei PCR-Test-Herstellern auf unspezifische Reaktionen auf H1N1 etc etc) sind wir dann nicht irgendwie auf einem falschen Weg????? Vielleicht sogar in Richtung einer dunklen Vergangenheit????

Ich weiß es nicht

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Diktatur

von Regner Manuela am 12.11.2020 um 7:51 Uhr

Eine Diktatur einzuführen unter dem Deckmantel des Infektionsdchutzes und uns Bürger von jeglichen Grundrechten, Freiheit und Selbstbestimmung zu befreien, geht gar nicht!!!

Manipulierte Zahlen durch Testpannen und Übermittlungsfehler sowie unsichete PCR TESTS als Grundlage zu nehmen, ist bewusste Volksverblödung!

Wo bleiben die Parlamente? Die Gerichte? Die Menschenrechte?

Politik ohne Anstand und Moral!!

Das darf nicht so einfach durchgeführt werden!

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Bevölkerungsschutzgesetz

von René günther am 11.11.2020 um 20:58 Uhr

Das erinnert schon stark an die ehemalige ddr - dort wurde den Einwohnern auch gesagt was für Sue gut ist und was nicht - aber das schlägt hier dem Fass langsam den Boden aus .... dort sieht es ja so aus das alle Menschen nicht wissen was gut für sie ist es wird alles vereinheitlicht und alle Grundrechte und Freiheiten außer Kraft gesetzt und zwar nach Gutdünken..... das ist schon beängstigend...

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