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Bundestagsdebatte zum VOASG
Sichere Gleichpreisigkeit oder doch eine Mogelpackung?
Das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz ist auf der Zielgeraden. Bei der abschließenden Beratung im Bundestag zeigte sich erneut in einem Punkt Einigkeit über alle Fraktionen hinweg: Die Vor-Ort-Apotheken sind ein wesentlicher und unverzichtbarer Baustein unserer Gesundheitsversorgung. Gerade in der Pandemie hätten sie unter Beweis gestellt, dass man sich auf sie verlassen kann. Doch an der Frage, wie man sie nun richtig stärkt, scheiden sich die Geister. Bei der Linksfraktion hat man jedenfalls eine Erklärung, warum die Union vom Rx-Versandverbot abgerückt ist.
Nun hat das Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken (VOASG) nach jahrelangem Ringen doch noch einen Schlussspurt hingelegt. Am gestrigen Donnerstagabend stand die abschließende Beratung im Bundestag an. Karin Maag (CDU), gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, erklärte in ihrer Rede, sie teile die Empörung der Apotheker nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom Oktober 2016, das EU-Versendern erlaubte, deutschen Kunden Rx-Boni zu gewähren. Sie selbst habe sich – wie viele ihrer Kollegen und die Apotheker selbst – ein Rx-Versandverbot gewünscht. „Aber wir müssen uns auf das beschränken, was europarechtlich möglich ist“. Und das sei der nun gewählte Weg der Gleichpreisigkeit.
Zwar könnten Privatversicherte theoretisch weiterhin Rx-Boni von EU-Versendern erhalten, so Maag. Aber da ihre privaten Versicherer nur den tatsächlich verauslagten Preis zahlten, hätten sie selbst keine monetären Vorteile davon. Der ABDA sei sie „dankbar“, dass sie in der Anhörung zugestimmt habe, es hätte keine tragfähigere Lösung zur Einbindung der PKV-Versicherten gegeben.
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Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Sabine Dittmar, machte deutlich, dass das VOASG wohl nur einen „einstweiligen Schlussstrich“ unter die seit vier Jahren geführten Diskussionen rund um das Versandhandelsverbot und die Gleichpreisigkeit setzen wird. Was die jetzt beschlossene Lösung betrifft, habe die EU-Kommission kein klares Signal gegeben, aber auch nicht deutlich „nein“ gesagt. Dittmar geht davon aus, dass auch hier der EuGH das letzte Wort haben wird.
Dass der Rx-Versandhandel erlaubt bleibt, war der SPD-Fraktion ein besonderes Anliegen – er sei ein wichtiger Baustein in der Patientenversorgung, betonte Dittmar erneut. Fakt sei aber auch, dass die Apotheke vor Ort der Hauptansprechpartner für die Patienten sei. Die SPD-Abgeordnete erklärte weiterhin, warum der zunächst vorgesehene Änderungsantrag zur Parenteralia-Versorgung herausgefallen ist: Auch auf Nachfrage hätten keine strukturellen Versorgungsprobleme nachgewiesen werden können. Auf keinen Fall wolle man aber die vorhandene Versorgungsstruktur der 270 Apotheken mit Sterillabor und ihrer Netzwerke schwächen. Sollte in Zukunft doch ein Versorgungsengpass auftreten, würden die dann nötigen Änderungen selbstverständlich auf den Weg gebracht.
Opposition auf Konfrontationskurs: „Hinter die Fichte geführt“
Der CSU-Gesundheitspolitiker Stephan Pilsinger hob auf den zuletzt noch eingebrachten Änderungsantrag ab, der sicherstellen soll, dass sich auch EU-Versender künftig an die deutschen Versandregeln halten müssen – insbesondere an die Temperaturanforderungen. Dass diese beim Transport eingehalten werden, müssten sie nun auch nachweisen. Schließlich seien Arzneimittel keine gewöhnlichen Versandartikel. Patienten müssten sich darauf verlassen können, dass auch im Versand Wirksamkeit und Unbedenklichkeit jederzeit gewährleistet sind. Es müsse Schluss damit sein, dass sich EU-Versender bisher diesen Vorgaben entziehen konnten. Pilsinger forderte, dass die neuen Regelungen künftig auch durchgesetzt und kontrolliert, sowie Verstöße sanktioniert werden.
Mehr Schatten als Licht
Diesen Punkt würdigte sogar Christine Aschenberg-Dugnus, gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion. Diesem Änderungsantrag sowie jenem zum Botendiensthonorar habe auch ihre Fraktion zugestimmt. Anders sieht es bei der Gleichpreisigkeit im Sozialgesetzbuch V aus. Dies sei ein durchschaubarer Trick, der allein dazu diene, die EuGH-Rechtsprechung zu umgehen, erklärte die Liberale. Sehenden Auges steuere man damit auf ein Vertragsverletzungsverfahren zu.
Kordula Schulz-Asche von den Grünen sieht es ähnlich. Sie räumte ein, dass das VOASG ursprünglich einige gute Regelungen enthielt, die aber bereits in anderen Gesetzen umgesetzt worden seien. Geblieben sei „eine Finte“ des Gesundheitsministers: „Ich bin mir sicher, dass sich der EuGH nicht so leicht hinter die Fichte führen lässt“. Aus ihrer Sicht sei es Zeit für „innovative Ideen“, um die Apotheken vor Ort zu erhalten. Es gehe vor allem darum, den Beruf attraktiver zu gestalten: durch die Stärkung heilberuflicher Tätigkeiten, die Einbindung in moderne Telemedizin und Telepharmazie und ganz besonders die Möglichkeit, Apotheken gemeinsam führen zu können. Die jungen Apotheker, meint Schulz-Asche, sind hierfür bereit.
Linke: Lenkt ein finanzstarker Versender die Geschicke?
Harald Weinberg von der Linksfraktion, die ihrerseits einen Antrag für ein Rx-Versandhandelsverbot eingebracht hatte, verwies auf die vielen Fürsprecher dieses Wegs, in den Ländern und auch der Union. Wirklich gleich lange Spieße zwischen deutschen Apotheken und EU-Versendern ließen sich nur so, nicht aber durch das sozialrechtliche Boni-Verbot erreichen, da hier Selbstzahler und Privatversicherte außen vor blieben. Das VOASG ist für ihn daher eine „Mogelpackung“, es stärke die Apotheken vor Ort gerade nicht.
Woher der Sinneswandel in der Regierungskoalition – schließlich stand das Rx-Versandverbot sogar im Koalitionsvertrag – rührt, kann sich Weinberg durchaus vorstellen. Er erinnerte an Parteiveranstaltungen, die von DocMorris finanziert wurden. Und er verwies auch auf die Masken mit DocMorris-Logo, mit dem die drei Kandidaten für den CDU-Vorsitz kürzlich bei der Jungen Union auftraten – „ein Schelm, wer Böses dabei denkt“, so der Linken-Abgeordnete.
1 Kommentar
Wider besseres Wissen
von Dirk Krüger am 02.11.2020 um 15:08 Uhr
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