VOASG-Änderungsanträge

Auch EU-Versender müssen Temperaturanforderungen erfüllen

Berlin - 24.10.2020, 08:00 Uhr

Auch Arzneimittelversender aus dem EU-Ausland müssen die Vorgaben der Apothekenbetriebsordnung zu Transport und Lagerung von Arzneimitteln beachten. (c / Foto: New Africa / stock.adbobe.com)

Auch Arzneimittelversender aus dem EU-Ausland müssen die Vorgaben der Apothekenbetriebsordnung zu Transport und Lagerung von Arzneimitteln beachten. (c / Foto: New Africa / stock.adbobe.com)


Der Einsatz des CSU-Bundestagsabgeordneten Stephan Pilsinger, mit dem Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz klarzustellen, dass auch für EU-Versender Temperaturkontrollen nötig sind, hat offenbar Wirkung gezeigt. Die jüngsten Formulierungshilfen für Änderungsanträge zum Gesetzentwurf sehen entsprechende Nachjustierungen im Apothekengesetz und der Apothekenbetriebsordnung vor.

Kommende Woche, am 29. Oktober, soll das Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz (VOASG) abschließend vom Bundestag beraten und beschlossen werden. Tags zuvor wird sich der Gesundheitsausschuss des Bundestages nochmals mit dem Gesetzentwurf befassen und Änderungsanträge beschließen.

Nun liegt ein neues Paket von Formulierungshilfen aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) für Änderungsanträge vor, das teilweise dem ersten Paket von Anfang September gleicht, aber auch eine Überraschung bereithält. Unverändert bleiben die Streichungsvorschläge: Obsolet geworden sind die derzeit noch im Gesetzentwurf vorhandenen Regelungen zum Makelverbot, dem Wiederholungsrezept und Grippeschutzimpfungen in der Apotheke. Sie alle wurden bereits in anderen Gesetzgebungsvorhaben umgesetzt.

Nach wie vor vorgesehen ist, die im VOASG geplante Regelung zu automatisierten Ausgabestationen zu ergänzen. Allerdings wurde etwas an der Formulierung geschliffen. Die Arzneimittel aus diesen Stationen sind demnach „für jeden Empfänger getrennt zu verpacken und jeweils mit dessen Namen und Anschrift des Empfängers zu versehen“. 

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Herausgefallen aus dem zunächst angedachten Änderungspaket ist hingegen eine Änderung in § 11 Abs. 3 Apothekengesetz. Diese sollte Apothekeninhabern ermöglichen, auf Anforderung anderer Apotheken nicht nur anwendungsfertige Zytostatikazubereitungen, sondern auch andere patientenindividuell hergestellte Arzneimittel zur parenteralen Anwendung an diese öffentliche Apotheke abzugeben. Zudem sollte eine Änderung im Betäubungsmittelgesetz erfolgen, um Versorgungsengpässen bei der Versorgung von Palliativpatienten mit Schmerzpumpen entgegenzuwirken. Diese Forderungen hatte der Bundesrat aufgestellt – und die Bundesregierung hatte eigentlich zugesagt, sie aufzugreifen. Was hinter dem Sinneswandel steckt, bleibt vorerst offen.

Und was ist hinzugekommen? Kürzlich bekannt wurde bereits der geplante Änderungsantrag zur Verstetigung der Botendienstvergütung ab 1. Januar in Höhe von 2,50 Euro netto pro Tag und Lieferort. Ganz neu ist hingegen die Formulierungshilfe für den Änderungsantrag 6 – hier geht es um Anforderungen an den Versandhandel im Apothekengesetz und der Apothekenbetriebsordnung, und zwar „einschließlich der Einhaltung der Temperaturbedingungen“.

Extreme Wetterlagen führen zu Klarstellungsbedürfnis

Konkret ist eine Änderung in § 21 Abs. 2 Apothekengesetz angedacht. Hier findet sich die Rechtsgrundlage für die detaillierteren Regelungen zum Versandhandel in der Apothekenbetriebsordnung. Schon an dieser Stelle soll künftig klargestellt sein, dass diese Anforderungen auch „an den Versand aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum“ zu stellen sind.

In § 17 Abs. 2a Apothekenbetriebsordnung – der auf eben dieser Rechtsgrundlage fußt und die Anforderungen an den zulässigen Versandhandel mit Arzneimitteln konkretisiert – soll es eine gleichlautende Ergänzung geben. Damit wird klargestellt, dass unter anderem folgende Vorgabe auch für EU-Versender gilt: Dass der Apothekenleiter sicherzustellen hat, dass „das Arzneimittel so verpackt, transportiert und ausgeliefert wird, dass seine Qualität und Wirksamkeit erhalten bleibt; insbesondere müssen die für das Arzneimittel geltenden Temperaturanforderungen während des Transports bis zur Abgabe an den Empfänger eingehalten werden; die Einhaltung muss bei besonders temperaturempfindlichen Arzneimitteln, soweit erforderlich, durch mitgeführte Temperaturkontrollen valide nachgewiesen werden“ (§ 17 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 ApBetrO).

In der Begründung des Änderungsantrags heißt es, beim Versandhandel mit Arzneimitteln müssten die Arzneimittelsicherheit und eine ordnungsgemäße Versorgung unabhängig davon gewährleistet sein, ob der Versand durch eine deutsche Apotheke oder durch eine Apotheke, die in einem anderen EU-Mitgliedstaat ansässig ist, erfolgt. Es handele sich um eine Klarstellung, dass auch ausländische Versandapotheken zur Einhaltung der Regelungen in § 17 Abs. 2a Satz 1 der Apothekenbetriebsordnung verpflichtet sind. Explizit als Beispiel erwähnt wird die Kontrolle der für die Arzneimittel geltenden Temperaturanforderungen während des Transports. Weiter heißt es: „Der Apothekenleiter hat die Qualität und Wirksamkeit der Arzneimittel bis zur Abgabe an den Empfänger sicherzustellen. Die Regelung ist erforderlich, um insoweit Klarheit zur Qualität der versendeten Arzneimittel vor dem Hintergrund der in den letzten Jahren teilweise zu beobachtenden extremen Wetterlagen zu schaffen.“

Erst Anfang der Woche hatte der CSU-Bundestagsabgeordnete und Mitglied des Gesundheitsausschusses, Stephan Pilsinger, seine Fraktion auf die Probleme der Temperaturkontrolle aufmerksam gemacht. Er hatte – unter anderem unter Verweis auf den DAZ-Beitrag „Hitzefrei: Wie die (Transport-)Temperatur die Stabilität von Arzneimitteln beeinflusst“ von Regina Scherließ, Professorin für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel – um Unterstützung gebeten, die Kontrollen von Arzneimittellieferungen der EU-Versender zu verschärfen. Pilsinger wollte erreichen, dass die Einhaltung der Versand- und Lagerbedingungen regelmäßig kontrolliert und konsequent durchgesetzt wird, insbesondere müsse gewährleistet sein, dass auch ausländische Versandapotheken sich an die Auflagen halten. 

Gegenüber DAZ.online zeigt sich Pilsinger mit Blick auf die geplante Änderung am VOASG erfreut: „Ich begrüße es sehr, dass wir mit dem Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz endlich klarstellen, dass sich auch die EU-Versender an die strengen Vorschriften der Apothekenbetriebsordnung halten müssen. Seit Jahren konnten sich die Auslandsversender den Qualitätsanforderungen der deutschen Apothekengesetzgebung entziehen – mit dem Änderungsantrag zum VOASG machen wir nun deutlich: Es müssen endlich faire Wettbewerbsbedingungen und ‚gleich lange Spieße‘  für Versender und Vor-Ort-Apotheken gelten!"

Wie die Überwachungspraxis am Ende aussieht, bleibt abzuwarten.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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2 Kommentare

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von Anita Peter am 24.10.2020 um 10:26 Uhr

"während des Transports bis zur Abgabe an den Empfänger eingehalten werden;"

Wann wird "abgegeben"`? Die Zustellung in einen Briefkasten oder eine Packstation ist bei Arzneimitteln bestimmt nicht "abgegeben". Die Abgabe hat persönlich zu erfolgen. NUR dann ist auch die Temparaturanforderung zu100% zu gewährleisten.
Ansonsten wieder mal ein Papiertiger, da laut Spahn DoMo nicht kontrolliert werden muss.

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Wie oft rennen wir denn noch gegen diese Mauer?

von Benjamin Schäfer am 24.10.2020 um 9:30 Uhr

Gesetze funktionieren nicht, denn es fehlt an der Exekutive! Und falls es noch niemand gemerkt hat, genau diese Immunität gegenüber Rechtsprechung, die im Niederländisch-deutschen Grenzgebiet das steuermeidende. fremdkapitalgesteuerte Krebsgeschwür wuchern lässt, ist das Konzept. Geschäftsmodell darf man es nicht nennen, weil es DIebstahl ist. Sowohl an Kapital, welches dringend in unserem Gesundheitssystem bleiben muss, aber auch Diebstahl an Gesundheitsinfrastruktur an sich. Und dann wird man sich in 10 Jahren wieder hinstellen - analog zur hier vernichteten Generikawirkstoffindustrie - und sagen:"Huch, wer konnte denn ahnen, dass es keine kluge Idee ist, sich so abhängig zu machen?

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