Handelsblatt-Bericht

EU-Kommission äußert sich zum deutschen Apothekenmarkt

Berlin - 17.09.2020, 13:15 Uhr

Die EU-Kommission sieht Versandapotheken durch das E-Rezept im Aufwind. Heißt das, dass EU-Versender nicht mehr im „Nachteil“ gegenüber Vor-Ort-Apotheken sind und sich daher auch an Festpreise halten müssen? (m / Foto: imago images / Shotshop)

Die EU-Kommission sieht Versandapotheken durch das E-Rezept im Aufwind. Heißt das, dass EU-Versender nicht mehr im „Nachteil“ gegenüber Vor-Ort-Apotheken sind und sich daher auch an Festpreise halten müssen? (m / Foto: imago images / Shotshop)


Was lässt sich aus dem Gutachten ziehen?

Mit diesem Statement bezieht sich Brüssel offenbar auf das vergangene Woche Mittwoch veröffentlichte Gutachten, das das IGES-Institut und das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit zum Apothekenmarkt angefertigt hatten. Zwar fehlen Handlungsempfehlungen und ein echtes Fazit, die Einschätzung der Autoren, dass das E-Rezept deutlich stärkere Auswirkungen auf das Apothekenwesen haben wird als mögliche Preisregulierungen, ist jedoch klar herauszulesen.

Tatsächlich lässt das IGES-Gutachten viel Raum für Interpretationen. Und diese fallen unter den Gesundheitspolitikern sehr unterschiedlich aus, wie Anfragen von DAZ.online ergeben haben: Während der Arzneimittelexperte der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Hennrich (CDU), sich Rückenwind für die Apothekenreform verspricht, meint die Bundestagsabgeordnete Sylvia Gabelmann (Linke), mit diesem „obskuren Gutachten“ habe Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in Brüssel keine Chance.

Auch die Deutungen der wirtschaftlichen Datenbasis zum Apothekenmarkt stehen sich zum Teil diametral entgegen: Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Bundestag, Sabine Dittmar, kommt zu dem Schluss, die flächendeckende Versorgung sei nicht in Gefahr. DAZ.online-Autor Dr. Thomas Müller-Bohn zieht in seiner Analyse einen anderen Schluss. Aus seiner Sicht hat die Apothekendichte vielerorts die Grenze für eine angemessene Versorgung erreicht. „Dies betrifft nicht nur einzelne Standorte, sondern das ist ein Strukturproblem“, schreibt er. „Eine weitere Schwächung verträgt das System daher nicht.“



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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6 Kommentare

MaxDorris

von Reinhard Rokitta am 17.09.2020 um 23:21 Uhr

Habs wieder vergessen: In welche EU-Länder dürfen die Holländer noch versenden - ausser nach D?

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AW: MaxDorris

von Heiko Barz am 18.09.2020 um 11:05 Uhr

Es ist erstaunlich und paradox, dass in 21 EU-Ländern ein autonomes und justitiables RXVV seit Jahren von der „EU-Gerichtsbarkeit“ unangreifbar existiert. Aus diesen Ländern sitzen in den Ausschüssen der EU Kommissionen Vertreter mit anscheinend ausschließlich ihren Interessen.
Und die können sich nicht stark machen für die Bedingungen, die sie selbst für sich in Anspruch nehmen?
Wie intrigant sind denn diese EU-Staaten?
Ich sage es sehr ungern, aber ohne Uns ( Deutschland ) gäbe es schon lange keine EU mehr. Nur das Geld hält dieses sehr fragile politische System noch zusammen. Und, wer zahlt dabei am meisten? Ja, ja, wir profitieren dabei überdurchschnittlich!?
Wer glaubt das denn noch?

AW: MaxDorris

von Anita Peter am 18.09.2020 um 11:50 Uhr

"Die EU funktioniert nur solange wie Deutschland zahlt" O-Ton Margarete Thatcher. Ich glaube seitdem hat sich nichts geändert, ganz im Gegenteil....

Deutschland möchte unbedingt in den Vereinigten Staaten von Europa aufgehen. Woher diese suizidalen Gedanken in der Politik kommen, weiss ich nicht.

Fassungslos

von Reinhard Rodiger am 17.09.2020 um 20:48 Uhr

Die EU-Kommission will also den Mittelstand abschaffen.Denn dies geschieht, wenn kapitalgesteuerten Oligopolen der Weg bereitet wird.
Klarer war noch keine Ouvertüre zum Abgesang dessen, was üblicherweise als lebensfähig eingestuft wird.Verantwortungslos.

Ich bin fassungslos, dass dieser skandalöse Vorgang so glatt durchläuft.Es scheint niemand zu merken.

Offensichtlich sind destruktive Interessen im Spiel.
Kurzfristiger Gewinn gegen langfristige menschengemässe Versorgung.Alles gut ???

Ein Armutszeugnis auch für die, deren Aufgabe es ist, dies zu verhindern und die europäische Idee nicht ad absurdum zu führen.

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von Anita Peter am 17.09.2020 um 13:18 Uhr

„Die Einführung von elektronischen Rezepten hat das Potenzial, eine Verlagerung des Verbraucherverhaltens von der stationären Apotheke zum Online-Anbieter zu stimulieren"

Also da habt ihr die Ziele der EU schwarz auf weiss. Vernichtung der deutschen Vor Ort Apotheken zu Gunsten der ausländischen Versender.

Und ein deutscher Minister macht da mit. Auf welchem Selbstzerstörungstrip befindet sich Deutschand eigentlich?

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AW: EU

von Scarabäus am 17.09.2020 um 20:30 Uhr

Dass diese EU leider zum Lobbyverein des Großkapitals mutiert, ist sicher nichts Neues. Neu hingegen ist, dass EU-Versendern die trojanischen Tore geöffnet werden, während man sich gleichzeitig den behördlichen Kontrollen mit Hinweis auf national(staatlich)e (Nicht)Zuständigkeiten entzieht. Hier zeigt sich die Heuchelei par excellence!

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