Verbändeanhörung zum VOASG

Botendienst-Honorar unter Beschuss

Berlin - 17.09.2020, 12:30 Uhr

Das geplante Honorar für die Botendienste der Apotheken kam bei der Verbändeanhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestags nicht gut weg. (m / Foto: Schelbert)

Das geplante Honorar für die Botendienste der Apotheken kam bei der Verbändeanhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestags nicht gut weg. (m / Foto: Schelbert)


Bei der Öffentlichen Anhörung zum Vor-Ort-Apothekenstärkungsgegesetz im Gesundheitsausschuss des Bundestags war schnell klar: Abgesehen vom Votum der ABDA hält sich die Zustimmung zur Vergütung der Botendienste der Apotheken in Grenzen. Auch das Verbot von Abgabeautomaten kommt nicht gut an.

Diese Anhörung hatte es in sich: 90 Minuten lang hatten die Mitglieder des Gesundheitsausschusses im Bundestag am gestrigen Mitwochnachmittag Gelegenheit, die geladenen Verbände und Sachverständigen zu den einzelnen Regelungen im Gesetzentwurf des Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetzes (VOASG) zu befragen. Die mittlerweile durch Änderungsanträge deutlich abgespeckte Version enthält neben einem Honorartopf für neue pharmazeutische Dienstleistungen auch eine Verankerung des Rx-Boni-Verbots im Sozialrecht. Zu beiden Punkten waren durchaus auch kritische Töne zu vernehmen.

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Noch schlechter kam die geplante Vergütung der Botendienste der Apotheken weg. Selbst mit der im Vergleich zur SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung halbierten Pauschale von 2,50 Euro pro Lieferung konnten sich einige der befragten Verbände nicht anfreunden. „Eine Verstetigung lehnen wir ab“, sagte etwa Elisabeth Fix von der Caritas. Sie fürchtet, dass von einer Verteilung mit der berühmten Gießkanne vor allem Betriebe mit hoher Kundenfrequenz in den Städten und Ballungsgebieten profitieren würden. Es gelte aber, vor allem die Versorger auf dem Land zu stärken. Daher böten sich eher regionale Vereinbarungen mit den Krankenkassen an, meint Fix.

Dr. Siiri Ann Doka von der BAG Selbsthilfe sprach sich ebenfalls gegen eine pauschale Vergütung der Lieferdienste aus. Nach der Behindertenrechtskonvention haben laut Doka zwar auch Versicherte mit Einschränkungen einen Anspruch auf eine angemessene Versorgung, die „gegebenenfalls auch entlohnt werden sollte“. Dazu müsse der Gesetzgeber aus ihrer Sicht jedoch entweder ein Anreizsystem oder gar eine Verpflichtung für die Apotheken schaffen. Eine undifferenzierte Entlohnung für die Botendienste lehnt die BAG Selbsthilfe allerdings ab.

Schmidt: Kein Honorar, sondern Anreiz

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt betonte, es handele sich bei der geplanten Vergütung eben nicht um ein Honorar, sondern um einen Anreiz für die Apotheken, Botendienste anzubieten. Die Betriebe würden lediglich wirtschaftlich in die Lage versetzt, entsprechende Dienste leisten zu können. Er halte diesen Schritt für „notwendig und sinnvoll“. Die Abrechnungszahlen zeigten zudem, dass die Apotheken das Angebot sehr verantwortungsvoll nutzten – immerhin blieben die Kosten dafür bisher deutlich unter jenen, die das Bundesministerium für Gesundheit in der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung veranschlagt hätte.

Abgabeautomaten ohne Apothekenbindung

Ein weiteres Feld, bei dem Schmidt weitgehend allein stand mit seiner Position, war das Thema Arzneimittel-Abgabeautomaten. Mit der derzeit vorgesehenen Regelung will die Regierungskoalition laut Gesetzesbegründung Ausgabestationen verhindern, „die sich ‒ anders als der Versandhandel ‒ den Anschein einer Präsenzapotheke geben, ohne eine Vollausstattung bereitzuhalten und das gesamte pharmazeutische Leistungsspektrum anbieten zu können“. 

Schmidt hält allerdings auch die jetzt vorgesehenen Konstrukte für „überflüssig und schädlich“. Aus seiner Sicht bliebe bei der Versorgung durch Präsenzapotheken und ergänzend dem Versandhandel auch kein Raum dafür. Stattdessen gelte es, die Grenzen zwischen Vor-Ort-Versorgern und Versendern weiter nachzuschärfen und beide Teilbereiche klar voneinander zu trennen.

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Fix widersprach ihm erneut. Abgabeautomaten seien eine „gute Möglichkeit für die Versorgung der Menschen und Pflegedienste“ auch nach Ladenschluss und insbesondere in ländlichen Gebieten. Sie fordert, den Passus zu streichen, der diese Automaten an die Verkaufsräume einer Apotheke bindet. Das würde es den Betrieben zum Beispiel ermöglichen, einen Automaten im Nachbardorf aufzustellen und so eine Flexibilisierung der Arzneimittelversorgung zu erreichen.

Kassen wollen Arzneimittelversorgung modernisieren

Auch Stefanie Stoff-Ahnis vom Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) pochte auf Flexibilisierungsmodelle. Die Krankenkassen setzten sich dafür ein, die Versorgung ihrer Versicherten mit Medikamenten zu modernisieren, sagte sie. Abgabeautomaten seien durchaus geeignet, um die Versorgung zu verbessern, betonte Stoff-Ahnis. Eine räumliche Bindung der Automaten an eine Präsenzapotheke lehnte sie wie auch Fix ab. Sie appellierte an den Gesetzgeber, an dieser Stelle nachzuarbeiten und in diesem Zuge auch zum Beispiel telepharmazeutische Beratungsangebote möglich zu machen.



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Abgabeautomaten zur Verbesserung der Versorgung im ländlichen Raum?

von Andreas Grünebaum am 17.09.2020 um 20:39 Uhr

Die Installation eines teuren ROWA-Abgabeautomaten nebst Nebenkosten in einer Kleinen Gemeinde wird wohl kaum wirtschaftlich sein.
Ich sehe da viel eher Abgabeautomaten in hochfrequentierten Fachmärkten, welche über die Niederlande betrieben werden. Der Kunde löst dort bequem und ohne "lästige" Beratung sein e-Rezept ein, kassiert den Bonus und schleppt die Packungen nach Hause. Wenn diese Büchse der Pandorra geöffnet wird, wird es keine Apotheken mehr im Umkreis geben.

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