1A Pharma Ende des Jahres lieferfähig

Naproxen-Engpass: Entspannt sich die Lage langsam?

Stuttgart - 13.08.2020, 14:15 Uhr

Füllen sich die Naproxen-Schubladen in den Apotheken langsam wieder? (Foto: Schelbert) 

Füllen sich die Naproxen-Schubladen in den Apotheken langsam wieder? (Foto: Schelbert) 


Bereits im Juni hatte sich DAZ.online auf Spurensuche begeben: Warum ist OTC-Naproxen derzeit kaum noch erhältlich? Nur mit Mühe erfuhr DAZ.online von den betroffenen Herstellern die Hintergründe – die sich allerdings stark unterschieden. Während bei Johnson & Johnson kein Lieferdatum absehbar war, schwankten die Liefertermine der anderen Anbieter zwischen Juni, Juli und August. Was hat sich in der Zwischenzeit verändert? DAZ.online hat nachgehakt.

Naproxen ist schon seit Längerem in deutschen Apotheken nur schwer erhältlich. DAZ.online hatte darüber berichtet, dass laut einem Blog-Beitrag von Apotheker Maximilian Wilke – Gründer von „whatsinmymeds“, eine Datenbank, die dabei helfen soll, Arzneimittel entsprechend ihrer Hilfsstoffe auszusuchen – der Dolormin-Hersteller Johnson & Johnson offenbar nicht liefern kann, weil bereits 2019 ein Produktionsstandort in China schließen musste. Johnson & Johnson ist laut Wilke auf der Suche nach neuen Produktionsstandorten. Bis diese gefunden sind, sei die Herstellung erst einmal eingestellt.

Mehr zum Thema

Und so schrieb das Pressebüro Johnson & Johnson im Juni auch an DAZ.online: „Leider ist Dolormin für Frauen / Dolormin GS bis auf weiteres nicht lieferbar. Dies ist auf den Lieferengpass eines Inhaltsstoffs zurückzuführen, der für die Herstellung unserer Produkte verwendet wird.“ Weitere Hintergründe wollte man nicht erläutern. Am heutigen Donnerstag hieß es nun auf erneute Nachfrage: „Dolormin für Frauen / Dolormin GS ist leider nach wie vor nicht lieferbar. Grund ist ein Lieferengpass eines Inhaltsstoffes, der für die Herstellung unserer Produkte verwendet wird. Wir arbeiten weiterhin intensiv daran, den Lieferengpass zu beheben.“ Nähere Erläuterungen gab es wieder keine. Auch auf den Vorwurf einer intransparenten Kommunikationsführung – wie er in einem Kommentar auf DAZ.online deutlich wurde – reagierte Johnson & Johnson nicht. DAZ.online hatte gefragt, ob man erklären könne, warum die Pharmaindustrie mit den Apothekern nicht transparenter kommuniziert?


Warum lassen wir uns so verarschen? Mal kein Wirkstoff, mal die Verpackung. Wir werden doch nach Strich und Faden belogen. So geht es doch bei allen 'Nichtlieferfähigkeiten'. Wir als DIE Arzneimittelfachleute werden nicht über die Hintergründe informiert und lassen uns das gefallen. […]“

Leserkommentar auf DAZ.online


Wie bereits im Juni geschildert, zeigten sich die anderen Naproxen-Anbieter etwas auskunftsfreudiger: Naproxen von Hexal sollte voraussichtlich bis Ende Juni/Juli nicht lieferfähig sein. 

Naproxen Hexal wieder lieferfähig

Von Hexal hieß es nun auf erneute Nachfrage: „Im konkreten Fall von Naproxen kam es, wie wir Ihnen auch im Juni diesen Jahres mitgeteilt haben, aufgrund von Kapazitätsengpässen in unserem Werk zu Lieferengpässen bei einigen Naproxen-Präparaten. Wie angekündigt, waren wir im Juli voll lieferfähig und haben auch die Apotheker über die Verfügbarkeit der Präparate informiert.“

Allerdings befindet sich neben Hexal auch 1A Pharma unter dem Sandoz-Dach. Dort bestehen offenbar weiterhin Probleme: „Aufgrund der allgemeinen Situation im Markt besteht eine sehr hohe Nachfrage nach Naproxen-Präparaten, die leider dazu geführt hat, dass die Lagerbestände unseres OTC-Präparates verstärkt abgerufen wurden und bei 'Naproxen 1A Pharma' derzeit wieder Lieferengpässe zu verzeichnen sind.“

Neu aufgetretene Lieferprobleme des Wirkstofflieferanten

Auch zum Hintergrund der Lieferengpasses wurde man bei Sandoz nun konkreter: zusätzlich zu den genannten Kapazitätsengpässen in der Produktion bestünden nun auch Lieferprobleme des Wirkstofflieferanten. „Wir rechnen damit, zum Ende des Jahres mit Naproxen 1A Pharma wieder lieferfähig zu sein. Unsere verschreibungspflichtigen Naproxen-Präparate sind nicht vom aktuellen Lieferengpass betroffen“, heißt es.

Mehr zum Thema

Wie eine Rückholung der Wirkstoffproduktion nach Europa gelingen kann

Lehren aus der Leere

Und wie steht es aktuell um Naproxen von Ratiopharm? Bei der Teva-Pressestelle hieß es noch im Juni, dass man mit OTC-Naproxen voraussichtlich im August wieder lieferfähig sei. Auch dort wurden beim ersten Versuch damals nicht alle Fragen beantwortet, im zweiten Versuch hieß es: „Bei uns handelt es sich um einen Wirkstoff-Engpass.“

Ratiopharm kann die Lücke anderer Anbieter nicht schließen

Auf erneute Anfrage ist man nun auch bei Teva direkt auf alle Punkte von DAZ.online eingegangen – also auch bezüglich der Transparenz in der Kommunikation mit den Apothekern: „Mit unserer Kommunikation zu Naproxen Ratiopharm waren wir sehr transparent. Wir haben gesagt, dass wir im August lieferfähig sind und das sind wir, sprich wir liefern aktuell aus.“ Da Ratiopharm aber nicht zu den Marktführern gehöre, könne man die aktuelle Lücke nicht einfach schließen, „wenn andere Anbieter ausfallen“.

Sandoz kann Verärgerung verstehen

Es zeichnet sich also Besserung ab, doch behoben dürfte der Naproxen-Engpass nicht sein. Zur Frage nach der transparenten Kommunikation zeigte sich von allen Anbietern die Sandoz-Pressestelle schließlich am kooperativsten: „Wir können die Verärgerung verstehen, wenn es wiederholt zu Lieferengpässen kommt“, hieß es von dort. Leider seien bei einem großen Sortiment von fast 6.000 verschiedenen Einzel-Produkten, Lieferengpässe oder gar zeitlich begrenzte Lieferunfähigkeiten bei einzelnen Produkten nicht ganz zu vermeiden. Zu den Hintergründen und möglichen Lösungsansätzen wurde aber auch nur allgemein auf den Branchenverband Pro Generika verwiesen.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.