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Immunthrombosen durch SARS-CoV-2
Gibt es einen gemeinsamen Risikofaktor für schwere COVID-19-Verläufe?
Führt Endothelschädigung zu Immunthrombosen?
Zur näheren Erklärung wird in der FAU-Mitteilung ein weiterer Aspekt berücksichtigt, der in den letzten Wochen durch die Medien ging: die virale Schädigung des Endothels. „Die verstärkte Zusammenballung von neutrophilen Granulozyten und die darauffolgende NET-Bildung werden bei COVID-19 vermutlich durch die virale Schädigung des Endothels, der Auskleidung der Blutgefäße, hervorgerufen“, heißt es – Stichwort ACE2. Dabei zieht die Endothel-Schädigung im Rahmen einer COVID-19-Erkrankung offenbar nicht nur neutrophile Granulozyten an, sondern speziell solche mit geringer Dichte. Diese sollen vermehrt zur NET-Bildung neigen und bei Autoimmunprozessen eine Rolle spielen. Bis zu einem gewissen Grad sei die NET-Bildung bei Entzündungen zwar normal – jedoch sei bei COVID-19 der Vorgang nicht auf einen Bereich eines Organs begrenzt. Veröffentlicht wurden die Ergebnisse im Fachjournal „EBioMedicine by The Lancet“.
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Die These der FAU-Wissenschaftler wird übrigens in einer weiteren Pressemitteilung vom 3. August bestätigt: Forscher der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) berichten: „Die Immunothrombose ist ein vielversprechender Ansatzpunkt in der Prävention und Therapie des Lungenversagens sowie anderer thrombotischer Komplikationen bei COVID-19.“ Ihre entsprechende wissenschaftliche Arbeit ist im Journal „Circulation“ erschienen.
Interessant in diesem Zusammenhang ist auch eine Hypothese, über die DAZ.online im Juni berichtete: Könnte die Blutgruppe darüber entscheiden, wer schwer an COVID-19 erkrankt? Der „Spiegel“ schrieb damals zu einer der möglichen Erklärungen der Blutgruppen-Hypothese: „Auch könnte das Gerinnungssystem eine Rolle spielen, so eine These. Genetische Variationen an der Stelle, die über die Blutgruppe entscheidet, seien auch mit gerinnungsfördernden Faktoren verbunden, schreiben die Wissenschaftler.“
Keine kausalen Zusammenhänge?
Ob hier wirklich kausale Zusammenhänge bestehen, ist fraglich, die Antwort darauf muss die Wissenschaft finden. Doch wer die Corona-Berichterstattung verfolgt hat, dem könnte noch ein weiterer Aspekt aufgefallen sein: Warum sind in den USA offenbar vor allem Afroamerikaner COVID-19-Risikopatienten? Vor allem Armut, soziale Benachteiligung, Diskriminierung und die Schwächen des Gesundheitssystems spielen hier wohl eine Rolle. Aber könnte es noch einen anderen Grund geben, der alle Risikopatienten betrifft?
In der DAZ 20/2020 war zu lesen, dass im Zusammenhang mit COVID-19 auch aus China schon mehrfach Gerinnungsstörungen und Thrombosen beschrieben wurden. Auf einer Intensivstation des Union Hospital in Wuhan habe jeder vierte COVID-19-Patient eine venöse Thromboembolie (VTE) entwickelt, wobei, in China nicht unüblich, keine Thromboseprophylaxe erfolgt sei. In einer niederländischen Kohorte von 184 Intensivpatienten habe hingegen während einer vierwöchigen Beobachtungszeit fast jeder Dritte eine venöse oder arterielle Thromboembolie erlitten – trotz prophylaktischer Heparin-Gabe.
„Für Prof. Dr. James O’Donnell vom National Coagulation Centre, St. James’s Hospital, Dublin, sind die unterschiedlich großen Inzidenzraten in China und Europa kein Zufall“, heißt es weiter in der DAZ 20/2020. Denn im Vergleich zu Kaukasiern gehe man bei Chinesen von einem drei- bis vierfach niedrigeren Risiko für thromboembolische Komplikationen aus, bei Afroamerikanern indes von einem signifikant höheren Risiko.
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