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Potenzielle COVID-19-Therapeutika
Wie hat Umifenovir bisher gegen COVID-19 „performed“?
Zu den vielversprechenden Therapieoptionen gegen COVID-19 gehören auch diverse Virostatika, die als Influenzamittel schon einige Erfahrung „auf dem Buckel“ haben, wie etwa Oseltamivir oder das „Reserve-Grippemittel“ Favipiravir. Heute nimmt DAZ.online den Wirkstoff Umifenovir (Arbidol) unter die Lupe, der in Russland und China schon seit Jahrzehnten gegen Infektionen mit Influenza-Viren zugelassen ist. In Europa würde es dagegen Neuland betreten.
Umifenovir (Handelsname in Russland: Arbidol) gehört zur Gruppe der Entry-Inhibitoren. Es soll die Fusion des Virus mit der Zielmembran hemmen und dadurch dessen Eindringen in die Wirtszelle blockieren. Darüber hinaus werden dem Indolderivat auch immunmodulatorische Effekte (unter anderem über eine Steigerung der Interferon-Produktion) zugeschrieben.
In vitro effiziente Hemmung von SARS-CoV-2
In vitro konnte neben den Influenzaviren auch eine Wirksamkeit gegen andere Viren gezeigt werden, so zum Beispiel gegen Ebolaviren, Hepatitis-B-Viren, Polioviren und Coronaviren. Aktuelle In-vitro-Versuche belegen darüber hinaus eine effiziente Hemmung von SARS-CoV-2. Beim Menschen führt eine einmalige orale Verabreichung von 800 mg Arbidol zu maximalen Plasmaspiegeln von 4,1 μM. Diese Dosierung soll nicht nur gegen verschiedene Influenzaviren und auch gegen SARS-CoV-2 wirksam sein. Nach Meinung chinesischer Wissenschaftler reicht die aktuelle Dosis von dreimal täglich 200 mg, die in den chinesischen Richtlinien empfohlen wird, für eine ideale therapeutische Wirksamkeit gegen das neuartige Coronavirus möglicherweise nicht aus.
Zum Einsatz von Umifenovir bei COVID-19 liegen schon einige Erfahrungsberichte und Studienergebnisse vor.
Kein Vorteil gegenüber Standardbehandlung
In einer retrospektiven Studie vom 2. Februar bis zum 20. März 2020 mit 81 COVID-19-Patienten auf einer Nicht-Intensivstation in einem chinesischen Krankenhaus konnte Umifenovir (dreimal täglich 200 mg) die SARS-CoV-2-Clearance nicht beschleunigen. In der Umifenovir-Gruppe wurden innerhalb von sieben Tagen nach der Aufnahme 73 Prozent der Patienten negativ auf SARS-CoV-2 getestet gegenüber 78 Prozent in der Kontrollgruppe mit Standardtherapie. Die klinischen und die Labormerkmale waren zwischen den beiden Gruppen vergleichbar.
Favipiravir eventuell überlegen
Eine randomisierte, offene, multizentrische klinische Studie vom 20. Februar bis zum 12. März 2020 testete Umifenovir gegen Favipiravir, jeweils zusammen mit konventioneller Therapie (ChiCTR2000030254). Die Erholungsrate nach sieben Tagen lag für die Umifenovir-Gruppe bei 55,86 Prozent, verglichen mit 71,43 Prozent für die Favipiravir-Gruppe. Hiernach könnte Favipiravir deutlich überlegen sein.
Besser als Lopinavir/Ritonavir bei der Virus-Clearance?
Im direkten Vergleich mit der HIV-Kombi Lopinavir/Ritonavir kann Umifenovir möglicherweise eher punkten. Darauf deuten die Resultate einer Studie mit 50 COVID-19-Patienten hin, in der die antivirale Wirkung von zweimal täglich 400 mg/100mg Lopinavir/Ritonavir mit dreimal täglich 200 mg Umifenovir über eine Woche verglichen wurde.
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Keiner der Patienten erkrankte an einer schweren Lungenentzündung oder litt unter akutem Lungenversagen (ARDS, Acute Respiratory Distress Syndrom). Es gab zwar keinen Unterschied in der Fieberdauer zwischen den beiden Gruppen, aber am 14. Tag nach der Aufnahme wurde in der Umifenovir-Gruppe keine Viruslast festgestellt, wohl aber bei 15 Patienten, die mit Lopinavir/Ritonavir behandelt worden waren.
Kombi mit Umifenovir besser als Lopinavri/Ritonavir alleine
Eine kleine retrospektive Kohortenstudie betrachtete die Verläufe von erwachsenen Patienten mit leichten bis mittelschweren COVID-19 ohne invasive Beatmung zwischen dem 17. Januar und dem 13. Februar 2020. 16 Patienten hatten Umifenovir (dreimal täglich 200 mg) in Kombination mit Lopinavir/Ritonavir erhalten und 17 die HIV-Kombi als Monotherapie. Nach sieben Tagen konnte in 75 Prozent der nasopharyngealen Proben aus der Kombinationsgruppe kein SARS-CoV-2 mehr nachgewiesen werden, verglichen mit 35 Prozent in der Monotherapiegruppe. Nach 14 Tagen lag dasselbe Verhältnis bei 94 zu 53 Prozent. Die Brust-CT-Scans verbesserten sich nach sieben Tagen für 69 Prozent der Patienten in der Kombinationsgruppe, verglichen mit 29 Prozent in der Monotherapiegruppe.
Oder doch nicht?
Eine weitere Untersuchung bewertete die Wirksamkeit und Sicherheit von Umifenovir und Lopinavir/Ritonavir und bei der Behandlung von COVID-19 anhand von klinischen Real World Data, und zwar von 178 COVID-19 Patienten vom 21. Januar bis 9. Februar 2020. Die retrospektive Analyse zielte auf einen Vierfachvergleich ab. 59 Patienten hatten Lopinavir/Ritonavir bekommen, 36 Arbidol, 25 eine Kombinationstherapie von beiden und 58 nur Standardtherapie. Es zeigte sich kein signifikanter Unterschied hinsichtlich der Beeinflussung der Viruslast, der klinischen Symptome und der Lungenfunktion. Das heißt, die Kombination brachte keine besseren Ergebnisse für die Patienten.
Was steht noch an?
Ein komplexeres Medikationsschema testet eine Phase 4-Studie mit 40 mittelschwer bis schwer an COVID-19 Erkrankten in Teheran. Hier wird die Kombination von Interferon-beta 1a, Lopinavir/Ritonavir, einer Einzeldosis von Hydroxychloroquin und Standardbehandlung mit derselben Kombinationstherapie plus Umifenovir verglichen (NCT04350684). Die Studie soll laut Eintrag in clinicaltrilas.gov am 24 April abgeschlossen worden sein. Ergebnisse wurden dort noch nicht gepostet.
In weiteren vier Phase-IV-Studien in China kommt Umifenovir aktuell noch weiter auf den Prüfstand im Vergleich mit
- der Grundbehandlung (NCT04260594, ChiCTR2000029621, not yet recruiting
- Lopinavir/Ritonavir (NCT04252885, recruiting)
- Oseltamivir und Lopinavir/Ritonavir (dreiarmig, NCT04255017, recruiting)
- dem Antibiotikum Carrimycin (NCT04286503, not yet recruiting).
In der Erforschung von Umifenovir gegen COVID-19 läuft also einiges, aber die bisherige Evidenz ist widersprüchlich. Außerdem stammt sie nicht aus Studien, die für eine Zulassung herhalten könnten und weitere Erkenntnisse mit härteren Belegen dürften noch auf sich warten lassen.
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