E-Rezept-App

ABDA fühlt sich beim Thema Verfügbarkeitsabfrage missverstanden

Berlin - 27.05.2020, 13:20 Uhr

Ist mein Arzneimittel in der Apotheke vorrätig? Eine entsprechende Abfrage könnte künftig per E-Rezept-App möglich sein. (Foto: imago images / ZUMA wire)

Ist mein Arzneimittel in der Apotheke vorrätig? Eine entsprechende Abfrage könnte künftig per E-Rezept-App möglich sein. (Foto: imago images / ZUMA wire)


Die ABDA fühlt sich missverstanden: In einer heute veröffentlichten Klarstellung widerspricht sie „medialer Berichterstattung“, die nahelege, die Standesvertretung unterstütze eine „direkte und automatische Lagerbestandsabfrage bei einzelnen Apotheken“ per E-Rezept-App. Ihre Stellungnahme zum Patientendaten-Schutzgesetz, aus der auch DAZ.online zitiert hatte, sei „missinterpretiert" worden. Doch letztlich bleiben weiterhin viele Fragen unbeantwortet. Auch nach der heutigen „Klarstellung“ der ABDA.

Die in der vergangenen Woche bekannt gewordenen Spezifikationen für die E-Rezept-App der Gematik haben für Wirbel unter den Apothekern gesorgt. Insbesondere ein Passus stößt den Pharmazeuten sauer auf: Die Gematik spricht sich für eine „Verfügbarkeitsabfrage der Verordnung in einem Warenwirtschaftssystem“ aus. Ob und wie dabei etwa bestehende Rabattverträge, die Option auf Akutversorgung oder pharmazeutische Bedenken, die grundsätzliche Lieferfähigkeit der Präparate und ähnliches berücksichtigt werden soll, ist bisher nicht geklärt. 

Insgesamt gibt es noch viele offene Fragen zu diesem Punkt: Wie will die Gematik-App überhaupt technisch auf die Warenwirtschaften zugreifen? Eine dazu gehörige Schnittstelle in die Apotheken-Software ist in dem Konzeptpapier der Gematik nicht vorgesehen. Außerdem ist unklar, was genau mit „Verfügbarkeitsabfrage“ gemeint ist: Soll die App automatisch die Warenbestände der Apotheken zeigen? Oder geht es nur um die Möglichkeit, der Apotheke per Freitext eine Anfrage zu schicken, ob das gewünschte Präparat vorrätig ist? Im Interview mit DAZ.online hat sich Gematik-Produktionsleiter Florian Hartge nicht über Details zu der Funktion geäußert, sondern nur erklärt, dass die Abfrage „nützlich“ sein könne.

Auch die ABDA hat zum Thema E-Rezept-App und Warenbestände eine Meinung, die sie in ihre Stellungnahme zum Patientendaten-Schutzgesetz geschrieben hat. Mit Blick auf die möglichen und aus Sicht der ABDA wichtigen Funktionen der App ist dort zu lesen: „Die einheitliche E-Rezept-App muss sicherstellen, dass (…) es jedem Versicherten möglich ist, eine unverbindliche und anonyme Verfügbarkeitsanfrage in einer Apotheke seiner Wahl zu platzieren“. Weiter wird dieser Punkt in der ABDA-Stellungnahme aber nicht erklärt. Auch hier bleibt also unklar, ob die App nach den Wünschen der ABDA direkt in die Warenwirtschaften eingreifen darf oder ob der Patient selbst, wenn er dies wünscht, in der Apotheke nachfragen kann. 

Schon vor der Veröffentlichung dieser Stellungnahme hatte DAZ.online bei der ABDA diesbezüglich angefragt, um zu erfahren, wie der Standpunkt der Standesvertretung zur Verfügbarkeitsabfrage ist. Wir erhielten diese Antwort:


„Der DAV als Gesellschafter der Gematik hat den veröffentlichten Konzeptentwurf innerhalb der dafür vorgesehenen Strukturen und Prozesse in vielerlei Hinsicht kritisch kommentiert. Eine direkte Einsicht in die Lagerbestände einzelner Apotheken ist in dem Konzeptentwurf allerdings gar nicht vorgesehen. Die grundsätzliche Positionierung des DAV zur Verwaltung des E-Rezepts ist bekannt und wird in den ABDA-Stellungnahmen zum PDSG deutlich.“

ABDA-Pressestelle


Die ABDA hat ihre Gelegenheit nicht genutzt, um ihre Ansicht genauer zu erklären. Auch nach diesem Statement ist völlig unklar, wie die Warenverfügbarkeitsabfragen aus Sicht der ABDA aussehen sollten.

Weiterhin viele offene Fragen

Doch offenbar fühlt sich die Standesvertretung missverstanden. In ihrem Newsroom veröffentlichte die ABDA am heutigen Mittwoch eine Klarstellung", in der sie medialer Berichterstattung widerspricht, die „den Eindruck vermittelt, dass die ABDA bei einer künftigen E-Rezept-App fordert, dass Patienten eine direkte und automatische Lagerbestandsabfrage bei einzelnen Apotheken vornehmen können“.

ABDA-Vize Mathias Arnold äußert sich dazu wie folgt: „Eine automatisierte Abfrage macht überhaupt keinen Sinn, denn zumeist muss das verordnete Medikament gegen ein Rabattarzneimittel oder ein anderes lieferbares Präparat ausgetauscht werden. Dazu braucht es die pharmazeutische und sozialrechtliche Kompetenz eines Menschen in der Apotheke, der entscheidet, wie die optimale Versorgung gestaltet wird und welche Antwort der Patient erhält. Diese Kommunikation zwischen zwei Menschen soll dem Patienten mit dem E-Rezept einen unnötigen Weg zur Apotheke ersparen, indem die Apotheke das Rezept schon vorab bearbeiten und eine individuelle Versorgung planen kann."

In der Klarstellung heißt es weiter, die entsprechende Stelle in der ABDA-Stellungnahme zum Patientendaten-Schutzgesetz sei „missinterpretiert“ worden. Wörtlich schreibt der Dachverband darin: „Die einheitliche E-Rezept-App muss sicherstellen, dass es jedem Versicherten möglich ist, eine unverbindliche und anonyme Verfügbarkeitsanfrage in einer Apotheke seiner Wahl zu platzieren." Genau diesen Satz hatte DAZ.online in einem gestern veröffentlichten Artikel zitiert – ohne zu spekulieren, wie diese sogenannte Verfügbarkeitsanfrage aussehen könnte. 

Festzuhalten bleibt aber auch nach der neuen Klarstellung der ABDA, dass die genaue Ausgestaltung der Verfügbarkeitsabfrage selbst und auch die Positionierung der ABDA dazu völlig unklar ist. Wie genau soll die App „sicherstellen“, dass jeder Versicherte unverbindlich und anonym die Warenverfügbarkeit abfragen kann? Wünscht sich die ABDA eine Art Nachrichtenfeld, in dem die Patienten eine Abfrage an die Apotheke schicken können? Wie sollen die Rabattverträge berücksichtigt werden? Alles offene Fragen.

Für den heutigen Mittwochnachmittag ist die Anhörung der Verbände zum Entwurf des PDSG im Gesundheitsausschuss im Deutschen Bundestag angesetzt. Daran wird auch ABDA-Geschäftsführer Dr. Sebastian Schmitz teilnehmen. Die öffentliche Sitzung findet Corona-bedingt ohne Zuhörer statt, wird dafür jedoch zeitversetzt ab 21 Uhr auf www.bundestag.de übertragen.



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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4 Kommentare

Verfügbarkeitsabfrage - sinnvoll.

von Klahn, Dominik am 28.05.2020 um 9:48 Uhr

Ich verstehe die Aufregung über die Verfügbarkeitsabfrage nicht. Die Verbraucher hegen bereits heute (ohne eRezept)Interesse daran, dass Arzneimittel in Apotheken verfügbar sind.
Nach Einführung des eRezeptes wird die Verfügbarkeit insbesondere im Wettbewerb mit anderen Vertriebskanälen für die Vor-Ort-Apotheke ein entscheidendes Kriterium sein. Insbesondere, damit es möglichst wenig Anreize für Patienten gibt, von der gematik-Absprung-App zunächst auf eine "Marktplatz-APP" abzuspringen.
Der kostengünstigste & ertragreichste Weg für Vor-Ort-Apotheken ist letztendlich der direkte Weg von der gematik App in die Offizin. Daher kann ich in diesem Fall die Position der ABDA nachvollziehen.

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AW: Verfügbarkeitsabfrage - Definition ?

von Ralf Schabik am 28.05.2020 um 22:17 Uhr

Vielleicht sollte man mal definieren, was eine Verfügbarkeitsanfrage ist ! Reden wir darüber, dass der Patient eine Pharmazentralnummer abfragt (also das, was der Arzt auf das Rezept druckt) ? Wer hier "ja" sagt, hat das System nicht begriffen. Soll "Verfügbarkeitsanfrage" bedeuten "können Sie mir ungefähr das geben, was der Arzt verschrieben hat ?" - dann wird ein Schuh draus.

Missverstanden

von Inge Deufert am 28.05.2020 um 8:22 Uhr

Ein klares "Nein" wäre unmissverständlich gewesen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Missverstanden.

von Roland Mückschel am 27.05.2020 um 17:45 Uhr

Ich empfehle der ABDA unmissverständliche Formulierungen zu
verwenden. Zeit, Geld und Berater sind da.

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