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Interview mit gematik-COO Dr. Florian Hartge
„Die Verfügbarkeitsabfrage in der E-Rezept-App wäre nützlich“
Bald könnte der Bundestag das Patientendaten-Schutzgesetz beschließen. Mit dem Gesetz soll die vom Bundesgesundheitsministerium mehrheitlich kontrollierte gematik beauftragt werden, eine App zu entwickeln, die der Königsweg für die E-Rezeptübermittlung werden soll. Im Gespräch mit DAZ.online erklärt gematik-Produktionsleiter Dr. Florian Hartge, wie die App aussehen könnte, warum sie eine Verfügbarkeitsabfrage für Apothekenprodukte enthalten sollte und dass sie keinen Anbieter bevorzugen soll. Außerdem erläutert er, was die Apotheker bei der Anbindung an die Telematikinfrastruktur erwartet.
DAZ.online: Herr Dr. Hartge, der Deutsche Apothekerverband hat den Apothekern kürzlich grünes Licht für die Bestellung der Komponenten zur Anbindung an die Telematikinfrastruktur gegeben. Wie ist denn der aktuelle Stand aus Sicht der gematik? Verläuft die Anbindung der Apotheken nach Plan?
Hartge: Die Apotheker können sich jetzt problemlos die Konnektoren und Kartenlesegeräte bestellen und sollten sich jetzt auch um die Heilberufsausweise und Institutionskarten bemühen. Wir stehen auch in ständigen Gesprächen mit der Industrie, also unter anderem mit Anbietern von Apotheken-Softwarelösungen. Wir haben den Eindruck, dass die Apotheken schon jetzt absolut digital arbeiten, dass es einen sehr konsolidierten und gut organisierten Markt gibt und dass aus diesen Gründen durch eine ordentliche, konzertierte Aktion die rechtzeitige Anbindung möglich ist. Da sind wir sehr zuversichtlich. Die Äußerungen der Apotheker in der Vergangenheit haben wir allerdings mit etwas Sorge betrachtet.
DAZ.online: Was meinen Sie genau?
Hartge: Wir hatten das Gefühl, dass sehr lange davon abgeraten wurde, die Komponenten für den Anschluss an die Telematikinfrastruktur – die TI – zu bestellen. Es hieß, dass die jetzigen Versionen des Konnektors noch nicht erstattungsfähig seien. Dies war und ist aber nicht der Fall, da man sich durch einen einfachen Knopfdruck die nötigen Updates auf die Geräte hätte spielen können.
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DAZ.online: Wie ist es denn mit den Heilberufsausweisen? Hier können die Apotheker ja noch nicht in allen Regionen Deutschlands bestellen. Wird das rechtzeitig klappen?
Hartge: Auch hier bin ich zuversichtlich. Wir haben vier Kartenanbieter zugelassen, von denen auch zwei bereits zur Kartenausgabe bereit sind. Und auch hier gilt mein Appell: Sobald es in der jeweiligen Kammer möglich ist, ran an die Karten! Denn gerade für die Einführung des E-Medikationsplans ist der HBA, also der Heilberufsausweis, wichtig. Die Apotheker sollten jetzt loslegen und ihre Bestellungen aller TI-Komponenten auslösen.
DAZ.online: Was steht den Apothekern denn in den kommenden Wochen und Monaten bezüglich der TI-Anbindung ins Haus? Was konkret wird passieren in der Apotheke?
Hartge: Als erstes sollte es jetzt darum gehen, die Karten bei den Kammern zu beantragen. Dann sollten sich die Apotheker um die Technik kümmern, also einen Anbieter auswählen, der die TI-Komponenten vor Ort installiert. Konkret werden der VPN-Zugangsdienst, der Konnektor und Kartenterminals benötigt. Aus unserer Sicht ist dafür ein Vor-Ort-Termin mit einem Techniker nötig. Schließlich wird der Rest durch Software-Updates eingespielt. Das sieht dann so aus, dass Schritt für Schritt die einzelnen Funktionen, etwa der E-Medikationsplan oder das Kommunikationstool KIM, in die Apotheken-Software über den Konnektor eingespielt werden. Zum Jahreswechsel wird es beispielsweise das Update für die E-Patientenakte geben, im nächsten Jahr dann alle Updates zum E-Rezept. Übrigens bieten wir auf unserer Homepage auch eine ausführliche Checkliste für Apotheker an, hier können sich die Apotheker über den Anschluss an die TI informieren.
Ist das Weiterleiten von E-Rezept-Token via Handy-Messenger sicher genug?
DAZ.online: Ein kleiner Themawechsel in Richtung E-Rezept. Sie haben ja inzwischen einige Dokumente zu den Spezifikationen des E-Rezepts veröffentlicht. Am 30. Juni sollen die Spezifikationen stehen. Wie ist der aktuelle Stand?
Hartge: Es ist richtig, dass inzwischen eine Vorab-Version der Spezifikationen im Internet nachlesbar ist. Nach einer Absprache mit den Gesellschaftern der gematik sind wir zuversichtlich, dass wir die Deadline 30. Juni 2020 halten.
DAZ.online: Mit dem Patientendaten-Schutzgesetz sollen Sie zudem den Auftrag erhalten, eine Patienten-App für das E-Rezept zu bauen. Noch gibt es den Bundestagsbeschluss ja nicht. Arbeiten Sie trotzdem schon an der Anwendung?
Hartge: Das ist ein sehr großes Projekt, bei dem wir keine Zeit verlieren wollen und können. Wir haben auch die geplante E-Rezept-Pflicht ab 2022 im Blick und wollen keine Verzögerungen einbauen.
DAZ.online: Um diese App gibt es ja ein außerordentliches Interessengerangel. Sowohl die Apotheker als auch die Versandhändler wollen ihre Vorstellung der Rezeptübermittlung gerne umgesetzt wissen. Wir haben bereits über erste Pläne der gematik zu der App berichtet. Demnach soll die Anwendung, so wie es die Apotheker forderten, werbe- und diskriminierungsfrei werden. Können Sie also ausschließen, dass das E-Rezept in der App zur Ware und somit Wettbewerbsgegenstand wird?
Hartge: Man kann diese App ja nicht mit einer normalen Preisvergleichs-App vergleichen, wo es beispielsweise um die Buchung von Flügen geht. Schließlich geht es bei der Rezeptübermittlung um eine geschäftliche Transaktion. Deswegen mussten wir die App natürlich absichern. Allerdings handelt es sich bei der Anwendung um einen absoluten Basisdienst, das wird bewusst keine App, in der man zahlreiche Gesundheits-Dienstleistungen buchen oder anwenden kann. Uns ist es sehr wichtig, als gematik so wenig wie möglich in den Wettbewerb der Ideen um gute digitale Gesundheitsdienste einzutreten.
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DAZ.online: Laut gematik-Konzept soll es ja auch möglich sein, dass Kunden vor der Rezeptübermittlung eine Verfügbarkeitsabfrage im Warenbestand ausführen. Wird diese Funktion wirklich kommen?
Hartge: Wir finden, dass dies eine nützliche Funktion wäre, und somit ist es erst einmal Teil unserer Planung. Gespräche mit Bürgern haben dies bestätigt. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass das eine der Kernfunktionen der App wird, die wir mit höchster Priorität unbedingt umsetzen wollen.
DAZ.online: Ein weiterer Bestandteil des App-Konzepts ist, dass Versicherte ihren Rezept-Token einfach mit einer „Teilen“-Funktion an andere Apps beziehungsweise Menschen weiterleiten können. Ist es aus Ihrer Sicht sicher genug, wenn man E-Rezept-Tokens mittels einer „Teilen“-Funktion über Messenger-Dienste weiterleiten kann?
Hartge: Nur wer den Token, also den Code für das E-Rezept, besitzt und sich zusätzlich an der Telematikinfrastruktur als berechtigt authentifizieren kann, erhält den Zugriff auf das E-Rezept. Der Token dient ausschließlich der Übermittlung von Informationen an eine Apotheke zum Zwecke der Abgabe der Medikamente. Berechtigt sind dementsprechend der Patient selbst sowie Apotheken zum Zweck der Einlösung. Alle Zugriffe werden protokolliert, und der Patient kann die Protokolle einsehen. Der Empfang des Tokens und die Verwaltung der E-Rezepte erfolgen über die E-Rezept-App, die von der gematik entwickelt und bereitgestellt wird. Der Token enthält die Transport-Daten, das sind Informationen zum Speicherort des E-Rezepts sowie eine ID. Darüber hinaus enthält der Token keine persönlichen oder medizinischen Informationen. Wer das Rezept oder künftig den Token an die Apotheke überbringt, bekommt das Medikament ausgehändigt. Der Patient entscheidet selbst, ob er den Token via Teilen-Funktion etwa an eine externe App oder über einen Messenger-Dienst weitergibt. Dies bezieht sich immer auf einzelne Token, zum Beispiel ist der massenhafte Export von Token ausgeschlossen. Der eigentliche Ablauf um das Rezept ist so wie heute mit dem Papierrezept auch.
DAZ.online: Sie hatten eben bereits die E-Rezept-Pflicht angesprochen. Aus der Politik gab es ja schon erste kritische Stimmen an der Pflicht, die mit dem PDSG kommen soll. Zwar sollen sich die Patienten den E-Rezept-Code auch ausdrucken können. Allerdings wird kritisiert, dass den Patienten dann die auf dem Papierrezept aufgezeichneten Informationen zur Medikation fehlen könnten.
Hartge: Das E-Rezept wird nicht zwangsdigital. Das Smartphone ist nur ein Weg, wie ein Versicherter ein E-Rezept in die Apotheke übermitteln kann. Auf seinen Wunsch hin kann alternativ in der Praxis oder im Krankenhaus ein Papierausdruck erstellt werden. Dieser kann neben dem 2D-Code weitere menschenlesbare Informationen zum E-Rezept enthalten, analog des heutigen Papierrezepts. Das genaue Format und die Inhalte des Papierausdrucks werden von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und dem GKV-Spitzenverband vereinbart.
DAZ.online: Vielen Dank für das Gespräch!
9 Kommentare
Verfügbarkeitsabfrage ... Realität und Anzahl der Variablen könnten den "Nutzen" in den Suizid treiben ...
von Christian Timme am 26.05.2020 um 14:00 Uhr
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Auf Biegen und Brechen
von Thomas Eper am 26.05.2020 um 12:03 Uhr
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Verfügbarkeitsabfrage in der App
von Nachdenklicher am 26.05.2020 um 11:41 Uhr
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AW: Verfügbarkeitsabfrage in der App
von Tobias Kast am 26.05.2020 um 13:51 Uhr
App,App,App...
von Karl Friedrich Müller am 26.05.2020 um 8:42 Uhr
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AW: App,App,App
von Karl Friedrich Müller am 26.05.2020 um 8:48 Uhr
AW: App,App,App
von Michael Mischer am 26.05.2020 um 9:20 Uhr
AW: App,App,App
von Karl Friedrich Müller am 26.05.2020 um 10:17 Uhr
AW: App,App,App
von Michael Mischer am 26.05.2020 um 10:31 Uhr
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