Arzneimittelversorgung in der SARS-CoV-2-Pandemie

vdek: Auch Wirkstoffe der Substitutionsausschlussliste können ausgetauscht werden

Berlin - 15.05.2020, 17:00 Uhr

Auch bei Wirkstoffen, die auf der Substitutionsausschlussliste stehen, können Apotheken nun flexibler vorgehen und nach Rücksprache mit dem Arzt auf ein anderes als das verordnete Arzneimittel ausweichen – zumindest, wenn es sich um ein Rezept der Ersatzkassen handelt. ( r / Foto: contrastwerkstatt / stock.adobe.com)

Auch bei Wirkstoffen, die auf der Substitutionsausschlussliste stehen, können Apotheken nun flexibler vorgehen und nach Rücksprache mit dem Arzt auf ein anderes als das verordnete Arzneimittel ausweichen – zumindest, wenn es sich um ein Rezept der Ersatzkassen handelt. ( r / Foto: contrastwerkstatt / stock.adobe.com)


Seit dem 22. April gelten für Apotheken flexiblere Regelungen bei der Abgabe verordneter Arzneimittel. Möglich macht dies die „SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung“. Die ABDA hatte sich eigentlich noch weitere Lockerungen gewünscht, etwa, dass Apotheken auch bei Arzneimitteln der Substitutionsausschlussliste von der ärztlichen Verordnung abweichen dürfen. Dies ist nicht explizit geschehen – doch jedenfalls die Ersatzkassen finden, dass ein solcher Austausch schon nach den jetzigen Vorgaben zulässig ist.

Ein der ersten Maßnahmen, die Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) auf Grundlage des ersten Bevölkerungsschutzgesetzes erlassen hatte, war die SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung. Ihr Zweck: Apotheken und Patienten sollte die Arzneimittelversorgung in Zeiten einer „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ erleichtert werden. Wer ein Medikament benötigt, soll möglichst nur einmal in die Apotheke kommen müssen. Angesichts der häufigen Nichtverfügbarkeit verordneter Arzneimittel sorgte Spahn dafür, dass die sonst so strikten rechtlichen Vorgaben des Sozialgesetzbuchs V und des Rahmenvertrags zeitlich befristet gelockert werden. So muss jetzt nicht lange nach einem Rabattarzneimittel gefahndet werden, wenn es nicht zur Hand ist – die Apotheke kann auch gleich ein wirkstoffgleiches abgeben, das sie vorrätig hat. Zudem dürfen Apotheken Botendienste vorübergehend mit 5 Euro zuzüglich Umsatzsteuer abrechnen.

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Die Verordnung ermöglicht zudem weitere Austauschmöglichkeiten, ohne dass eine Rücksprache mit dem Arzt nötig ist: Apotheker und pharmazeutisches Personal dürfen von der Packungsgröße und der Packungszahl abweichen, sie dürfen einer Packung Teilmengen entnehmen, soweit die abzugebende Packungsgröße nicht lieferbar ist, und sogar bei der Wirkstärke von der Verordnung abweichen – vorausgesetzt, es bestehen keine pharmazeutischen Bedenken. Die ABDA hatte im Stellungnahmeverfahren zu dieser Verordnung angeregt, weitere Austauschmöglichkeiten ohne Rückspracherfordernis zu benennen – und zwar im Hinblick auf die Darreichungsform, das Anwendungsgebiet und die Substitutionsausschlussliste des Gemeinsamen Bundesausschusses. Dieses Anliegen wurde allerdings nicht vom Verordnungsgeber aufgegriffen.

Aut-simile, Aut-idem – und doch die Sustitutionsausschlussliste

Hinzu kommen Austauschoptionen, für die der Arzt kontaktiert werden muss: Ist ein wirkstoffgleiches Arzneimittel weder vorrätig noch lieferbar, dürfen Apotheken ein pharmakologisch-therapeutisch vergleichbares Arzneimittel abgeben, wenn sie zuvor Rücksprache gehalten haben und den Austausch auf dem Rezept dokumentieren. Die Dosis ist gegebenenfalls anzupassen. Die dafür nötigen Äquivalenzdosistabellen stellt die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) auf ihrer Website zur Verfügung.

Laut SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung ist der Austausch auch dann möglich, wenn der Arzt ihn eigentlich ausgeschlossen hat, also das Aut-idem-Kreuz gesetzt hat. Nutzt eine Apotheke diese Möglichkeiten, die ihr § 1 Absatz 3 der SARS-CoV-2-AMVersV bietet, muss sie keine Retaxation fürchten.

Aus Sicht der Ersatzkassen deckt die jetzt schon geltende Regelung auch den Umgang mit Wirkstoffen der Substitutionsausschlussliste ab. So informiert die Sächsische Landesapothekerkammer, der Verband der Ersatzkassen (vdek) habe mitgeteilt, dass auch diese Wirkstoffe ausgetauscht werden können, wenn eine Rücksprache mit dem Arzt erfolgt und diese auf dem Verordnungsblatt dokumentiert (mit Datum + Unterschrift) wird. Die Änderung oder Neuausstellung einer Verordnung durch den Arzt sei in diesem Fall nicht erforderlich.

Ein vdek-Sprecher bestätigte dies auf Nachfrage von DAZ.online. Zwar gebe es keine Vereinbarung mit dem Deutschen Apothekerverband hierzu. Doch beim vdek sehe man diesen Fall kongruent zum Vorgehen beim Aut-idem-Ausschluss.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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1 Kommentar

AM im Schlagschatten des Virus

von Heiko Barz am 16.05.2020 um 19:29 Uhr

Es stört die Aussage, dass dem Patienten bei Nichtlieferbarkeit der AM ein zweiter Apothekengang erspart werden soll. Die Sentenz dieser Aussage ist ja richtig, nur sollte sie zeitlich unbegrenzt sein, denn unsere hierbei bestätigte pharmazeutische Kern-Kompetenz endet nicht am 30. September. Unsere derzeit anerkannten Leistungen sind ja eigentlich die, die wir als Basis unseres Berufstandes ansehen.
Und wenn wir schon beim analysieren sind, dann muß wiederholt festgestellt werden, dass die Schuldigen an diesem unübersichtlichem AM-Lieferdebakel die KKassen selbst sind mit der Unterstützung der Politik - hier besonders die damals verantwortlichen „Gesundheitspolitiker“ wie Ullala, Biggi Bender und die FDP Politiker, die damals unbedingt den Makel einer Klientel-Partei abschütteln wollten, nachdem sie ihr Hotelsteuermisere abarbeiten mußten.
Die Resultierende dieser Einsparpolitik waren dann die sogenannten „Rabattverträge“ allein deren Name schon bewußt eingesetzt wurde, um vor Ort in der Apotheke mit dem Wort „Rabatt“ dem Pateinten zu insistieren, dass da wohl der gierige Apotheker wieder sein gewinnstrebiges Tun beweist. Die Problemverurssacher hielten sich wiedermal vornehm zurück und blieben auch geschützt durch die leider immer falsch informierenden Medien (die wollten e nie fair berichten) in der Etappe versteckt, aus der sie dann immer wieder neue „Katastrophen“ auslösten.
Alles das, was in den letzten Monaten diskutiert wurde und jetzt auch noch vermehrt getan wird, verdrängt und verschleiert nur die Forderungen nach Erhöhung unserer derzeit besonders gelobten Leistungen an der Gesundheitsfront und das auch im Zuge des E-Rezeptes so wichtige RXVV.
Nun kann sich auch Herr Spahn nicht mehr auf europäische Gesetzeslagen zurückziehen, da seine Chefin seit kurzem mit der Äußerung auf den Markt kam, die Gesundheitspolitik ist ausschlielich Sache der einzelnen souveränen Staaten.
Dem ist sicher NICHTS entgegen zu setzten, Herr Spahn!!

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