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Coronavirus
Sanofi verteidigt Impfstoff-Deal mit den USA, Unionsfraktion ist sauer
Sollte es dem französischen Pharmahersteller Sanofi gelingen, einen wirksamen Impfstoff gegen SARS-CoV-2 zu entwickeln, erhalten die USA Sonderrechte bei der Bestellung. Der Grund: eine Art Risikobeteiligung an den Entwicklungskosten in Höhe von 30 Millionen US-Dollar, die eine Behörde im Geschäftsbereich des Gesundheitsministeriums an Sanofi zahlt. Hierzulande kritisieren Politiker den Deal scharf. Sanofi scheint aber daran festzuhalten.
Am gestrigen Mittwoch berichtete die US-amerikanische Nachrichtenagentur Bloomberg über ein Abkommen zwischen dem Arzneimittelhersteller Sanofi und dem US-amerikanischen Gesundheitsministerium, konkret der Biomedical Advanced Research and Development Authority (Barda), einer dem Ministerium unterstellten Behörde. Demnach erhalten die USA Sonderrechte bei der Bestellung, falls es Sanofi gelingt, einen Impfstoff gegen das neuartige Coronavirus zu entwickeln. Im Gegenzug unterstützen die Amerikaner die Forschung des Unternehmens auf diesem Gebiet mit rund 30 Millionen US-Dollar.
„Die US-amerikanische Regierung hat das Recht auf die größte Vorbestellung, weil sie bereit war, die finanziellen Risiken mitzutragen“, sagte Paul Hudson, CEO bei Sanofi, der Agentur. Gleichzeitig warnte er davor, dass Europa ins Hintertreffen geraten könnte, wenn es nicht verstärkt Anstrengungen unternehme, seine Bevölkerung vor der Pandemie zu schützen, bei der weltweit inzwischen mehr als 290.000 Menschen gestorben seien.
Sanofi hält an der Vereinbarung fest
Bei Sanofi ist man offenbar nicht glücklich damit, in welchem Licht die Kooperation mit den USA im Bericht erscheint. Bereits heute Morgen twitterte Sanofi Deutschland ein Bild von Hudson mit dem Zitat: „Der Impfstoff gegen COVID-19 wird allen Bürgern zur Verfügung gestellt, egal welcher Nationalität.“ Und in einer Mitteilung stellt der Pharmakonzern klar: „Wir haben uns unter diesen beispiellosen Umständen stets dafür eingesetzt, unseren Impfstoff für jedermann zugänglich zu machen.“
Die Zusammenarbeit, die das Unternehmen mit der Barda in den USA eingegangen ist, ermögliche es, die Produktion schnellstmöglich aufzunehmen, während die Entwicklung und Registrierung des Impfstoffs weiterliefen. Man sei sehr erfreut, dass jüngst auch die EU-Kommission signalisiert habe, in die Impfstoffentwicklung investieren zu wollen. „Wir führen sehr konstruktive Gespräche, unter anderem mit den EU-Institutionen und der französischen und deutschen Regierung.“ An der Vereinbarung mit den USA will der Konzern aber festhalten, wie DAZ.online aus Unternehmenskreisen erfuhr. Die Barda pflege seit Jahren Kooperationen mit einzelnen Pharmafirmen, hieß es. Es gebe keine Veranlassung, von dem Abkommen abzurücken.
„Zuverlässigkeit sieht anders aus"
In Berlin kommt der Sanofi-USA-Deal jedoch gar nicht gut an. „Es geht aus meiner Sicht nicht, dass ein internationaler Konzern ein Land bevorzugt beliefert“, sagte der arzneimittelpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Michael Hennrich (CDU), gegenüber DAZ.online. „Sanofi gefährdet mit einem solchen Verhalten ein etabliertes System, in welchem wir uns bisher auf eine weltweit faire Verteilung von Impfstoffen und Arzneimitteln verlassen konnten." Am Ende stelle sich die Frage, ob die Versorgung der Patienten in Europa und Deutschland weiterhin sicher sei und wie es um die Zuverlässigkeit der Partner stehe. „Das können und dürfen wir nicht einfach hinnehmen.“
Und auch Hennrichs Parteikollegin Karin Maag, gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion im Bundestag, hat kein Verständnis für den Konzern. Per Kurznachrichtendienst Twitter kritisierte sie die Impfstoffpolitik des Unternehmens und kündigte mögliche Konsequenzen an: „America First Verkaufspolitik wird nicht funktionieren. Zuverlässigkeit sieht anders aus. Wir werden das prüfen!“
Frankreich und die EU tadeln Sanofi
Frankreich und die Europäische Union zeigten sich ebenfalls verschnupft: Nach dpa-Berichten hieß es heute aus Élyséekreisen, die Bemerkungen Hudsons stimmten in keiner Weise mit der laufenden Zusammenarbeit zwischen Sanofi und der französischen Regierung überein. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron konzentriere seine Bemühungen auf eine koordinierte und multilaterale Reaktion, damit ein möglicher Impfstoff für alle verfügbar sei – dieser kenne keine Grenzen.
Nicht der erste Versuch der USA, sich Sonderrechte zu sichern
Auch die EU-Kommission betonte, dass es beim Zugang zu einem Coronavirus-Impfstoff keine Unterschiede zwischen einzelnen Ländern geben dürfe. Der Impfstoff gegen COVID-19 sollte ein weltweit öffentliches Gut sein, sagte ein Kommissionssprecher der dpa. Der Zugang müsse „gerecht und allgemein" sein. Solidarität und eine enge Koordination seien die effektivste und sicherste Antwort auf die Krankheit.
Zuvor hatte US-Präsident Donald Trump bereits versucht, mit dem Tübinger Biotech-Unternehmen CureVac anzubandeln. Die Firma hat nach eigenen Angaben einen aussichtsreichen Impfstoffkandidaten in der Pipeline. Erste klinische Studien sollen im Frühsommer anlaufen. Einen Exklusivvertrag mit den USA hat CureVac aber abgelehnt.
Wie weit ist Sanofi bei der Entwicklung eines Impfstoffs gegen SARS-CoV-2?
Mit so konkreten Forschungsergebnissen kann Sanofi noch nicht aufwarten. Erst Mitte April hatte der Konzern bekanntgemacht, bei der Entwicklung eines Impfstoffs gegen das neuartige Coronavirus mit dem britischen Pharmahersteller GlaxoSmithKline (GSK) zusammenarbeiten zu wollen. „Sanofi wird das S-Protein des neuen Coronavirus SARS-CoV-2 als Antigen beisteuern, das mittels rekombinanter DNA-Technologie hergestellt wird", teilten die Firmen damals mit. Mit dieser Technologie werde die exakte genetische Kopie der Virus-Oberflächen-Proteine erstellt und als DNA-Sequenz in eine Baculovirus-Expressionsplattform integriert, die das Antigen produziert. GSK wird demnach seine bewährte Pandemie-Adjuvans-Technologie in die Zusammenarbeit einbringen.
Die Unternehmen planen, in der zweiten Hälfte des Jahres 2020 mit den klinischen Studien der Phase I zu beginnen. Wenn diese erfolgreich sind und vorbehaltlich der regulatorischen Überprüfung, soll die Entwicklung bis zur Verfügbarkeit des Impfstoffs in der zweiten Hälfte des Jahres 2021 abgeschlossen sein.
Wer forscht an was mit wessen Geld?
Eine Übersicht über den aktuellen Stand der Impfstoffentwicklungen gegen das Coronavirus der gesamten Branche bietet der Verband der forschenden Pharmaunternehmen (vfa) auf seiner Website. Dort finden sich auch Informationen zu laufenden und geplanten klinischen Tests sowie Angaben darüber, welche Konzerne von welchen Institutionen finanzielle Unterstützung erhalten.
5 Kommentare
Augenmass first
von Reinhard Rodiger am 15.05.2020 um 14:29 Uhr
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Deutsche Doofheit
von ratatosk am 15.05.2020 um 8:44 Uhr
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AW: Deutsche Doofheit
von KLAUS P I E K U T am 18.05.2020 um 17:47 Uhr
America first
von Carsten am 15.05.2020 um 7:27 Uhr
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Sanofi, Impfstoff für die "First"-Nation
von Gregor Huesmann am 14.05.2020 um 18:44 Uhr
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