Schutz vor Fälschungen

Schutzausrüstung aus China – Was muss beachtet werden?

Remagen - 13.05.2020, 10:14 Uhr

Auch viele Apotheker kaufen Schutzausrüstung wie Atemschutzmasken derzeit vermehrt direkt in China ein. Was muss dabei beachtet werden? (x/Foto: imago images / Trotzki)

Auch viele Apotheker kaufen Schutzausrüstung wie Atemschutzmasken derzeit vermehrt direkt in China ein. Was muss dabei beachtet werden? (x/Foto: imago images / Trotzki)


Wer in Zeiten von COVID-19 medizinische oder persönliche Schutzausrüstung, besonders aus China, beschaffen will, muss Einiges beachten. Wer schützt den deutschen Markt vor Fälschungen und minderwertiger Ware?

Seit Monaten läuft die Produktion von medizinischer und persönlicher Schutzausrüstung (PSA) auf Hochtouren, vor allem in China. Nach Berechnungen der Wirtschaftsförderungsgesellschaft der Bundesrepublik Deutschland (Germany Trade and Invest, GTAI), basierend auf Daten von UN Comtrade, kamen im Jahr 2018 fast 60 Prozent der weltweiten Gesamtimporte an Schutzbrillen und Visieren aus China. In der EU sind es 58 und in Deutschland 34 Prozent. Beim Mund-Nasen-Schutz liegt der weltweite Importanteil aus China mit 64 Prozent sogar noch höher. In der EU kommen 71 Prozent der Produkte von dort, in Deutschland 4 Prozent. Schutzkleidung stammt in der Europäischen Union zur Hälfte aus chinesischer Herstellung und Handschuhe zu 38 Prozent. Gerade jetzt ist die Nachfrage auch hierzulande riesig, obwohl der Importanteil aus dem Reich der Mitte bei einigen Produktgruppen deutlich niedriger liegt als der EU-Durchschnitt.

Lieferanten vorher genau überprüfen

Laut GTAI sind die Beschaffungssituation und die Logistik für Importe aus China komplex. Experten empfehlen daher die Zusammenarbeit mit erfahrenen (Handels-)Firmen, um Betrugsfälle, mangelhafte Produkte und Missverständnisse zu vermeiden. Der Lieferant und seine Produktqualität sollten vorab sorgfältig überprüft werden. Nur wer den Hersteller gut kennt oder schon langjährige Geschäftsbeziehungen pflegt, sollte Vorkasse überhaupt erwägen, so der dringende Rat von Germany Trade and Invest.

Um die Masken schneller zu beschaffen, akzeptieren deutsche Behörden vorübergehend auch ausländische Sicherheitsnachweise. Aber entsprechen die eingekauften Produkte tatsächlich den EU-Standards und sind die mitgelieferten Zertifikate echt? Die Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) unterstützt deutsche Marktüberwachungsbehörden dabei, die Testberichte auf Echtheit zu überprüfen.

GIZ übt Schulterschluss mit chinesischen Behörden

Im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) arbeitet die GIZ nach eigenen Angaben schon seit 2014 in China und weiteren Ländern daran, die Sicherheit und Qualität gehandelter Produkte zu verbessern. Im Zuge der aktuellen Pandemie prüft sie zusammen mit chinesischen Partnern für deutsche Behörden, ob die angebotenen Atemschutzmasken „halten, was sie versprechen“. Mit Hilfe eines eigenen Leitfadens kontrolliert die Gesellschaft, ob die Prüfberichte sämtliche notwendigen Informationen enthalten und ob die Beurteilungen in den chinesischen Datenbanken überhaupt aufgeführt sind. Schließlich verifizieren die in China zuständigen Stellen die Echtheit der Zertifikate. Nach einer Pilotphase mit niedersächsischen Behörden wurde dieses Angebot laut GIZ Mitte April auf ganz Deutschland ausgeweitet.

Wie kommen die Produkte auf den Markt?

Welche Standards für die Produkte maßgeblich sind, erläutert der VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik auf seiner Website. Medizinprodukte und persönliche Schutzausrüstung benötigen für den Marktzugang in Europa eine CE-Kennzeichnung. In welche der beiden Kategorien ein Produkt fällt, hängt von der Zweckbestimmung ab. Medizinische Masken (Mund-Nasen-Schutz, MNS) sind Medizinprodukte, weil sie hauptsächlich dem Schutz der Patienten dienen und einen medizinischen Zweck haben. Demgegenüber dienen Atemschutzmasken (partikelfiltrierende Halbmasken; FFP1, FFP2 oder FFP3) vor allem dem Selbstschutz des Anwenders und fallen daher unter die PSA-Verordnung

Ähnlich verhält es sich bei Schutzbekleidung. In jedem Fall müssen die Hersteller durch eine Konformitätserklärung bestätigen, dass ein Produkt die grundlegenden Anforderungen der europäischen Verordnungen und Richtlinien erfüllt. Ohne Konformitätserklärung kein CE-Kennzeichen und ohne CE-Kennzeichen kein Marktzugang.

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Sowohl für persönliche Schutzausrüstung als auch für Medizinprodukte gibt es drei Risikoklassen, für die jeweils unterschiedliche Konformitätsbewertungsverfahren nötig sind. Unter Umständen muss für das Verfahren eine Benannte Stelle (bei Medizinprodukten) oder eine Notifizierte Stelle (bei persönlicher Schutzausrüstung nach der PSA-Verordnung) hinzugezogen werden. Falls nicht, kann der Hersteller die Konformität eigenständig erklären.

VDE macht Plausibilitätsscheck

Der VDE bietet seit Anfang April einen Plausibilitätscheck an. Dieser soll eine schnelle Ersteinschätzung erlauben, ob ein angebotenes Produkt aus seriösen Quellen stammt und überhaupt vermarktet werden darf oder ob die Konformitätserklärung fraglich erscheint und das Produkt daher Patienten und Personal gefährden könnte. Leider ist der Check bis auf weiteres nur für Krankenhäuser, Arztpraxen und Pflegeeinrichtungen kostenlos, wie DAZ.online auf Anfrage vom VDE erfahren hat. Der VDE-Check für Medizinprodukte und Schutzausrüstung ist hier abrufbar. Dort sind auch weitere Informationen erhältlich. Interessierte sollten sich beim VDE nach den Konditionen für Apotheken erkundigen.

Erleichterungen beim Marktzugang geplant

Um dem eklatanten Mangel bei Schutzprodukten, allen voran bei Atemschutzmasken, rasch zu begegnen, werden derzeit einige regulatorische Bestimmungen gelockert oder verschoben, um die Hürden für die Anbieter zu senken. Die derzeit laut VDE im „Hauruckverfahren” eingeführten Änderungen tragen allerdings aus der Sicht des Verbands nur bedingt zur Vereinfachung und Klärung von Rechten und Pflichten der Hersteller bei. Außerdem befürchtet der VDE erhöhte Haftungsrisiken bei Regelverstößen und spricht von einer „misslichen Situation“ für Hersteller, Händler, Importeure und Bezieher.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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