Schweiz

Was steckt hinter der Anklage gegen Zur Rose-Chef Oberhänsli?

Traunstein - 12.05.2020, 17:04 Uhr

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau hat Anklage gegen Zur Rose-Chef Walter Oberhänsli erhoben. Was genau steckt dahinter? (x / Foto: dpa)

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau hat Anklage gegen Zur Rose-Chef Walter Oberhänsli erhoben. Was genau steckt dahinter? (x / Foto: dpa)


PharmaSuisse verhindert Einstellung des Verfahrens

Aktiv geworden sei PharmaSuisse, als das Verfahren gegen Oberhänsli vor einiger Zeit eingestellt werden sollte. Als Vertreter der Apothekerschaft, die durch die Aktivitäten von Zur Rose wirtschaftlichen Schaden genommen habe, konnte PharmaSuisse dagegen Beschwerde einlegen – und zwar mit Erfolg.

Doch weshalb ist Oberhänsli genau angeklagt? Auf Anfrage teilt Oberstaatsanwalt Marco Breu von der Staatsanwaltschaft Thurgau mit, dass die Anklageerhebung „wegen des Vorwurfs der mehr­fachen Widerhandlungen gegen das Heilmittelgesetz wie auch der mehrfachen Widerhandlungen gegen das Bundesgesetz über den unlauteren Wettbewerb“ erfolge. Zum möglichen Strafmaß will Breu sich nicht äußern. Die An­träge zum Schuldpunkt und zum Strafmaß werde die Staatsanwaltschaft anlässlich der Hauptverhandlung stellen. Und warum hat das Ganze so lange gedauert? Schließlich wurden die entsprechenden Verfahren ja bereits im Jahr 2014 bzw. 2015 abgeschlossen. Breu antwortet darauf: „Der Aktenumfang der Abklärungen, die rechtlichen Problemstellungen und die angefochtene Verfahrens­einstellung führten letzten Endes zur längeren Verfahrensdauer. Es gibt aber keinen bestimmten Grund, dass die Anklage gerade jetzt erfolgte.“

Offenbar kein Zusammenhang zu aktuellen Liberalisierungswünschen

Auch bei PharmaSuisse hält man den Zeitpunkt für zufällig und sieht keinen Zusammenhang mit den jüngsten Bemühungen von Zur Rose, die Regelungen zum OTC-Versand zu lockern. Zur Erklärung: Vor dem Hintergrund der Corona-Krise hatte der Versender Ende März den Bundesrat und das federführende Bundesamt für Gesundheit aufgefordert, „den Versand von Notfall-, Erkältungs- und Grippe-Arzneimitteln rezeptfrei befristet zu bewilligen“. Zur Begründung wurde angeführt, dass Versandapotheken einen wirksamen Beitrag zum Schutz der Bevölkerung leisten und stationäre Apotheken entlasten könnten.

Angesichts der aktuellen Anklage nimmt Prof. Stefan Feuerstein, Präsident des Verwaltungsrats der Zur Rose-Gruppe, Oberhänsli in Schutz. Die „juristische Attacke gegen unseren CEO durch Kreise, die den technologischen Wandel mit all seinen unbestrittenen Vorteilen allein zur Verteidigung ihrer wirtschaftlichen Individualinteressen aufhalten wollen“, bezeichnet er als „grotesk“.



Dr. Christine Ahlheim (cha), Chefredakteurin AZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Staatsanwaltschaft Thurgau erhebt Anklage wegen Widerhandlungen gegen das Heilmittelgesetz und das Bundesgesetz über den unlauteren Wettbewerb

Zur-Rose-Chef Oberhänsli unter Beschuss

Strafprozess in der Schweiz

Freispruch für Oberhänsli

Oberhänsli erfreut, Pharmasuisse enttäuscht

Freispruch für Zur-Rose-Chef

Interview Fabian Vaucher, Präsident Schweizer Apothekerverband

„Was zur Rose macht, hat mit Versorgung nichts zu tun“

Arzt muss Patient vor Verschreibung persönlich sehen – Zur Rose-Modell rechtswidrig

Schweiz: Dämpfer für den Versand

Zur-Rose-Chef Oberhänsli strebt neun Prozent Rx-Versandanteil in Deutschland an

Große Pläne für DocMorris

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.