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Elecsys Anti-SARS-CoV-2-Test
Wie funktioniert der neue Antikörpertest von Roche?
Am vergangenen Montag wurde bekannt, dass Roche in den USA die Schnellzulassung für einen Test auf Antikörper gegen SARS-CoV-2 erhalten hat. Auch in Deutschland soll dieser im großen Stil vertrieben werden, allerdings explizit nicht um akute, sondern um durchgemachte Infektionen festzustellen. Laut Hersteller soll nahezu keine Kreuzreaktivität mit anderen Coronaviren, aber trotzdem eine hohe Sensitivität bestehen. Wir haben uns das Testprinzip angesehen.
Antikörpertests auf SARS-CoV-2 sind in der öffentlichen Wahrnehmung in Verruf geraten. Die Kritik bezog sich aber vor allem auf die sogenannten Schnelltests, die ähnlich wie ein Schwangerschaftstest in kurzer Zeit zeigen sollen, ob Antikörper gegen SARS-CoV-2 vorliegen. Zum einen eignen sie sich, anders als von manchen Herstellern beworben, nicht für den Nachweis einer akuten Infektion. Das liegt daran, dass es einige Tage bis zur sogenannten Serokonversion dauert, also bis Antikörper nachweisbar sind – ein Umstand, den man beispielsweise von HIV-Tests kennt, die erst zwölf Wochen nach der Infektion ein zuverlässiges Ergebnis liefern. Das birgt die Gefahr, dass Menschen mit einem negativen Testergebnis sich sicher fühlen, aber eigentlich hochansteckend sein könnten. Das zweite Problem ist die mangelnde Spezifität vieler Antikörpertests. Das heißt, sie schlagen auch beim Vorhandensein von Antikörpern gegen andere Coronaviren, die beispielsweise Erkältungen verursachen, an. Somit halten sich möglicherweise Menschen für immun gegen SARS-CoV-2 – der endgültige Beweis, dass Antikörper Immunität bedeuten, ist übrigens auch nicht erbracht –, sie haben aber vielleicht „nur“ Antikörper gegen ein anderes Coronavirus.
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Angeblich keine Kreuzreaktivität mit anderen Coronaviren
Letzteres Problem will Roche bei seinem neuen Test, der demnächst auch in Deutschland im großen Stil vertrieben werden soll, nach eigener Aussage weitgehend gelöst haben. Der Elecsys® Anti-SARS-CoV-2-Test weise eine Spezifität von 99,81 Prozent ohne Kreuzreaktivität auf eines der vier zirkulierenden humanpathogenen Coronaviren auf, heißt es in einer Mitteilung der Firma. Damit werde die Wahrscheinlichkeit auf falsch-positive Ergebnisse aufgrund der Ähnlichkeit dieser Coronaviren zu SARS-CoV-2 bei Patienten mit überstandenen Infektionen für diese Coronaviren signifikant verringert, so Roche weiter. Inwiefern das zutrifft, wird noch in unabhängigen Studien gezeigt werden müssen. Das Problem der falschen Sicherheit durch ein negatives Testergebnisses in der frühen Phase der Infektion stellt sich beim neuen Roche-Test insofern nicht, als dass er explizit dafür vermarktet wird, um festzustellen, ob ein Patient Kontakt zum Virus hatte und entsprechend Antikörper dagegen entwickelt hat, aber nicht für den Nachweis einer akuten Infektion. Es werden laut Roche mehrheitlich IgG-Antikörper nachgewiesen, die mit einer späten und mutmaßlich Immunität verleihenden Antikörperantwort assoziiert sind.
Aufgrund des direkten und damit hoch spezifischen Testformats, welches nicht spezifisch für Antikörper einer bestimmten Klasse sei, könne jedoch die Bindung von ebenfalls späten, „reifen“ Antikörpern der Klassen IgA und IgM nicht vollständig ausgeschlossen werden, erklärt die Firma auf Nachfrage von DAZ.online. Dies unterstütze jedoch nur die Beobachtung, dass der Test eine mutmaßlich auf Immunität hinweisende Antikörperantwort ausgibt, so Roche.
So funktioniert die Elektrochemolumineszenz
Das Prinzip hinter dem Elecsys® Anti-SARS-CoV-2-Test, der übrigens auch kein Test für zuhause, sondern ein Labortest ist, ist das Doppel-Antigen-Sandwich-Prinzip, das beispielsweise bei Tests auf Hepatitis und HIV bereits zum Einsatz kommt und auf Elektrochemolumineszenz basiert. Verwendet wird Patientenserum bzw. -plasma. Die Probe wird mit zwei im Labor synthetisierten Antigenen inkubiert – laut Roche sind beide SARS-CoV-2-spezifisch. Eines ist mit Ruthenium (Ruthenium-(II)-tris(bipyridyl)2+) gelabelt – der Hersteller beschreibt dies als „biologische Glühbirne” –, das andere mit Biotin – einem „biologischen Anker”. Wenn SARS-CoV-2-Antikörper in der Probe vorhanden sind, binden beide Antigene an diese Antikörper, es entsteht ein „Doppel-Antigen-Sandwich-Komplex“. Der Antikörper wird sozusagen von den beiden Antigenen eingebettet. Über den „biologischen Anker“ werden die Komplexe von paramagnetischen Kügelchen angezogen. Diese Komplexe gelangen in die Messzelle des Laboranalysegeräts – der Test läuft nur auf bestimmten Roche-Geräten. An eine Elektrode wird Strom angelegt, wodurch sie magnetisch wird. Die paramagnetischen Kügelchen mit gebundenem Komplex binden an diese magnetische Oberfläche. Dann wird eine weitere Lösung hinzugefügt, die Tripropylamin (TPA) enthält, das mit dem Ruthenium in Form einer Redoxreaktion reagiert. Dabei wird Licht der Wellenlänge 620 nm emittiert („biologische Taschenlampe“), das dann gemessen werden kann. Die Reaktion kommt nur zustande, wenn beide Antigene an den Antikörper gebunden haben. Roche erklärt das Prinzip der Elektrochemolumineszenz (ECL) in diesem Video (Achtung, hier binden zwei gelabelte Antikörper an ein zu detektierendes Antigen und bilden so das Sandwich).
„Wert“ der Antikörper ist noch unklar
Das ECL-Prinzip läuft auf Roche-Geräten mit Roche-Reagenzien. Andere Labor-Antikörpertests gegen SARS-CoV-2 basieren beispielsweise auf einem Enzyme-linked Immunosorbent Assay (ELISA) oder einem Luciferase-Immunopräzipitations-Test (LIPS-Assay). Auf Grundlage des LIPS-Assay wurde ein nicht-kommerzieller Antikörpertest auf SARS-CoV-2 von Wissenschaftlern des San Raphaele Hospitals in Mailand entwickelt. Mit ihm sollen beispielsweise nun tausende Kinder, die im Rahmen der Früherkennungsstudie zu Typ-1-Diabetes „Fr1da plus“ auf Autoantikörper gegen Insulin untersucht werden, nun auch auf das Vorhandensein von Antikörpern gegen SARS-CoV-2 getestet werden.
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Verleihen Antikörper Immunität?
Auch wenn es mit den Tests gelingen sollte, hochspezifisch Antikörper gegen SARS-CoV-2 nachzuweisen – welchen „Wert“ diese Antikörper haben, ist bislang nicht klar. Noch konnte nicht sicher bewertet werden, ob das Vorhandensein von Antikörpern gegen SARS-CoV-2 Menschen Immunität gegen eine spätere Infektion mit diesem Virus verleiht und wenn das der Fall sein sollte, wie lange diese Immunität anhält. Zudem gibt es Menschen, bei denen trotz nachgewiesener Infektion keine Antikörper gefunden werden. Das deutet daraufhin, dass bei der Bekämpfung des Virus auch noch andere Mechanismen eine Rolle spielen könnten. Darüber hinaus gilt es auch bei diesen Patienten die Frage zu beantworten, ob sie bei einer erneuten Exposition gegenüber SARS-CoV-2 in irgendeiner Weise geschützt sind.
2 Kommentare
Test
von Sven Larisch am 11.05.2020 um 8:47 Uhr
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AW: Test
von Fullenixe am 11.05.2020 um 10:59 Uhr
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